Gesundheit

So bleibt man immun

GESUNDHEIT. Wer seinem Immunsystem die Arbeit erleichtern will, kann an vielen Fronten mithelfen. Eines gleich vorweg: Mit einer Dosis Vitamin C ist es nicht getan. Wohl aber spielt das Schlafzimmer eine Rolle – und auch Stress darf sein.

Sobald es in Richtung Winter geht und rundherum wieder kräftig gehustet, genießt und geschnäuzt wird, ist das Immunsystem wieder in aller Munde. Wie kann man es stärken oder zumindest unterstützen? Kann man das überhaupt? Ja, man kann – aber den einen Weg, der für alle gleichermaßen funk­tioniert, gibt es nicht. „Das Immunsystem ist ja nicht nur ein Organ wie etwa die Leber, sondern ein Konvolut aus verschiedenen Bereichen“, sagt Ernäh­rungsexpertin Angelika Kirchmaier. Sie ist klinische Ernährungsmedizinerin, Diätologin, Gesundheitswis­senschafterin und Autorin zahlreicher Bücher. In ihrem jüngsten Werk (siehe Buchtipp) widmet sie sich ganz dem Immunsystem – und damit einer breiten Palette an Lebensbereichen, die dazu beitra­gen, das ganze Jahr hindurch fit und aktiv zu bleiben.

Buchtipp

Gesund zu bleiben – das wünscht jeder für sich und seine Liebsten. Eine zentrale Rolle dabei spielt das Immunsystem, dem in der kalten Jahreszeit meist auch etwas mehr Beachtung geschenkt wird. Wie man seine körpereigene Abwehr bestmöglich unterstützen kann, ist Thema dieses ganzheitlichen Ratgebers von Angelika Kirchmaier, in dem es neben der Ernährung auch um Schlaf, Bewegung, Stress und Liebesleben geht.  

Das Buch aus dem Verlag „Tyrolia“ hat 200 Seiten und ist unter ISBN 978-3-7022-4085-1 zum Preis von 20 Euro im Buchhandel erhältlich. 

Zwei Arten, eine Aufgabe

Prinzipiell werde das Immunsystem in zwei Arten unterschieden – das angeborene und das erwor­bene (spezifische) Immunsystem, das sich etwa infolge von Impfungen oder durchgemachten Infektionen bildet und im Laufe des Lebens trainiert wird. Das angeborene Immunsystem erledigt die Keimabwehr auf unterschiedlichen Ebenen und dank verschiedener natürlicher Barrieren im menschlichen Körper, wie sie zum Beispiel die Haut, der Speichel und die Schleimhäute, der Magensaft und die Darmbakterien darstellen. Beide gehen natürlich ineinan­der über. „Durch diese Breite an Einflussfaktoren kann man auch auf so vielen verschiedenen Ebenen ansetzen, wenn es um das Immunsystem geht“, sagt Kirchmaier. Trotzdem hat sie eine klare Antwort auf die Frage nach dem wichtigsten Bereich: „Flüssigkeit. Das ist die Basis. Wenn man zu wenig trinkt, haben Erreger ein leichtes Spiel. Ist der Flüssigkeitshaushalt zu gering, spürt man das im ganzen Körper. Speichel, Schleimhäute, Lymphflüssigkeit, Verdauung. Da ist vieles betroffen“, erläutert die Expertin. Als Faustregel gilt: „Ist der Harn tagsüber hell, habe ich genug getrunken“. Kirchmaier empfiehlt, leicht temperiert (etwa Körperwärme) zu trinken und das Motto „öfter und weniger“ walten zu lassen. So könne der Körper die Flüssigkeiten am besten aufnehmen. 

Was getrunken wird, spielt natürlich ebenso eine Rolle: Wasser und unge­süßter Tee sollten es sein. Schließlich spielt der Anteil an den gelösten Teilchen in der Flüssigkeit eine große Rolle. Die sogenannte „Osmolarität“ gibt den Anteil der gelösten Stoffe an, die wiederum damit zu­sammenhängt, wie die Flüssigkeit dem Körper zur Verfügung steht. „Im Blut sind 290 Milliosmol an gelösten Teilchen, diese Menge schafft es zu transportieren. Der Wert von Saft liegt aber bei mindestens 600, Traubensaft weist sogar 900 bis 1000 auf.“ Wird das Blut dadurch zu dickflüssig und fließt nicht ordentlich in seinen Bahnen, können auch die Abwehrkräfte nicht schnell genug an den Ort kommen, wo sie helfen müssten. Wie sehr sich das Trinken auch auf die Gehirnleistung auswirkt, würden Studien immer wieder belegen, bis zu 50 Prozent Leistungsverlust seien schon ermittelt worden.

Darm gut, (fast) alles gut

Was die Ernährung anbelangt, so sollte man das Augenmerk auf den Darm legen. Dort sitzen schließlich neben Milliarden von Mikroorganismen etwa
70 Prozent der Immunzellen, die – vereinfacht gesagt – Abwehrstoffe produzieren und so dazu auch in ständigem Austausch mit den Bakterien sind. Wer seinen Darmbakterien Gutes tun will, muss sie ernähren. Sie leben von Ballaststof­fen, die gehäuft in Obst, Gemüse und Vollkornprodukten enthalten sind. Auch milchsauer Vergorenes, wie Sauerkraut, Buttermilch, Jogurt oder Kefir, unterstützt sie sehr gut. Gute Nachrichten hat Angelika Kirchmaier in diesem Zusammenhang für alle jene, die sich Gedanken machen, weil sie Blähungen verspüren. „Wer keine oder kaum Blähungen hat, hat seine Darmbakterien nicht ordentlich ernährt“, so die Tirolerin, „25 Pupse pro Tag sind nor­mal, die Luft muss hinaus, spätestens während der Nacht“, sagt Kirchmaier. „Wer seinen Darm gut ernährt, der hat automatisch die perfekte Ernährung für das Immunsystem.“ Abwechslungsreiches Essen sorgt dafür, dass eine breite Palette unterschiedlicher Bakterien und Enzyme erhalten bleibt. Bekommt der Körper gewisse Lebensmittel nicht mehr, verliert er auch die Fähigkeit, sie zu verwerten. „Das kann man sich vorstellen wie ein Muskel, der trainiert wird oder nicht. Wenn ich keine Milchprodukte mehr esse, bekomme ich auch sicher eine Laktoseintoleranz“, klärt die Expertin auf.

Zur Pflege des Immunsystems kann man neben (richtigem) Essen und Trinken noch an weiteren Stellschrauben drehen. Eine ist der Schlaf, die wichtigste Regenerationsmaßahme für den menschlichen Körper. „Der Schlaf ist die Zeit, in der sich der Körper selbst repariert“, sagt Kirchmaier. Um ihm das zu erleichtern, empfiehlt sich ein leicht verdauliches Abendessen und ebenso, ab 18 Uhr nichts mehr zu sich zu nehmen. 

Psychologie macht Biologie

„Psychologie macht Biologie.“ Dieser Hinweis ist im Buch mehrmals zu finden, denn Kirchmaier verweist stets auch auf die Macht der positiven Gedanken, das Vertrauen auf die Kräfte des eigenen Körpers. Sie sieht auch das Thema Stress differenzierter. „Stress ist prinzipiell etwas Positives“, ist sie überzeugt, „Stress hat viele gute Auswirkungen, zum Beispiel eine verbesserte Durchblutung und eine erhöhte Ausschüttung von Oxytocin.“ Letzteres ist ein Hormon, das uns Stress und Schmerz vergessen lässt, dafür Vertrauen schenkt und im Körper antientzündlich und positiv auf die Gefäße wirkt. Das Ganze kippe erst durch permanente Angst, vom Stress krank zu werden. „Dann schüttet man die negativen Stresshormone aus“, sagt Kirchmaier. Zuletzt trage auch ein aktives Liebesleben zu einem starken Immunsystem bei. „Es ist zwar immer noch ein Tabuthema, aber Sexualität ist diesbezüglich ein wichtiges Thema“, sagt die Expertin. Küssen ist ein guter Anfang – es trainiert durch den Austausch von Bakterien schließlich auch das Immunsystem.

Angelika Kirchmaier, Ernährungsexpertin, Diätologin und Buchautorin: „Das Immunsystem muss man sehr weitschichtig erfassen. Es gibt eine große Breite an Einflussfaktoren, weshalb man auch auf verschiedenen Ebenen ansetzen kann.“

Gesund essen

  • Abwechslungsreich und bunt essen, mit mindestens drei „Farben“ in jeder Mahlzeit. 
  • Auf Diäten und Weglassen von Lebensmitteln verzichten. Je mehr vom Speiseplan verbannt wird, desto weniger robust wird der Verdauungstrakt. 
  • Ballaststoffe verwöhnen den Darm: Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Kräuter, Kartoffeln, Vollkornprodukte. Tierische Lebensmittel sind wertvoll für eine ausgewogene Ernährung – die Menge zählt.
  • Zucker und Salz: Gegen geringe Mengen ist nichts einzuwenden. Würzen: Geschmacksver-stärker wie Glutamat oder Hefeextrakt meiden. 
  • Genießen: Zum Essen hinsetzen, auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist; auf Ablenkungen verzichten.

Quelle: „Mein knackig-frisches Immunsystem“

Bildquellen

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