Leben & Wohnen

Kleines Haus, großer Nutzen

Der Trend aus den USA ist in Österreich angekommen. Immer mehr Häuslbauer entscheiden sich für ein Tiny House nicht nur aus Kostengründen.

Egal ob auf Wasser, Rädern oder Stelzen – das Tiny House ist mittlerweile in jeder Form in Österreich zu finden. So winzig, wie man es aus den USA kennt, ist das Tiny House jedoch nicht mehr zwingend. Dort wird ein Haus mit maximal 37 Quadratmetern als Tiny House bezeichnet. Hierzulande spricht man eher von einer Wohnfläche von 20 bis ungefähr 80 Quadratmetern. Ungeachtet der Größe ist der Beweggrund zum reduzierten Wohnen für jeden ein anderer. Mobil, nachhaltig und oft kostengünstiger zu wohnen sind jedoch die Vorteile, die die Häuslbauer und Immobiliensuchenden besonders interessieren. Viele Bauunternehmen und Fertigteilhaus-Anbieter rüsten deshalb ihr Sortiment auf. „Die Zielgruppe ist schwierig zu definieren, weil Mikro-Häuser einfach so flexibel einsetzbar sind. Von den ersten eigenen vier Wänden bis zum Pensionssitz haben wir Kunden quer durch die Bank“, erklärt Birgit Hinterberger, Prokuristin von Genböck Haus. Seit 2015 bietet das Bauunternehmen das Tiny House als Modulhaus in Holzriegelbauweise an. Die Nachfrage ist laut Hinterberger ungebrochen – circa 50 solcher Projekte wurden in den vergangenen Jahren realisiert. „Tiny Häuser treffen einfach den Zahn der Zeit“, betont Hinterberger. Preislich liegt die Wohnfläche zurzeit bei 3700 Euro pro Quadratmeter. Wie groß das Haus wird, kann individuell und nach Verwendungszweck variieren. „Für eine junge dreiköpfige Familie haben wir gerade ein Mikrohaus mit 80 Quadratmetern aufgestellt“, so Hinterberger. Der große Vorteil: Das Haus wird fertig geliefert und ist nach ein paar Tagen Montage einzugsfertig. Wächst die Familie, kann auch das kleine Haus mit weiteren Modulen vergrößert werden.


Bei kleiner Wohnfläche bleibt nichts ungenutzt.

Auf das Notwendigste reduziert

Hinterberger hat selbst acht Jahre in einem  Tiny House gewohnt. Raus aus dem Elternhaus hat sie sich für das minimalistische Eigenheim entschieden. „Damals im Garten von meinen Eltern den Grund haben wir als Bauparzelle abgegrenzt und das Mikro-Haus dort als eigenes Gebäude hingestellt“, erklärt Hinterberger. Ein Tiny House wurde auch für Frauke Hermeier zum geeigneten Zuhause. Die 36-Jährige wohnt seit drei Jahren in ihrem eigenen Minihaus im Bezirk Schärding. „Ich lebe allein und irgendwann war dann die Situation da, sich zu überlegen, ob man sich eine Eigentumswohnung kauft oder ein Haus. Mir war klar, ein normales Haus ist mir zu groß und dann bin ich auf diese Tiny Häuser gestoßen.“ Die Entscheidung fiel auf ein 40 Quadratmeter großes Modulhaus in Holzriegelbauweise auf dem gekauften Baugrund. Ausschlaggebend dafür war vor allem der Garten, den sie bei der Eigentumswohnung nicht gehabt hätte. „Die Baugenehmigung war überhaupt kein Problem und den Bauzwang habe ich mit der kurzen Montagezeit auch einhalten können“, erklärt Hermeier. Lediglich bei der Inneneinrichtung musste Hermeier aufgrund der redu­zierten Wohnfläche kreativ werden. „Möbel müssen multifunktional sein. Man muss sich halt auf das Wesentliche konzentrieren und überlegt sich dann dreimal, ob man was kauft oder nicht. Aber den Fußabdruck gering zu halten, vom Überflüssigen abzusehen, das war mir schon wichtig“, so Hermeier. 

Für Hinterberger wurde irgendwann der Wunsch nach mehr Wohnfläche groß genug, um sich vom Tiny House zu verabschieden. „Das Mikrohaus haben wir dann einfach verkauft. Auf das Inserat auf Willhaben haben sich sofort drei Interessenten gemeldet. Innerhalb von ein paar Wochen war es dann schon vergeben,“ erzählt sie. Für Hermeier ist das keine Option. Für sie sei das kleine Haus das Zuhause für immer.

Marktforschung

■ Nachhaltigkeit und Investition in erneuerbare Energie sind in der Immobilienbranche unumgänglich nicht ohne Grund, denn der Wunsch nach einer umweltfreundlichen Gestaltung von Lebensräumen rückt in den Fokus. Das zeigen die Ergebnisse einer Marktforschung von Willhaben. Befragt wurden dabei 1600 Personen in Österreich, die aktuell beziehungsweise in den letzten sechs Monaten auf Immobiliensuche waren. In Summe geben 80 Prozent der Befragten an, Nachhaltigkeit bei der Immobiliensuche als „sehr wichtig“ (27,2 Prozent) beziehungsweise „eher wichtig“ (51,9 Prozent) zu bewerten. Im Vergleich zum Vorjahr ist dieses Ergebnis auf unverändert hohem Niveau.

■ Einige Unterschiede bei der Bewertung sind in den Altersgruppen bemerkbar. Vor allem die jüngste (18 bis 29 Jahre) und die älteste (50 bis 59 Jahre) Gruppe an Befragten legen bei der Miete oder beim Kauf einer Immobilie überdurchschnittlich viel Wert auf Nachhaltigkeit.

■ Auch alternativen Wohnformen wurden in der Markforschung behandelt. Um Wohnkosten zu sparen, bevorzugen ein Viertel der Befragten das Tiny House als alternative Wohnform.

Bildquellen

  • Inneneinrichtung: Frauke Hermeier
  • Tiny-House-freisteller: Peerawat-stock.adobe.com