Landwirtschaft & Handwerk

Setzt dem Essen die Krone auf

REPORTAGE. Fleisch aus der Farmwildhaltung ist all das, was sich Konsumenten wünschen: ein regionaler und saisonaler Genuss von klein strukturierten Familienbetrieben. 

Ein zarter Happen mit fein aromatischem Geschmack, perfekt für ein festliches Mahl. Das alles ist Wildfleisch aus Farmwildhaltung. Und noch vieles mehr. Denn die bäuerliche Nische ist ein Idealbild einer nachhaltigen Landwirtschaft und artgerechten Tierhaltung. Insgesamt 670 Familienbetriebe in Oberös­terreich züchten, hegen und pflegen auf ihren Höfen Farm­wild. Bei zwei Drittel werden Dam- und Sikawild gehalten. Das restliche Drittel entfällt auf Rotwild. Hinsichtlich Betriebsgröße scheint der Grundsatz: „Klein aber fein“ zu gelten. Die meisten Wildbauern nen­nen zwei bis sechs Hektar Wildgehege ihr Eigen. In Summe werden auf diese Weise 3000 Hektar Grünland genutzt. Die Wildhalter selbst gehen ihrer Beschäf­tigung oft im Nebenerwerb nach. Teils weil die Betriebe (zu) klein sind, teils aber auch deshalb, weil es der Erwerbszweig zeit- und arbeitstechnisch zulässt. Grundsätzlich möglich ist eine Gehegehaltung von Sika- und Damwild ab einem Hektar Betriebsgröße. Für Rotwild braucht es etwas mehr Fläche, etwa zwei Hektar.

Extensive Landwirtschaft mit Arbeitsspitzen in Herbst und Winter

Von Hobbywirtschaft, die sich alleine macht, ist aber auch die Farmwildhaltung weit entfernt. Wie bei jedem anderen Nutztier müssen die Halter wissen, was die Tiere brauchen und wie mit ihnen umzugehen ist. Ein wachsames Auge und tägliche Kontrollgänge sor­gen dafür, dass es den Tieren an nichts fehlt und sie gesund heranwachsen können. Apropos heranwachsen: Circa 16 bis 18 Monate sind die Jungtiere, wenn sie geschlachtet werden. Die ersten Tiere werden Ende August erlegt, die Hauptsaison ist jedoch von Oktober bis Dezember. Für die Wildbauern ist das gleichzeitig die betriebsamste und arbeitsintensivste Zeit. Laufend gilt es das Fleisch verbrauchergerecht zu portionieren und zu vermarkten. Vielfach wird das Ausgangsprodukt auch zu Spezialitäten wie Würsten, Pasteten, Rohschinken und vielem mehr verarbeitet.

Wildgerichte: Krönender Genuss, leicht zuzubereiten

Auch wenn die Nachfrage steigt, Wildfleisch ist noch immer ein Nischenprodukt, an das sich nicht je­der Herdmeister und jede Küchenfee herantraut. Die Scheu ist aber unbegründet. „Nichts ist leichter zu­zubereiten als Wild“, meint Seminarbäuerin und Ob­frau der oberösterreichischen Wildtierhalter Berna­dette Watzenböck. Wer‘s nicht glaubt, muss es einmal probieren. Inspiration gibt‘s unter www.wildhaltung.at (Rubrik „Kochen“). Ebenfalls dort zu finden: der nächstgelegene Wildbauer in der Region.

Wildfleisch ist nicht gleich Wildbret. Während ersteres aus der bäuerlichen Wildzucht und -haltung kommt, spricht man von Wildbret, wenn das Fleisch von wild lebenden Tieren stammt, die vom Jäger erlegt wurden.

Rot-, Sika- als auch Damwild zählen zur Familie der Echt- hirsche. Unterscheiden lassen sie sich anhand von Fell und Geweih. Rotwild ist durchgängig braun, Sika- und Damwild haben weiße Fellflecken. Das Damwild trägt zudem Schau- feln und nicht wie die beiden anderen ein Stangengeweih.

Ausgehend von den Mindeststandards der Tierhaltungsverordnung ist die Farmwildhaltung von Sika- und Dam- wild ab einer Gehegegröße von einem Hektar möglich. Zwei Hektar Weide braucht es hingegen bei Rotwild.

Zusätzlich zum Gras auf der Weide bekommen die Tiere Heu und Silage (Winter). Eine Grundregel besagt, dass der Bauer für das Winterfutter circa die Hälfte der eingezäunten Gehegefläche benötigt. Damit ist ab gut zwei Hektar Betriebsgröße Farmwildhaltung möglich.

Die Natur des Wildes gibt eine extensive, saisonale Wirt- schaftsweise vor. Nur einmal im Jahr kalbt die Hirschkuh. Die sogenannte „Setzzeit“ (Geburt) beginnt Ende Mai. Die Brunft-, also Paarungszeit hat vor kurzem geendet.

Das zeitlich begrenzte Angebot von Wildfleisch wird durch die saisonale Setzzeit bedingt. Die Jungtiere des Vorjahres bleiben etwa bis zur Geburt der nächsten Kälber (Jungen), längstens bis in den Winter bei der Herde. In diesem Alter – etwa 16 bis 18 Monate – haben sie auch das optimale Gewicht und eine ideale Fleischqualität erreicht.

Tiergesundheit und Hygiene spielen bei den Wildbauern eine große Rolle. Vor dem Abschuss kommt der Tierarzt zur Lebendbeschau, nachher zur Schlachttier- und Fleischuntersuchung. Zerlegt und verarbeitet wird meist auf den Betrieben. Eigene Schlacht-, Kühl- und Verarbeitungsräume gewährleisten eine hohe Lebensmittelqualität.

Die Österreicher schätzen Wildgerichte. Wild auf Wild sind sie aber nicht gerade. Nur 0,9 Kilogramm Fleisch verspeisen Herr und Frau Österreicher pro Jahr (und das meist in der Gastronomie). Immer mehr wagen sich jedoch auch in den Privatküchen an Wild heran, sodass die Nachfrage nach Fleisch und verarbeiteten Spezialitäten vom Wild (z. B. Rohschinken) konstant steigt.

Bildquellen

  • Wild Hochstand: Winfried Rusch – Stock.adobe.com
  • Wild Arten: Cmonphotography; Ana Gram; Godimus Michel – Stock.adobe.com
  • Wildgehege: Jürgen Laban
  • Wild Winterfutter: Aleš Nowák – Stock.adobe.com
  • Wild Setzzeit: Bergfee – Stock.adobe.com
  • Wild Jungtier: Guntar Feldmann – Stock.adobe.com
  • Wild Schlachtung: Watzenböck/bio-wildfleisch.at
  • Wildgerichte: ffphoto – Stock.adobe.com
  • Wild: Gerken & Ernst – Stock.adobe.com