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Dem Palmöl auf der Spur

Ernährung – Das billige Fett aus den Tropen ist das neue Gold der Lebensmittelindustrie. Es gibt kaum noch Produkte, in denen kein Palmöl enthalten ist. Das ist nicht nur aus gesundheitlicher, sondern auch aus ethischer und ökologischer Sicht bedenklich.

Palmöl ist in aller Munde. Egal ob Süßigkeiten, Margarine, Backwaren, Chips, Tiefkühlpizza, Knuspermüsli oder Packerlsuppe. Kaum ein verarbeitetes Produkt ist frei davon. „Fast in jedem Fertigprodukt ist Palm-öl enthalten, selbst in biologischen oder regionalen“, erklärt Ernährungswissenschafter Christi-an Put­scher. Doch nicht nur im Lebensmittelbereich wird es eingesetzt, sondern auch in Kosmetikprodukten wie Cremen, Shampoos oder Duschgels sowie in Reinigungsmitteln findet es Verwendung. Zieht man die Frisch­waren ab, steckt be­reits jetzt in jedem zweiten Supermarktprodukt Palmöl drinnen, Tendenz steigend. Für die Lebensmittelindustrie scheint Palmöl mittlerweile unverzichtbar geworden zu sein. Das liegt einerseits an der einfachen Verarbeitung und andererseits am Preis: „Palmfett ist geschmacksneutral, hitzestabil und lange haltbar. Hinzu kommt, dass es auch noch spottbillig ist, das ist das Hauptproblem“, betont der Ernährungsexperte.

Tropischer Regenwald muss für Anbau weichen

Palmöl wird aus den Früchten der Ölpalme gewonnen und ist das weltweit meist verwendete Pflanzenöl. Aktuell liegt der Verbrauch bei 65 Millionen Tonnen pro Jahr. 85 Prozent der weltweiten Produktion finden auf Plantagen in Malaysia und Indonesien statt. Innerhalb der letzten 25 Jahre hat sich die weltweite Anbaufläche bereits verdoppelt. Dafür musste tropischer Regenwald gerodet werden, der eine unermessliche Vielfalt an Pflanzen und Tieren beheimatet. Damit verbunden sind auch Faktoren wie Landraub, Kinderarbeit und Lohnsklaverei. Dies ist sowohl ökologisch als auch ethisch bedenklich. Das von Lebensmittelproduzenten mitinitiierte Nachhaltigkeitszertifikat „RSPO“ soll den Mindeststandard an Umweltschutz und Landnutzungsrechten gewährleisten. Die österreichische Umweltberatung gibt diesbezüglich jedoch zu bedenken, dass die Kriterien von einer nachhaltigen Wirtschaftsweise weit entfernt sind: „Meist werden Zertifikate von Firmen nur zugekauft. Daher kann man nicht sicher sein, wirklich nachhaltig produziertes Palmöl auf dem Teller zu haben.“

Palmfett beeinflusst die Leistungsfähigkeit

Auch aus ernährungsphysiologischer Sicht spricht nichts für das billige Fett. Im Gegenteil: Der Ernährungswissenschafter verweist auf Untersuchungen der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die besagen, dass Palmöl für den Menschen gesundheitsschädlich ist. So können bei unsachgemäßer Verarbeitung des Tropen­öls krebserregende Substanzen entstehen. Zudem ist der hohe Anteil an gesättigten Fettsäuren ein Kritikpunkt. „Palmfett beeinflusst nachweislich die Leistungsfähigkeit“, gibt Putscher zu bedenken. Die Alternative ist für ihn ganz einfach und lautet zurück zu den Wurzeln: „Palmfett ist eine Neuerfindung. Vor 20 Jahren ist man auch ohne ausgekommen. Heimische pflanzliche Öle sind eine ganz andere Liga.“

Seit Ende 2014 müssen laut einer EU-Verordnung Pflanzenfette in der Zu­tatenliste detailliert ausgewiesen werden. Das gibt den Kon­sumenten die Möglichkeit beim Einkauf im Supermarkt darauf zu achten und die Produkte dementsprechend zu wählen. „Beim Einkauf von fer­tigen Produkten sollte von der Emotionalität der gleiche Maßstab angelegt werden, wie es ihn beim Thema Fleisch gerade gibt: Wo kommt das her, hat es ein Gütesiegel, werden die Tiere artgerecht gehalten und gefüttert? Würde bei Palm­öl die gleiche Sensibilität herrschen, würde das nur noch ein geringer Prozentsatz kaufen“, ist Putscher überzeugt.

Weniger Fertigprodukte, mehr selber kochen

Schlussendlich entscheidet immer noch der Konsument selbst, welche Ar­tikel in den Warenkorb kommen und welche besser im Regal liegen bleiben. Nur so könnte auch die Lebensmittel­industrie zu einem Umdenken bewogen werden. Ein Vorteil von Palmöl ist, dass man darauf verzichten kann. Weniger Fertigprodukte wie Knabbergebäck, Schokolade, Kekse und Tiefkühlprodukte – dafür wieder verstärkt mit tierischen Fetten und pflanzlichen Ölen selber kochen und backen. Nicht nur die Umwelt, sondern auch der eigene Körper wird es einem gewiss danken.

Konsumentenzeitung, 28.03.2017

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