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Essen gegen das Vergessen

ERNÄHRUNG. Demenzerkrankungen hinauszögern oder im besten Fall vermeiden: Neben ausreichend Bewegung kann auch die richtige Ernährung ihren Beitrag leisten. 

Wer bis ins hohe Alter fit bleiben möchte, meint damit nicht nur einen gut funktionierenden Körper, sondern auch ein ebensolches Gehirn. Dieses mit den richtigen Nährstoffen zu versorgen ist daher ebenso eine lebenslange Aufgabe wie seinen Körper durch Bewegung in Schwung zu halten. 

Anatomisch betrachtet wiegt das durchschnittliche Gehirn eineinhalb Kilogramm. Es macht etwa zwei Prozent der Körpermasse aus, verbraucht aber 20 Prozent des Gesamtgrundumsatzes. Es enthält etwa 100 Milliarden Nervenzellen mit 100 Billionen Verbindungen zwischen den Zellen. 

Das Demenzsyndrom ist eine chronische Erkrankung des Gehirns, bei der gewisse Bereiche ihre Funktion nach und nach einbüßen. Es gibt eine Reihe von Risikofaktoren, die an der Entwicklung von Demenzerkrankungen beteiligt sind. Zu den beeinflussbaren Risiken zählen zum Beispiel Übergewicht und Diabetes Typ 2 durch falsches, ungesundes Essen, Rauchen, Alkohol, Bewegungsmangel, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder mangelnde geistige Fitness. Sich gesund zu ernähren ist eine Präventivmaßnahme für Körper und Geist. „Was gut für das Herz ist, ist auch gut für das Gehirn“, lautet die Faustregel. Wer sich an der mediterranen Küche als gesunde Ernährungsform orientiert, ist auf dem richtigen Weg. 

Wichtig: B-Vitamine

Vitamine und Nährstoffe, die das menschliche Gehirn hinsichtlich einer Demenz besonders schützen, sind die Vitamine B1, B3, B12, D und Folsäure. Vitamin B1 kann vom Körper nicht in großen Mengen gespeichert werden und sollte daher regelmäßig aufgenommen werden. Wichtige Quellen sind etwa Vollkornprodukte, Haferflocken, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen, mageres Schweinefleisch, Innereien und Hefe. Vitamin B3 findet sich in Geflügel, Wild, Fisch, Pilzen, Milchprodukten und Eiern. Besonders wichtig ist Vitamin B12. Die Leber kann dieses Vitamin zwar gut speichern, in späteren Jahren können trotzdem oft Mangelerscheinungen auftreten – die sich unter anderem in Konzentrations- und Gedächtnisstörungen bemerkbar machen. Vitamin B12 ist fast ausschließlich in tierischen Produkten zu finden, wichtige Quellen sind Leber, Fisch, Milchprodukte und Eier. Vitamin B12 spielt eine entscheidende Rolle bei Stoffwechselvorgängen und hat die Aufgabe, die im Körper gespeicherte Folsäure in eine aktive Form zu überführen, damit sie für den Körper nutzbar ist. Auch zur B-Gruppe zählt Folsäure, die in Weizenkeimen, Weizenkleie, roten Bohnen, Spinat, Kohl, Gurken und Brokkoli zu finden ist. 

Bedeutend für das Gehirn sind Omega-3-Fettsäuren, wobei die Docosahexaensäure (DHA) eine besonders wertvolle Variante ist. Quellen dafür sind zum Beispiel Wildlachs, Wildfleisch oder Leinöl. Hinter dem modernen Begriff „Brainfood“ steht nichts anderes als eine ausgewogene und vollwertige Mischkost mit genügend Kohlenhydraten für das Gehirn, Proteinen für das Gedächtnis sowie Fettsäuren als „Schmiermittel“ für die schnelle „Datenübertragung“. So bringen etwa Beeren, Brokkoli und alles grüne Gemüse, Haferflocken, Zwiebel und Knoblauch, Hülsenfrüchte und Walnüsse das Gehirn in Schwung und sollten Teil der Ernährung sein. Auch Kaffee wird eine positive Wirkung auf das Gehirn bescheinigt und darf daher – als Genussmittel – guten Gewissens konsumiert werden.    

Gehirn: Viel Fett und Eiweiß

„Das Gehirn besteht aus viel Fett und Eiweiß und erneuert sich ähnlich wie ein Muskel. Das bedeutet, man muss es fördern und fordern und mit den richtigen Nähr- und Baustoffen versorgen“, sagt der Ernährungswissenschafter Christian Putscher. Eiweiß, Wasser und Omega-3-Fettsäuren seien besonders wichtig, wobei körperähnliche Proteine ideal seien. Als perfekte Kombinationen nennt der Ernährungsexperte etwa Spinat und Ei, Erdäpfel und Steak oder Milch und Hafer. Omega-3-Fettsäuren finden sich nicht nur in pflanzlichen Lebensmitteln wie Leinsamen oder Walnüssen, sondern auch in tierischen: Über das Grünfutter gelangen sie auch in Butter, Milch und Käse.

„Das energetische Funktionieren des Gehirns wird über den Blutzucker gesteuert“, sagt Putscher. „Was das Hirn aber gar nicht mag, sind geballte Energielieferungen, wie sie zum Beispiel aus Saft oder Chips kommen“, so der Experte. Da Zucker im Gehirn nicht gespeichert werden kann, sei eine regelmäßige, aber dosierte Energiezufuhr empfehlenswert. Als Top-Gehirnnahrung nennt Christian Putscher Walnüsse, Eier und Leinsamen. „Lauter heimische Quellen für wichtige Vitamine, Mineralstoffe und Fettsäuren und zudem sehr vielseitig zu verwenden“, sagt der Ernährungsprofi. Schließlich sollten gesunde Lebensmittel auch häufig konsumiert werden, damit man auch tatsächlich von einer guten Ernährung sprechen kann.   

Der Mensch kann viel beitragen

Neurowissenschafterin Manuela Macedonia beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem menschlichen Gehirn. Für die renommierte Forscherin ist klar, dass Bewegung die absolute Nummer eins bei der Demenz-Vorbeugung ist. Doch wie viel kann der Mensch eigentlich selbst dazu beitragen, um sein Gehirn gesund und leistungsfähig zu halten, und wie viel ist genetisch vorbestimmt? „Wir sind zum Glück mehr als nur unsere Gene. Selbst bei genetischer Vorbelastung können wir aktiv unser Gehirn durch Bewegung pflegen. Bewegung wirkt sich epigenetisch aus, das heißt, sie kann Gene ein- und ausschalten. Selbst die Wissenschaft wusste bis vor wenigen Jahren nicht, dass Gene, die wir haben, nicht unbedingt zum Ausdruck kommen müssen. Wenn also mein Großvater dement war, muss ich nicht an Demenz erkranken, weil ich seine Gene habe. Bewegung trägt dazu bei, dass sich ‚böse‘ Gene gar nicht einschalten, also nicht wirksam werden“, sagt Macedonia.

Auf die Frage nach ihren drei Top-Tipps für ein gesundes Gehirn stellt sie Bewegung an die erste Stelle: „Allein ein einstündiger Spaziergang guten Schrittes am Tag lässt das Risiko für Demenz wesentlich sinken. Danach kommt geistige Beschäftigung außerhalb der Komfortzone. Sudoku und Zeitung lesen sind zu wenig: Die geistige Tätigkeit soll anspruchsvoll und anstrengend sein, dann ist sie auch wirksam. Eine gesunde Ernährung ist ebenfalls wichtig, aber das ist sie für den ganzen Körper und nicht nur für das Gehirn. Ernährung ersetzt allerdings weder Bewegung noch geistige Anstrengung.“ 

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