Genau geschaut

Kaum heimisches Korn im Brot

REGIONALITÄTSTEST. Nur ein Drittel der Brot- und Backwaren im Supermarkt wurde nachweislich mit Getreide aus Österreich hergestellt. Den Bäuerinnen und Bauern bleiben zudem lediglich zehn Prozent des Brotpreises.

Unser tägliches Brot gib uns heute“, steht schon im Evangelium geschrieben. Sieben von zehn Österreichern nehmen das auch wörtlich und essen mindestens einmal pro Tag Brot oder Gebäck und sind damit wahre Brottiger. Laut Gesellschaft für Konsumforschung werden hierzulande pro Kopf jährlich 35 Kilo Brot und
14 Kilo Gebäck verzehrt. Gekauft wird am liebsten frisches und schmackhaftes Brot. Das Preis-LeistungsVerhältnis ist ein weiteres wichtiges Kaufkriterium, gefolgt von der Art des Brotes. Auf die Herkunft wird hingegen wenig bis gar nicht geachtet. Das liegt vor allem auch an der fehlenden Transparenz, wie ein Regionalitätstest zeigt.

Drei von fünf Produkten ohne Herkunftskennzeichnung

Der Verein „Wirtschaften am Land“ hat dabei Brot und Gebäck genau unter die Lupe genommen – von der beliebten Kaisersemmel bis zum traditionellen schwarzen Krustenbrot. Insgesamt wurden 250 Brot- und Backwaren der größten Lebensmitteleinzelhändler und Diskonter untersucht. Die Ergebnisse sind erschreckend: Lediglich 32 Prozent (%) der Produkte aus dem Brotregal und den beliebten Selbstbedienungsboxen im Supermarkt wurden nachweislich mit Getreide aus Österreich hergestellt. Ganze 58 %, also drei von fünf Produkten, sind mit keiner Herkunftsangabe versehen. 

Da es hierfür auch keine Verpflichtung gibt, ist es für Konsumenten nicht ersichtlich, ob der Hauptrohstoff Mehl aus heimischer Erzeugung stammt, solange die Kennzeichnung nicht freiwillig erfolgt oder die Produkte das AMA-Gütesiegel (siehe unten) tragen.

AMA-Gütesiegel
Das rot-weiß-rote AMA-Gütesiegel legt fest, dass alle landwirtschaftlichen Rohstoffe, wie zum Beispiel Mehl, ausschließlich aus Österreich stammen dürfen. Pflanzliche Rohstoffe, die generell nicht in Österreich erzeugt werden, wie etwa Oliven, Haselnüsse oder Orangen, dürfen hingegen verwendet werden, wenn sie nicht mehr als ein Drittel des gesamten Produktes ausmachen. Auch Rohstoffe, die nicht in ausreichender Menge in Österreich produziert werden, wie etwa Brotgewürze oder Sesam, fallen in diese Regelung. 

Hoher Selbstversorgungsgrad bei heimischem Getreide

Dass nicht einmal jedes dritte Brot und jede dritte Semmel nachweislich mit heimischem Getreide hergestellt wurde, zeigt, dass hier Handlungsbedarf besteht. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Selbstversorgungsgrad bei Getreide in Österreich bei 94 % liegt. Oft sind Brot und Gebäck zudem irreführend deklariert. Wird ausländisches Getreide hierzulande vermahlen, kann der Handel das Semmerl schon mit der Bezeichnung „Mehl aus Österreich“ kennzeichnen. Selbiges gilt bei den beliebten Angaben „Hergestellt oder gebacken in Österreich“. Auch geografische Angaben, wie etwa die „Österreichische Kaisersemmel“, sagen nichts über die Herkunft des Getreides aus – hier geht es nur um die Rezeptur.

Laut einer AMA-Umfrage erwarten sich jedoch 70 % der befragten Konsumenten beim Kauf eines „österreichischen“ Brotes, dass darin auch heimisches Getreide enthalten ist. Anstatt diesem Wunsch nachzukommen, wird es Konsumenten schwer gemacht, regionale Rohstoffe von Importware zu unterscheiden. Der Bauernbund fordert daher die flächendeckende Ausweitung des AMA-Gütesiegels auf Brot und Gebäck. „Das AMA-Gütesiegel ist ein Garant für kontrollierte Herkunft aus Österreich und gibt den Konsumenten Sicherheit beim Einkauf. Das ist die Lebensversicherung für alle entlang der Wertschöpfungskette – vom Bauer über den Müller und Bäcker bis zum Konsumenten. Konsumenten verdienen bei Brot und Gebäck mehr Transparenz im Regal. Das ist nur fair gegenüber unseren Bauernfamilien, die zu höchsten Standards Getreide anbauen. Mehr Österreich im Brot und Gebäck garantiert uns auch in Zukunft Versorgungssicherheit mit heimischem Getreide“, so Direktor Wolfgang Wallner.

Landwirtschaft ist nicht der Kostentreiber

Hinzu kommt, dass Vertreter der Bäcker in der Wirtschaftskammer kürzlich einen Preisanstieg bei Brot um bis zu zehn Prozent angekündigt haben. Grund dafür seien die gestiegenen Rohstoff-, Energie- und Lohnkosten. Nicht nur die Bäcker leiden unter der Teuerung, auch die Bäuerinnen und Bauern kämpfen mit massiven Kostensteigerungen bei Futter, Düngemitteln und Energie. Der Bauernanteil bei einem Kilo Brot liegt bei mageren 35 Cent oder umgerechnet zehn Prozent. Beim Lieblingsgebäck der Österreicher, der Semmel, wird die Relation noch deutlicher. Lediglich 2,4 Cent oder umgerechnet sieben Prozent vom Produktpreis kommen bei den Getreidebauern an. Hier wird klar ersichtlich, dass der Kostentreiber definitiv nicht die Landwirtschaft ist.

Vom Semmel- und Brotpreis im Geschäft kommt nur sehr wenig bei den Bäuerinnen und Bauern an.

Bildquellen

  • Brot Rohstoffkostenanteil: Jürgen Fälchle - stock.adobe.com, grafikplusfoto
  • Brot: Sergey Ryzhov - stock.adobe.com