Heißes Eisen, scharfe Schneid
Die Blütezeit der Sensenwerke ist lange vorbei. Verloren ist das Handwerk aber nicht. Regelmäßig kann man ehemaligen Schmiedekünstlern bei der Arbeit über die Schulter schauen.
Hammerherrn oder „Schwarze Grafen“, so wurden die Besitzer der Sensenwerke früher genannt. Der Arbeit mit Feuer, Eisen und Hammer, durch die sie oft mit Ruß bedeckt waren, verdankten sie nicht nur ihren Spitznamen, sondern auch ihren immensen Wohlstand. Rasch stiegen sie zu angesehenen Bürgern mit prachtvollen Herrenhäusern auf. Ihre Stellung konnten sie vom 16. Jahrhundert weg lange Zeit wahren. Erst durch die Mechanisierung der Landwirtschaft verlor die Zunft an Bedeutung. Im 20. Jahrhundert mussten schließlich viele Produktionsstätten schließen. So auch das Sensenwerk „Redtenbacher“ in Scharnstein. Erst durch die Eröffnung des Museums „Geyerhammer“ kehrte wieder Leben im alten Hammerwerk ein.
Schmiedekunst erleben
Jeden ersten Samstag im Monat kann man dort den letzten Sensenschmieden des Almtals über die Schulter schauen. Einer von ihnen ist Werner Fasser. Mit 15 Jahren begann er als „Hammerbua“ im Werk zu arbeiten. Er erklärt: „Bis eine Sense fertig ist, braucht es insgesamt 28 Arbeitsschritte.“ Am schwierigsten seien die ersten Arbeitsgänge, jene des „Hammerschmieds“ und des „Eßmeisters“, gewesen. Um die Fertigkeiten und auch die Stückzahl (pro Tag circa 350 Sensen) zu schaffen, brauchte es drei Jahre. „Am Anfang war das schon schwierig. In der Nacht, bevor ich das erste Mal alleine beim Hammer gesessen bin, hab ich nicht gut geschlafen“, schmunzelt Fasser. Dennoch habe er die Arbeit gern gemacht: „Es hat mir gefallen, mein eigener Herr zu sein. Man hatte keinen direkten Chef. Jeder hat genau gewusst, welches Modell und wie viele Stücke er in der Woche zu machen hat.“ Der Umgang unter den Kollegen war freundschaftlich – bei Not am Mann half man sich gegenseitig aus. „Außerdem haben wir für die damalige Zeit gut verdient“, meint der heute 67-Jährige. Fast zwei Jahrzehnte arbeitete er im Scharnsteiner Werk, bevor es 1987 geschlossen wurde. In dieser Zeit verließen alljährlich 280.000 rasiermesserscharfe Sensenblätter in 120 verschiedenen Ausführungen das Werk.
Vom Bröckl zum Sensenblatt
Ausgangsprodukt der fingerfertigen Schmiede war das sogenannte „Bröckl“, ein Stahlstück mit 18 Zentimeter Länge. Bearbeitet wurde es zunächst vom „Hammerschmied“. Dieser zog das heiße Eisen mittels „Zainhammer“ in die jeweilige Sensenlänge, meist um die 70 Zentimeter, und formte die „Hamme“, also jenen Teil, mit dem die Sense später am Sensenwurf befestigt wird. Die nächsten vier Arbeitsschritte führte der „Eßmeister“ aus. Er „breitete“ den schmalen Zain durch vier Hitzen und den 3,5 Meter langen und von einem Wasserrad angetriebenen „Breithammer“. „Dann hat man die Sense im Rohzustand gehabt“, erzählt Fasser. Nach dem Aufstellen des Rückens und dem Beschneiden der Breite wurde die Sense gehärtet. „Dazu ist sie in einen Ofen mit 1100 Grad Celsius Hitze gekommen. War die Sense orangerot, ging es zum Abkühlen für ungefähr vier Sekunden ins 40 Grad Celsius warme Ölbad“, erläutert der Schmied. Ebenfalls der Härtung diente der nachfolgende „Anlaßvorgang“. Dabei wurde versucht die Temperatur bei 150 Grad Celsius für eine weitere Viertelstunde konstant zu halten. Durch das zweifache „Dengeln“ erzeugten die Sensenschmiede schließlich Spannung und Schärfe des fertigen Sensenblattes.
Auf d‘Schneid kommt es an
Meisterschmied Fasser beherrscht aber nicht nur die Kunst des Schmiedens, sondern auch jene mit der Sense zu mähen. Wie viele Landwirte in Österreich verwendet er die Sense für das Mähen von „Leidn“, sprich Wiesen mit Hanglage. „Das Wichtigste ist eine gute Schneid und dass der Spitz richtig steht. Ist der Spitz ein wenig verbogen, kommt man beim Mähen in d‘Erden“, sagt Werner Fasser. Sein Tipp: „Die Sense eben hinlegen, dann sollte der Spitz etwa drei Zentimeter in die Höhe stehen.“
Heißes Eisen, scharfe Schneid
Bildquellen
- Sense: alho007 – stock.adobe.com, Monika Löff, Kultur- und Heimatverein Scharnstein