Leben & Wohnen

Ein Einbruch mit Folgen

GEFÜHL. Bauernfamilien leiden oft wochen- und monatelang darunter, wenn Tierschutzaktivisten auf ihren Betrieben illegal in Stallungen eingedrungen sind.

Radikale Tierschutzaktivisten dringen immer wieder in Ställe von Bäuerinnen und Bauern ein, um dort Videoaufnahmen und Fotografien zu machen. Sie bleiben dabei meist unerkannt und sorgen für große Verunsicherung und Beunruhigung. Die unbefugten Eindringlinge begehen mit derartigen Nacht- und Nebelaktionen, die auch in Oberösterreich immer wieder stattfinden, aber alles andere als ein Kavaliersdelikt. 

Abgesehen von möglichen zivil- und strafrechtlichen Tatbeständen gibt es dabei einen Aspekt zu beachten, der auch in der Berichterstattung darüber oft zu kurz kommt: Was bedeutet das in der Folge für die Psyche der Betroffenen? Wie leben die Bauernfamilien weiter mit dem Wissen, dass fremde Personen auf ihrem Betrieb herumgeschlichen sind und sich ein derartiger Vorfall vielleicht sogar wiederholt? Wie ist es, wenn durch die Verbreitung von Fotos oder Videos in den sozialen Medien plötzlich der eigene Hof im Visier vieler Menschen steht? Und vor allem: Wie sollen Bauer und Bäuerin ihren Kindern dadurch entstandene Ängste wieder nehmen? 

Schließlich kommt zum Nicht-Respektieren von Privatgrund und Eigentum auch noch der seelische Druck dazu, den das darauffolgende skrupellose und öffentliche Anprangern erzeugt – und der sich bis hin zu anonymen Drohungen auswachsen kann.  

Mit Angst in den Stall

Eine betroffene Familie berichtet: „Man geht dann auf einmal mit einem ganz anderen, unguten Gefühl in den Stall. Ich habe am Anfang alle Wände und Decken genau angeschaut, ob nicht noch irgendwo eine Kamera hängt. Das sind schon sehr gemischte Gefühle, besonders wenn ich in jene Abteile gehe, von denen ich weiß, dass jemand drinnen war. Das ist immer noch ungut, auch wenn jetzt schon ein paar Wochen vergangen sind“, berichtet die Frau des Betriebsführers. Als Mutter machen ihr aber vor allem die Ängste ihrer Kinder zu schaffen. „Unsere jüngste Tochter ist neun Jahre alt. Sie hatte wirklich große Angst vor den Demonstranten und sich gar nicht mehr hinauszugehen getraut. Auch jetzt fragt sie immer wieder, ob die noch einmal wiederkommen. Die Kinder sind auch in der Schule angesprochen worden, von Lehrern genauso wie von Mitschülern“, berichtet die Betroffene. Sie ist überzeugt davon, dass ihr und ihrer Familie diese Vorfälle noch lange im Kopf bleiben werden. 

Der „Besuch“ der Aktivisten, die nach den Fotoaufnahmen und deren Veröffentlichung für ein paar Stunden vor dem Hof standen und sich mit Bildern und Transparenten präsentierten, sei ohne Zwischenfälle abgelaufen. „Wir haben sofort die Polizei informiert, diese hat uns dann geraten, mit den Demonstranten erst gar nicht zu reden und jegliche Kontaktaufnahme zu vermeiden“, sagt die Landwirtin.

Eine Erfahrung, die auch ein Berufskollege aus dem Innviertel gemacht hat, als die unliebsamen Gäste seinen Mastschweine-Betrieb aufgesucht haben. Am besten sei es, sich auf kein Gespräch einzulassen. „Weil sonst ohnehin alles verdreht werden würde“, sagt der Betroffene. Davor hätte ihn zumindest die herbeigerufene Polizei gewarnt. Sein Hof ist im Morgengrauen von knapp 20 Aktivisten „besetzt“ und mehrere Stunden belagert worden. „Wenn man nach so einem Einbruch wieder in den Stall geht, dreht man sich jedes Mal dreimal um.“ Das ungute Gefühl sei auch jetzt, Wochen später, immer noch da. „So geht es der ganzen Familie. Man registriert danach einfach jedes Geräusch“, schildert der Schweinemäster.

Nicht zuletzt sind es die Tiere selbst, die durch fremde Personen im Stall in Stress geraten und durch einen potenziellen Seucheneintrag auch in ihrer Gesundheit gefährdet werden.

Auch die Angst vor einem Seucheneintrag spielt eine Rolle, wenn Unbefugten der Zutritt untersagt wird.

„Die Landwirte produzieren unter strengsten lebensmittel- und hygienerechtlichen Auflagen. Für Oberösterreichs Bäuerinnen und Bauern gehen Landwirtschaft und Tierschutz Hand in Hand. Das wissen und leben sie, an 365 Tagen im Jahr.“

Max Hiegelsberger, Bauernbund-Obmann 

Bildquellen

  • Schweinestall Schild Zutritt verboten: VLV
  • Schweinestall: alex - adobestock.com, Agrarfoto.com, REPO: Lustaufsland/Jank