Die rote Perle des Waldes
ERNÄHRUNG. Sie ist der perfekte Begleiter zu Wild, Schnitzel oder Käse – die Preiselbeere. Die herbe Frucht punktet aber nicht nur mit Geschmack, sondern auch mit Inhalt.
Grankal, Buchsbeere, Granten, Kronsbeere oder Fuchsbeere – die Preiselbeere oder „Vaccinium vitis-idaea“, wie sie in der Botanik heißt, hat viele Namen. Sie als Cranberry zu bezeichnen wäre jedoch falsch. Denn dabei handelt es sich um ihre nordamerikanische Schwester, die großfruchtige Moosbeere, welche fälschlicherweise oft auch als „Kulturpreiselbeere“ bezeichnet wird.
Zwei Beeren – ein Geschmack
Bei Preiselbeere und Cranberry handelt es sich um zwei verschiedene Pflanzenarten aus der Familie der Heidekrautgewächse. Der augenscheinlichste Unterschied zwischen den beiden roten Wildfrüchten ist ihre Größe. Wird die Preiselbeere nur erbsengroß, kann die Cranberry die Größe von Kirschen erlangen. Hinsichtlich ihrer Standort-Vorlieben sind sich die beiden sauren Früchte jedoch sehr ähnlich. Beide bevorzugen saure, karge Böden mit guter Wasserversorgung. Jedoch ist die Preiselbeere wesentlich frost- und kälteresistenter. Minustemperaturen im zweistelligen Bereich schaden ihr, anders als der Cranberry, nicht.
Die in unseren Breitengraden heimische Preiselbeere findet man an sonnigen Waldhängen, Moor- und Heidelandschaften sowie in höher gelegenen lichten Nadelwäldern. An diesen Standorten wachsen die kleinen Nährstoffbomben traubenförmig an einem aufrechten Zwergstrauch. Dieser ist zehn bis 40 Zentimeter hoch, immergrün und besitzt glänzende, ovale, leicht umgerollte Blätter. Im Aussehen ähneln die Blätter jenen des Buchsbaums, weshalb die Pflanze im Volksmund auch „Wilder Buchsbaum“ genannt wird. Von Mai bis Juni erscheinen die glockenförmigen Blüten und zieren den Waldboden mit weißen und rosaroten Farbtupfen. Werden diese befruchtet, entwickeln sich daraus innerhalb von fünf Wochen weiße Beeren, die sich im Zuge des Heranreifens rot färben. Gesammelt werden können die scharlachroten Beeren mit den vielen kleinen Samenkernen Ende August, Anfang September.
Die Cranberry hingegen ist ein kriechender Strauch mit schmalen Blättern. Ihre Blüte gleicht im Aussehen dem Kopf eines Kranichs (englisch: crane), daher der Name. Auch die Früchte sind in der Farbe deutlich dunkler als die des heimischen Pendants. Die Skala reicht von Purpurrot bis fast Schwarz.
Im Hinblick auf Geschmack und Inhaltsstoffe kann man die beiden verwandten Beeren jedoch sprichwörtlich in einen Topf werfen.
Perfekt zu Wild und Geflügel
Säuerlich, mit einer leichten Süße und einem herben Abgang, so schmeckt die Preiselbeere roh genossen. Ihr hoher Pektingehalt macht sie jedoch zur prädestinierten Kandidatin für Marmeladen, Säfte und Kompotte. Und mit etwas Zucker eingekocht, schmeckt die saure Wildfrucht gleich lieblicher.
Preiselbeermarmelade ist eine wunderbare Begleiterin zu deftigen Käseplatten, Wildgerichten und Geflügel. Ebenso wenig darf die süße Köstlichkeit beim traditionellen Wiener Schnitzel fehlen. Darüber hinaus lassen sich aus der Preiselbeere auch allerhand süße Leckereien zaubern. Von der Preiselbeertorte bis hin zur Mousse au Chocolat, die Beere verfeinert jedes Dessert um eine süß-herbe Note.
Superfood und Hausmittel
Nährstoffreich, auch das ist ein Wort, dass die Preiselbeere nur zu gut beschreibt. Denn die kleinen runden Dinger sind reich an Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Kein Wunder also, dass sie bereits seit Jahrhunderten in der Volksmedizin geschätzt werden. Das Haupteinsatzgebiet der Preiselbeere sind Blasen- und Harnwegserkrankungen. Kräuterpädagogin Wilbirg Benischek erklärt wieso: „Die Preiselbeere hat antiseptische und zusammenziehende Eigenschaften. Insbesondere die in der Beere enthaltenen Proanthocyanidine haben therapeutische Wirkung. Sie hemmen vereinfacht gesagt das Anhaften von Bakterien an der Blasenschleimhaut, wodurch die Ausbreitung von Keimen eingeschränkt wird.“ Zur Behandlung kann laut Expertin entweder ein Tee aus den Preiselbeerblättern bereitet werden oder aber Beerensaft oder Preiselbeermus genossen werden.
Neben Proanthocyanidin, einem Bitterstoff, enthält die Preiselbeere auch Flavonoide und Gerbstoffe. Ernährungsphysiologisch zählen diese zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe. „Unter diesem Begriff werden zahlreiche Substanzen verschiedener Natur zusammengefasst, die der natürlichen Abwehr der Pflanze dienen“, erläutert Ernährungswissenschafterin Katrin Fischer von der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Auch dem Körper helfen diese antioxidativen und entzündungshemmenden Stoffe bei der Abwehr von Erregern. „Zudem unterstützen sie den Stoffwechsel. So wird etwa der Abbau von Cholesterin in Hormone und Vitamin D verbessert“, erklärt Fischer weiter. Aus diesem Blickwinkel macht es also doppelt Sinn zu deftigen Speisen Preiselbeeren zu reichen. Auch Vitamin C ist reichlich in den Beeren enthalten. Da dieses jedoch hitzeinstabil ist, sollten die gepflückten Beeren rasch verwendet werden.
Vom Wald ins Glas – Tipps
Um die größtmögliche Vitamin- und Nährstoffausbeute zu erzielen, gilt es reife Beeren zu ernten und diese schnell und schonend zu verarbeiten.
- Zur Überprüfung des Reifegrades lässt man am besten eine einzelne Beere auf eine Steinplatte fallen. Springt diese wie ein Gummiball hoch, ist der richtige Erntezeitpunkt gekommen.
- Wer nicht jede einzelne Beere mit der Hand pflücken will, kann einen Beerenkamm zur Hilfe nehmen. So geht die Ernte gleich schneller voran.
- Zuhause angekommen sollten die Preiselbeeren umgehend verarbeitet werden. Zum Säubern des Ernteguts bedient man sich am besten eines Backblechs und lässt die Beeren über eine der Ecken in ein Gefäß (Sieb) rollen. Dadurch bleibt der Schmutz sprichwörtlich auf der Strecke und dem Einkochen zu Marmelade und Co. steht nichts mehr entgegen.
- Alternativ können die Beeren auch auf einem Blech vorgefrostet werden und anschließend in geeignete Gefrierbeutel umgefüllt werden.
Nach Herzenslust können so ganzjährig heimische Preiselbeeren verwendet werden. Und damit erübrigt sich auch der Rückgriff auf Importware aus Übersee.
Wissenswert
Als Symbol für die Ewigkeit wurde die immergrüne Preiselbeere anno dazumal gerne in den Brautstrauß geflochten.
Einer Tiroler Sage nach versah Gott die vom Teufel geschaffenen Preiselbeeren mit einem Kreuz, um Kinder, die des Weges kamen, und davon aßen, vor dem Verlust ihrer Seele zu bewahren.
Bildquellen
- Preiselbeere: Liudmila – stock.adobe.com