Genau geschautKosterei

Es geht um die Wurst

GENAU GESCHAUT. Anlässlich des Bratwürstelsonntags hat Lust aufs Land wieder genau geschaut: Verschiedene Bratwürstel sowie vegetarische Imitate wurden unter die Lupe genommen, blind verkostet und bewertet.

Der erste Adventsonntag wird seit Mitte des 19. Jahrhunderts traditionell als „Bratwürstelsonntag“ bezeichnet. Über die genaue Herkunft dieses Brauches gibt es unterschiedliche Überlieferungen (siehe Infokasten). Fest steht, dass es sich bei dieser Tradition in gewisser Weise um ein oberösterreichisches Spezifikum handelt. In keinem anderen Bundesland sonst ist dieser Brauch so stark verankert. Heutzutage begleiten uns Bratwürstel durch die gesamte Vorweihnachtszeit. Sie sind eine beliebte Speise auf den Advent- und Weihnachtsmärkten im ganzen Land. So werden im Dezember 50 Prozent mehr Bratwürstel vermarktet als in anderen Monaten. Bei vier von zehn Familien kommt die Bratwurst auch am Heiligen Abend auf den Festtagstisch. Das hat mit dem Ende der Fastenzeit im Advent zu tun, die es heute de facto nicht mehr gibt. Damals wurden sie „Mettwürste“ genannt, da sie erst nach der Weihnachtsmette verzehrt wurden. Was sich über die Jahre jedoch kaum verändert hat, sind die Beilagen: Die klassische Zubereitung erfolgt mit Sauerkraut, Erdäpfelschmarrn, Senf und einer Scheibe Schwarzbrot. 

Bratwürstelsonntag
Damals haben Fleischhauer Bratwürstel an ihre Kunden als Geschenk ins Haus geliefert. Es könnte aber auch damit zu tun haben, dass die Adventzeit früher eine strenge Fastenzeit war. Deswegen wurde an diesem Tag noch einmal ordentlich über die Stränge geschlagen und „gesündigt“. Eine mögliche weitere Erklärung: Da Bauern früher im Winter nicht alle Tiere durchfüttern konnten, wurden viele zuvor noch geschlachtet. Das Fleisch wurde unter anderem zu Würsten verarbeitet.

Herstellung genau geregelt

Die Herstellung von Bratwürsten ist im österreichischen Lebensmittelbuch festgelegt. Die traditionelle Bratwurst wird entweder aus einer fein emulgierten Fleischmasse, dem sogenannten Brät, oder aus mehr oder weniger grob geschroteten Fleisch- und Speckstückchen erzeugt. „Schulter und Bauch sind das klassische Fleisch dafür, denn nur wenn man etwas Gutes hineingibt, kommt auch etwas Gutes heraus“, erklärt Willibald Mandl, Bundesinnungsmeister für das Lebensmittelgewerbe und selbst Fleischhauer. Zusätzlich werden Bratwürstel mit diversen Gewürzen verfeinert und meist mit Kochsalz gesalzen. „Jede Bratwurst schmeckt anders, da jeder Fleischer seine eigene Rezeptur verwendet, die meist über Generationen weitergegeben wurde“, so Mandl. Bratwürstel gibt es sowohl in roher als auch vorgebrühter Variante und sie werden traditionell in Schaf- oder Schweinedärme gefüllt und für den Verzehr gegrillt oder in Fett gebraten. 

„Nur wenn man etwas Gutes hineingibt, kommt auch etwas Gutes heraus.“

Fleischermeister Willibald Mandl

Das steckt in „Wurst“-Imitaten

Verkostet wurden aber nicht nur traditionelle Bratwürste, sondern auch vegetarische Alternativen. Sie sehen (fast) so aus wie Bratwürstel, werden auch so bezeichnet, schmecken jedoch nicht so und sind nach der Definition im Lebensmittelcodex de facto auch keine. Die Bratwurst-Imitate stehen teilweise neben den originalen Produkten im Regal und konkurrieren mit diesen. Vergangenes Jahr wurden im EU-Parlament mehrere Abänderungsanträge eingebracht, um den Schutz der Originale vor den Imitaten zu verbessern. Da diese jedoch abgelehnt wurden, dürfen vegetarische bzw. vegane Bratwürstel weiterhin als solche bezeichnet werden.

Das Angebot an veganen bzw. vegetarischen Fleischalternativen nimmt stetig zu. Experten sehen großes Potenzial bei den verschiedenen Fleischersatzprodukten. Die Wurst-Imitate richten sich aber nicht ausschließlich an Veganer oder Vegetarier. Vielmehr sind Flexitarier die Zielgruppe – sie essen Fleisch, aber nicht so oft. Alternativen suchen sie in Produkten, die zumindest so aussehen wie Fleisch. Wer aber der Meinung ist, dadurch gesünder und ökologisch nachhaltiger zu leben, muss genauer hinschauen. Dafür lohnt sich vor allem ein Blick auf die Zutatenliste. Die ist, wie generell bei verarbeiteten Produkten, sehr lang (ausgenommen Hermann Fleischlos, der seine vegetarischen Bratwurst-Alternative auf Basis von Kräuterseitlingen erzeugt). Bei allen anderen Wurst-Imitaten ist die Hauptzutat Wasser, gefolgt von Eiweißersatz. Damit das Ganze dann schlussendlich in Geschmack, Optik und Konsistenz zumindest etwas einer Bratwurst ähnelt, muss mit Lebensmitteltechnologie und Zusatzstoffen nachgeholfen werden: Emulgatoren und Verdickungsmittel für die Konsistenz, Farbstoffe und Aromen für den Geschmack und Säureregulatoren sowie Konservierungsmittel für die Haltbarkeit.  

Ein vor Kurzem durchgeführter Store-Check von „Ökotest“ über Veggie-Würstchen fällte ein vernichtendes Urteil: In 18 von insgesamt 20 getesteten Würsten waren Spuren von Mineralöl (!) enthalten, zudem in den meisten Fällen ein hoher Salzgehalt. Bleibt noch der Preisvergleich: Dieser ist bei Imitaten im Vergleich mit traditionellen Bratwürsten auch überall vieles höher. Hier zeigt sich wieder einmal, dass es nicht wurscht ist was in der Wurst ist.

Bildquellen

  • kosterei-bratwurst: kab-vision - adobestock.com