Brauchtum

Mitten im Almfieber

Die Almen in Oberösterreich zeigen, wie eng Natur, Tradition und Genuss miteinander verbunden sind. Doch hinter der idyllischen Kulisse steckt viel Arbeit.

Die 426 Almen in Oberösterreich prägen nicht nur das Land­schafts­bild, sie sichern Artenvielfalt und bieten gleichzeitig den Rahmen für einen nachhal­tigen Tourismus. Doch damit das Naturerlebnis erhalten bleibt, braucht es Menschen, die Almen bewirtschaften. „Wenn keiner mehr Tiere auftreibt, verwildert die Fläche rasch. Schon nach zehn Jahren würde man die Landschaft nicht mehr wiedererkennen“, betont Johann Feßl, Obmann des Vereins Alm und Weide.

Arbeit und Leidenschaft

Wie viel Einsatz und Begeisterung hinter der Almwirtschaft steckt, zeigt die Schaumbergalm im Nationalpark Kalkalpen. Fünf Bauernfamilien aus Großraming treiben dort von circa Ende Mai bis September etwa 80 Rinder auf. „2026 feiern wir unser 100-jähriges Jubiläum der Schaumbergalm“, erzählt Hermann Steindl, der die Agrargemeinschaft über 32 Jahre geleitet hat. Erst kürzlich hat er die Verantwortung an seinen Sohn Simon übergeben.

Michaela Hollnbuchner, Sennerin und Halterin der Schaumbergalm

Das Herzstück ist die Hütte, die seit drei Jahren von Sennerin Michaela Hollnbuchner bewirtschaftet wird. Sie kümmert sich während der Saison um die Gäste und zugleich um das Vieh. „Man braucht Menschen, die sowohl gas­tronomisches Geschick als auch Erfahrung mit Weidevieh haben. Dass wir eine gute Sennerin gefunden haben, war ein Glücksfall“, betont Steindl. Einfach sei die Suche nach ge­eignetem Personal nicht. Während Hüttenhal­ter früher oft über zehn Jahre auf einer Alm blieben, wechseln sie heute meist schon nach ein bis drei Jahren. Auch Unterstützung für den Hüttenbetrieb zu finden sei laut Hollnbuchner jedes Jahr schwierig. Viele würden den Einsatz, der dahintersteckt, unterschätzen. Täglich müssen die Rinder gezählt, die Zäune überprüft, Kuchen und Jause vorbereitet wer­den. „Die Meisten stellen sich nur die Idylle vor. Aber dass man sieben Tage die Woche von früh bis spät arbeitet, sehen sie nicht.“ Die ge­lernte Köchin wünscht sich mehr Möglichkei­ten, eigene Produkte herzustellen, doch dafür fehlt die Zeit: „Ich möchte wieder eigene Kühe haben und Buttermilch oder Topfen anbieten, aber das geht nur, wenn das Personal passt.“ 

Herausforderungen im Blick

Auch die Wirtschaftlichkeit bleibt eine große Herausforderung. Die wichtigste Einnahme durch den Auftrieb einer Kuh auf die Alm sind die Förderprämien von 100 bis 120 Euro pro Tier und Saison. Doch diese reichen kaum, um den hohen Aufwand zu de­cken. „Wenn man den gesamten Arbeitseinsatz und das Risiko durch Unfälle auf der Alm be­denkt, rentiert sich das Auftreiben wirtschaftlich nicht mehr“, erklärt Steindl. Während seine Generation aus Pflichtbewusstsein und wegen der langjährigen Tradition ihre Tiere auftreibt, orientiere sich die jüngere stärker an Zahlen. Gerade deshalb seien Wertschätzung und Bewusstsein bei den Besuchern wichtig, denn jeder Jausenkauf oder jedes Verständnis für die Arbeit auf der Alm tragen zum Erhalt bei.

Für Steindl überwiegt trotz aller Schwierig­keiten die Zuversicht. „Solange wir Menschen haben, die sich engagieren, und Gäste, die den Wert der Alm erkennen, hat die Schaumbergalm eine Zukunft.“ Auch für Hollnbuchner ist klar: „Wenn man einmal das Almfieber hat, wird man es nicht mehr los.“

Almabtrieb selbst erleben

Zum Saisonende lädt die Weidegenossenschaft Molln am 27. September ab 10 Uhr zum Almabtrieb von der Brettmaisalm (neben der Grünburgerhütte) in Steinbach an der Steyr. Gegen 11.15 Uhr wird das Almvieh beim „Kremesbichler“ im Dorngraben beim Festzelt erwartet. 

Verhaltensregeln auf der Alm

Mit dem steigenden Andrang auf die Almen nehmen auch Begegnungen zwischen Wanderern und Weidevieh zu.
Folgende Regeln sorgen für einen sicheren Umgang mit Kühen:

■ Kontakt vermeiden: Kühe nicht füttern oder streicheln. Abstand halten und wenn Weidevieh den Weg versperrt, mit möglichst großem Abstand umgehen.

■ Ruhig bleiben: Die Tiere nicht erschrecken. Sollten sie sich nähern, nicht den Rücken zukehren, sondern den Tieren langsam ausweichen.

■ Vorsicht mit Hunden: Kühe beschützen ihre Kälber. Begegnung von Mutterkühen und Hunden deshalb unbedingt vermeiden. Falls ein Hund mitgeführt wird nicht hochnehmen, sondern an der kurzen Leine halten. Ist ein Angriff durch ein Weidetier abzusehen: sofort ableinen. Hunde sind schneller als Kühe.

Mehr Informationen unter: www.sichere-almen.at


Bildquellen

  • DSC_0057_LKOOE_SchaumbergalmHuetteMitWandererUndVieh: LK OÖ