Bewusst Urlauben
Nachhaltiger Tourismus liegt im Trend, doch wie gelingt er in der Praxis? Zwei Expertinnen geben Einblicke in die Chancen und Herausforderungen.
Der Tourismus trägt weltweit rund acht Prozent zu den Treibhausgasemissionen bei. Allein die An- und Abreise verursacht oft mehr CO2 als eine Woche im Alltag. Wie lässt sich also klimafreundlich urlauben und was kann jeder Einzelne konkret tun? Ein Thema, das Gästen immer wichtiger wird: Laut einer Umfrage der Österreich Werbung wünschen sich rund 60 Prozent der Befragten einen „nachhaltigen Urlaub“. Vor allem Naturverbundenheit, Regionalität und Klimaschutz stehen hoch im Kurs. „Das Bewusstsein für nachhaltiges Reisen ist sowohl bei Gästen als auch bei Anbietern in den letzten Jahren deutlich gestiegen“, betont Katrin Erben, Nachhaltigkeitsexpertin der Österreich Werbung.
Zwei Seiten der Verantwortung
Das sieht auch Eva Brucker, Studiengangsleiterin von „Innovation und Management im Tourismus“ an der FH Salzburg. Sie betont: „Nachhaltigkeit ist bei Gästen gefragt, wenn es um Anreise oder regionale Produkte beim Essen geht.“ Gleichzeitig würden Aspekte wie Energieversorgung oder Flächenverbrauch oft übersehen werden, so Brucker: „Kaum ein Gast fragt jedoch, wie in der Unterkunft geheizt wird.“ Auch die sozialen Auswirkungen etwa durch Zweitwohnsitze, Airbnb oder Chaletanlagen seien in ländlichen Regionen spürbar: „Die touristische Entwicklung verändert dörfliche und städtische Strukturen mitunter zulasten der Lebensqualität der Einheimischen“, erklärt sie. Stark besuchte Regionen seien mit Zersiedelung und Verfremdung konfrontiert. Geschäfte seien mehr auf Touristen ausgelegt, Nachbargemeinschaften zerfallen. Die Herausforderung sei, das gesamte Nachhaltigkeitsspektrum zu denken ökologisch, ökonomisch und sozial.
„Das Bewusstsein für nachhaltiges Reisen ist sowohl bei Gästen als auch bei Anbietern in den letzten Jahren
deutlich gestiegen.“ Katrin Erben, Nachhaltigkeitsexpertin
Deutlich geringer ist die Bereitschaft, für Nachhaltigkeit mehr zu zahlen. Letztendlich gibt Nachhaltigkeit als Buchungskriterium nur bei sechs Prozent den Ausschlag. Eine Umfrage von Statista zeigt: Bei der Wahl des Transportmittels gilt das Preis-Leistungs-Verhältnis nach wie vor als der wichtigste Aspekt. Über 70 Prozent der Österreicher sind der Meinung, dass Bahnfahren günstiger und Flüge teurer werden müssen, damit ein Umstieg bei der Wahl des Reisemittels stattfinden kann.
Doch wer trägt die Verantwortung die Reisenden oder die Anbieter? „Es braucht beide Seiten und politische Rahmenbedingungen“, so Brucker. Wichtig sei weiterhin Aufklärung und Bewusstseinsbildung. Nicht nur bei der Zielgruppe, die bereits Wert auf Nachhaltigkeit legen: „Wir müssen den breiten Markt im Blick behalten, auch Gäste, bei denen die Zahlungsfähigkeit nicht so
hoch ist.“
Inspiration statt Zeigefinger
Was kann jeder selbst tun? Laut Erben liegt der größte Hebel bei der Anreise: „Die klimafreundlichste Option ist meist die Bahn, kombiniert mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Shuttle-Angeboten vor Ort. Österreich hat ein dichtes Schienennetz und viele Destinationen sind gut angebunden. Auch für Gäste aus ländlichen Regionen lohnt es sich, zum Beispiel „Park&Ride“-Konzepte oder Rufbusse in Anspruch zu nehmen. Wer dennoch auf das Auto angewiesen ist, kann den CO2-Ausstoß durch Fahrgemeinschaften oder den Einsatz eines Elektro- oder Hybridfahrzeugs verringern.“
Ebenso wichtig sei die Wahl der Unterkunft. Zertifizierte Betriebe mit dem Österreichischen Umweltzeichen, dem EU Ecolabel oder dem internationalen Green Key setzen auf transparente Nachhaltigkeitsstandards von regionaler Küche über Müllvermeidung bis zur fairen Mitarbeiterführung. „Es lohnt sich, vor der Buchung gezielt nach solchen Maßnahmen zu fragen“, ermutigt Erben.
Wer länger an einem Ort bleibt, statt viele Kurzurlaube zu machen, reduziert die Belastung zusätzlich. Und wer öffentliche Verkehrsmittel nutzt, trägt aktiv zur Entlastung des Verkehrs in sensiblen Regionen bei. „Das heißt nicht, dass man auf alle Flugreisen verzichten muss. Aber man sollte sich die Frage stellen, wie man die Reise gestaltet“, so Brucker.
Auch Brucker sieht Potenzial in kleinen Schritten: „Verhaltensänderungen müssen nicht Einschränkung bedeuten. Im Gegenteil: Wer bewusst reist, erlebt oft intensiver, genießt bewusster und schont dabei Klima, Umwelt und die Region.“

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