Brauchtum

Die Liebe feiern

BRAUCHTUM. Hochzeitsbräuche machen ein Fest nicht nur festlicher, sondern geben Brautpaaren auch eine gewisse Orientierung in der aktuellen Pluralität von Möglichkeiten.

Die Liebe zu feiern und diese Freude mit den Herzensmenschen zu teilen wird immer wichtiger“, so Gabi Socher. Die Hochzeitsplanerin von „Sag Ja“ weiß, wovon sie spricht: Sie hat in den vergangenen 20 Jahren für mehr als 500 Brautpaare ein unvergessliches Fest organisiert. Socher: „Das Zusammenkommen in der realen Welt anlässlich dieses Lebensereignisses wird gerade im Zeitalter der Digitalisierung und Globalisierung gesellschaftlich besonders wertvoll.“ Mit der Heirat, ob standesamtlich oder kirchlich, wird ein Zeichen, ein Bekenntnis nach außen gesetzt: „Das Brautpaar gibt kund, dass es zusammengehört“, sagt Thekla Weissengruber, Leiterin der Sammlung Volkskunde und Alltagskultur am Schlossmuseum Linz. 

Bewegender Übergang

Bis in die 1960er-Jahre fiel die Gründung des eigenen Haushaltes mit der Heirat zusammen, sprich die Hochzeit zählte zum bewegendsten Übergang eines Menschen in ein neues Lebensstadium. Heute nimmt dies viele Jahre in Anspruch. Einerseits werden die Ehe und die mit ihr verbundenen traditionellen Werte oft infrage gestellt. Andererseits ist trotz der hohen Scheidungsquoten eine breite Akzeptanz der Institution Ehe zu verzeichnen. Die Eheschließung ist dennoch emotional hoch besetzt. Ehegatten sind nicht in erster Linie Wirtschaftsgemeinschaft, sondern Gefühlsgemeinschaft. Das Gelingen der Ehe basiert stark auf Eigenverantwortung, im Gegensatz zu früheren Generationen, bei denen die Ehe durch kulturellen und familiären Bezugsrahmen gestützt wurde. „Heute wird nicht weniger, sondern sogar öfter, auch innerhalb des Lebens, geheiratet“, so die Volkskundlerin Weissengruber, „noch dazu wo heutzutage das Geld dazu da ist.“ Laut Statistik Austria fanden 2017 in Oberösterreich knapp 8000 Hochzeiten statt, gut 1000 mehr als noch zehn Jahre zuvor. Weissengruber beobachtet seit den 1960er/70er-Jahren eine starke Tendenz hin zu Indi­vidualismus und selbstbestimmter Hochzeitsgestaltung. Parallel dazu nimmt auch das Delegieren des Festes an Hochzeitsplaner zu. Die Paare tendieren zu einem starken Traditionalismus. Denn an die Funktion von Ritualen, „etwas festlicher zu machen“, wird festgehalten. Doch die aktuelle Pluralität an Handlungsmöglichkeiten bringt auch große Unsicherheiten mit sich: Machen wir alles richtig? Haben wir auch nichts Wichtiges vergessen? „Ganz klar wirken hier Bräuche, Rituale und traditionelles Verhalten stabilisierend“, so Weissengruber. Wie man diese Spanne zwischen Individualismus und Traditionalismus meistern kann: „Brautpaare müssen gar nichts – außer Ja sagen. Aber sie dürfen alles“, so die Hochzeitsplanerin Socher mit einem Augenzwinkern.

Traditionell und/oder individuell

Für die meisten Paaren dürfen heute Basics wie Ringe, Brautstrauß oder Hochzeitskerze nicht fehlen. Auch die Agape, als eine von Gott inspirierte uneigennützige Liebe bezeichnet, nach der Zeremonie gehört dazu. Bei diesem Empfang nach der kirchlichen oder standesamtlichen Trauung wird klassisch Brot, Wasser und Wein gereicht, mittlerweile auch Prosecco und allerlei Häppchen. Beim anschließenden Mahl wird immer noch gerne eine Hochzeitssuppe – klassische Rindssuppe mit dreierlei Einlagen, die das Bunte im Leben symbolisieren sollen – angeboten. Nicht fehlen darf meist auch der Hochzeitstanz, ob ein traditioneller Walzer oder eine eigens einstudierte Choreografie des Brautpaares, alles ist erlaubt. Ganz klar dürfen das Anschneiden der Hochzeitstorte und das Brautstrauß-Werfen nicht fehlen. Nur noch selten und eher am Land wird die Braut oder der Bräutigam gestohlen.

Fest verankerte Bräuche

Zu den vordringlichsten Überlegungen bei einer Vermählung gehört sicherlich die Kleidung des Brautpaares. War früher Schwarz traditionell die Farbe des schönsten Kleides einer Bäuerin an allen Festtagen des Lebens, wurde dies auch bei der Hochzeit getragen – „zum Teil bis ins 20. Jahrhundert hinein“, sagt Weissengruber. Nur langsam setzte sich das „weiße Brautkleid“ durch, einst als Zeichen der Jungfräulichkeit und Unberührtheit, heute als ein Zeichen des „Überganges“ zwischen Mädchen- und Frauenstand verstanden. Als wesentliches Element zur Kleidung bei einer Hochzeit zählt auch das Hochzeitsbüscherl, traditionell aus Rosmarin, Myrten oder auch Buxbaum zusammengestellt, nun ganz kreativ gestaltet. Regionsabhängig wird die „Kranzlbraut“, die „Zubraut“ oder das „Schöne Dirndl“ damit beauftragt, dieses den Gästen anzustecken, wofür sie oftmals eine Spende erhält. Unerlässlich ist der Brautstrauß als Requisite: Aus der Tradition heraus wurde dieser vom Bräutigam der Braut beim Abholen aus deren Elternhaus überreicht. Heutzutage wird die Blumenauswahl sicherlich ganz von den Bräuten bestimmt. Vor allem in ländlichen Orten ist das Aufstellen von „Schwibbogen, Schwübogen oder Ehrenpforte“ beliebt, dieser Brauch ist für Oberösterreich ganz typisch. Der Bo­gen wird vor Toren und Türen aufgestellt und mit Blumen (aus Papier) und Inschriften wie „Glück und Segen dem Brautpaar!“ verziert. Zumeist werden diese am Vorabend des Hochzeitstages, beim Aufwecken oder bei den Polterabenden aufgestellt. Regionsweise wird am Vorabend der Hochzeit oder beim Polterabend ein Brautlied gesungen, weit verbreitet zum Beispiel: „Die Sonne neiget sich“. 

Besonders typisch für Oberösterreich ist, so Weissengruber, das „Verziehen“, „Absperren“, „Verschanzen“ oder „Verkagern“. Dies bezeichnet die vielfältigen Methoden des Wegversperrens des Hochzeitszuges. Tische, Bänke oder gar Baumstämme werden dem Hochzeitszug in den Weg gelegt. Das Brautpaar muss Hindernisse wegräumen oder ihre Eignung als Bräutigam und Braut unter Beweis stellen. Ein wesentliches Element einer Hochzeit ist der Brauttanz, der die neue verwandtschaftliche Bindung sichtbar machen soll. Dieser wird ernst genommen, engagieren manche doch eigens einen Tanzlehrer, um auch am Parkett ein schönes Brautpaar abzugeben.

Geheime Riten

Als Aberglaube angesehen, dennoch oft heimlich praktiziert:

  • Etwas Geborgtes, Gekauftes, Geschenktes in der Brautkleidung verbergen.
  • Viele Knöpfe am Brautkleid bedeuten viel Glück.
  • Der Bräutigam darf die Braut nicht vor dem Hochzeitstag mit ihrem Brautkleid sehen.
  • Bräute sollen am Hochzeitstag kein Geld bei sich haben.
  • Wer den ersten Schritt in die Kirche hinein tut oder als Erster nieder- kniet, habe künftig den Vorrang in der Ehe.
  • Eine flackernde Altarkerze kündet eine unruhige Ehe an, ruhiges Brennen ist erwünscht.

Bildquellen

  • Hochzeitskleid: Alexandra - stock.adobe.com