Kosterei

Saft schmeckt direkt gut

GENAU GESCHAUT. Apfelsaft kann entweder als Direktsaft oder aus Konzentrat hergestellt werden. Lust aufs Land hat sich auf Spurensuche begeben und verschiedene Produkte verkostet. Fazit: Es gibt saftige Unterschiede.

Apfelsaft wird überwiegend aus Konzentrat erzeugt. Man kann Apfelsaft aber auch klassisch direkt aus Äpfeln herstellen – das wäre der natürliche Prozess“, erklärt Johann Steiner, Experte der Landwirtschaftskammer Oberösterreich für die Produktion von Saft und Most. Die ersten Schritte bei der Saftherstellung sind immer gleich: Obst klauben, waschen, verlesen und pressen. Dann scheiden sich die Wege bzw. die Geister. 

Direktsaft ist die Spitze der Qualität

Beim Direktsaft wird der frisch gepresste Saft pasteurisiert und naturtrüb abgefüllt. Wird direkt gepresster Saft filtriert, ist er klar. Für Apfelsaft aus Konzentrat wird der gepresste Saft auf etwa ein Sechstel seines ursprünglichen Volumens einreduziert. Nachdem ihm unter Vakuumbedingungen Aroma und Wasser entzogen wurden, entsteht ein Sirup. Für die Lagerung bzw. den Transport kommen Konzentrat und Aroma voneinander getrennt in Tanks. Bei der Apfelsaftherstellung wird das Konzentrat mit Wasser aufgemischt und die Aromen werden zugesetzt. Auch dieser Saft wird durch Pasteurisieren haltbar gemacht. Doch worin unterscheiden sich nun die Säfte dieser beiden Herstellungsverfahren? In erster Linie im Geruch und Geschmack. „Je weniger Verarbeitungsschritte desto mehr kann man vom fruchteigenen Aroma mitnehmen. Ein guter Apfelsaft sollte im Idealfall auch nach Äpfeln schmecken. Wenn er sauber verarbeitet ist, erkennt man sogar die darin verarbeiteten Sorten“, erklärt Steiner. Ziel sei es den Geruch und Geschmack des Apfels in die Flasche zu bringen. „Die Spitze der Qualität ist Direktsaft“, so der Experte. Hier gibt es eine weitaus größere Vielfalt, während Konzentrate für den europäischen Markt geschmacklich standardisiert aufbereitet werden. Hierfür wird ein bestimmter Wert für das Zucker-Säure-Verhältnis herangezogen, welches von Konsumenten als harmonisch wahrgenommen wird. „Apfelsaftkonzentrat wird in der Regel billigst importiert. Zu diesem Preis kann man bei uns Obst nicht einmal verarbeiten“, erklärt Steiner. Doch dazu später mehr.

Rohstoff ist für Qualität entscheidend

Bei Direktsäften gibt es kaum Unterschiede im Produktionsverfahren. „Entscheidend ist nicht die Technik, sondern der eingesetzte Rohstoff. Daraus ergeben sich auch die Qualitätsunterschiede“, betont der Experte, der selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet und Säfte sowie Most erzeugt. Er sieht darin eine tolle Möglichkeit Früchte haltbar zu machen und erklärt, wie man qualitativ hochwertigen Apfelsaft herstellt: „Die Äpfel sollen bei der Ernte in der Genussreife sein.“ 

„Apfelsaftkonzentrat wird billigst importiert. Zu diesem Preis kann man bei uns Obst nicht einmal verarbeiten.“

Johann Steiner

Streuobstsorten werden speziell gezüchtet und selektiert und weisen damit den für die Verarbeitung notwendigen hohen Säuregehalt aus. Alte Mostobstsorten werden von Natur aus klar, wenn man ihnen die Möglichkeit zum Absetzen gibt. Von vielen alten Sorten lasse sich daher nur schwer naturtrüber Apfelsaft herstellen. „In den Köpfen der Menschen ist verankert, dass naturtrüber Saft hochwertiger ist als klarer. Das stimmt so nicht, denn man kann auch aus Konzentrat einen naturtrüben Apfelsaft herstellen, indem man Apfelpürre beimengt“, so Steiner.

Die Saftausbeute beträgt bei Äpfeln circa 75 Prozent. Es ist alles drinnen, was auch vorher Bestandteil des Apfels war, ausgenommen die Feststoffe, die beim Pressen wegfallen. Neben sekundären Pflanzenstoffen, Vitaminen, Kalzium, Kalium und Magne­sium enthält Apfelsaft vor allem viel (Frucht-)Zucker. Daher sollte man ihn am besten gespritzt trinken. „Apfelsaft wird primär für den Genuss getrunken. Ein sehr guter Apfelsaft schmeckt auch stark verdünnt geschmacklich noch immer sehr intensiv“, klärt der Profi auf. Die Auslobung „Kein Zucker zugesetzt“ sei jedoch ein klassischer Werbeschmäh, da Apfelsaft ohnehin nicht „aufgezuckert“ werden darf. Bei der Herstellung dürfen Zitronensäure (zur Säurekorrektur) und Ascorbinsäure (als Antioxidationsmittel) verwendet werden, diese sind jedoch zu deklarieren. Es gibt aber auch Zusatzstoffe (z. B. Schönungsmittel), die nicht deklarationspflichtig sind, weil sie nicht im fertigen Saft verbleiben. 

Generell gebe es einen Trend hin zu reinsortigen Säften: „Das ist eine Nische für Kleinerzeuger, in der sie sich positionieren können. Sie können hier mit einer unglaublichen Vielfalt punkten.“ Frei nach dem Motto: Wer etwas Besonderes sucht, kauft beim bäuerlichen Direktvermarkter. 

Der Apfel ist zudem ein Musterbeispiel für Kreislaufwirtschaft, denn der überbleibende Trester ist kein Abfall, sondern ein hochwertiges Produkt. Er wird unter anderem zur Pektingewinnung sowie für die Nutz- und Wildtierfütterung verwendet. Apfeltrester kann auch getrocknet, vermahlen und zum Backen verwendet werden.

Pressobst: Nur Bruchteil stammt aus Österreich

Für einen Liter Saft braucht man circa 1,3 Kilo Äpfel. Pro Kopf konsumieren Österreicher jedes Jahr circa sieben Liter Apfelsaft. Die Konsumenten können aus einem großen Spektrum wählen. Woher die darin verarbeiteten Äpfel kommen, ist für sie in den meisten Fällen jedoch nicht erkennbar. Lust aufs Land hat daher wieder einmal „genau geschaut“. 

„Wo immer es möglich ist, setzen wir als Partner der österreichischen Landwirtschaft auf regionale und saisonale Rohstoffe. Da aber leider nicht alle Rohstoffe das ganze Jahr über in ausreichender und der für die Weiterverarbeitung notwendigen Qualität verfügbar sind, muss laufend importiert werden“, erklärt Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie. Wie die Versorgungsbilanz der Statistik Austria zeigt, ist das auch bei Äpfeln für die Weiterverarbeitung der Fall. Nur zehn bis 15 Prozent des hierzulande verarbeiteten Pressobstes stammen aus Österreich. „Wir haben zu wenig von den billigen Äpfeln“, weiß auch Steiner.

Sowohl Äpfel als auch Konzentrate werden global gehandelt, da Qualitäten, Mengen und Preise von den weltweiten Ernten abhängen und entsprechend schwanken. EU-weit sind Polen und Ungarn die größten Apfelproduzenten – beide mit extrem steigender Tendenz. Weltweit hat China die Nase vorne. Das Reich der Mitte hätte die Verarbeitungskapazität, um den Weltbedarf an Apfelsaftkonzentrat zu decken. „Bei Apfelsaftkonzentrat kann man jedenfalls davon ausgehen, dass die darin verarbeiteten Äpfel aus dem Ausland stammen“, so Saftexperte Steiner.

Wissenswert:
Konzentrat: Die Früchte werden im Anbauland geerntet, Aroma und Wasser entzogen und im Verbrauchsland zurückverdünnt. Dadurch gehen Nährstoffe verloren. Direktsaft: Ernte zur besten Reifezeit, gleich nach dem Pressen abgefüllt. Fruchtaroma, natürliche Süße, Vitamine und die so wichtigen sekundären Pflanzenstoffe bleiben voll erhalten.

Kosterei: Apfelsaft im Test

Lust aufs Land hat eine Jury von sieben Personen aus dem Lebensmittelbereich zur anonymen Verkostung gebeten. Dabei wurden Unterschiede verschiedener Apfelsäfte nach Optik, Geruch, Geschmack sowie Harmonie subjektiv beurteilt.  Die Auswahl wurde zufällig aus dem Angebot gängiger Produkte getroffen. Es wurde keine Aktionsware gekauft. Das durchschnittliche Ergebnis sowie der Preis wurden für jede Apfelsaftsorte unten bildlich wiedergegeben. Auf den ersten drei Plätzen liegen Säfte von bäuerlichen Produzenten. Generell haben Direktsäfte besser abgeschnitten als Säfte, die aus Konzentrat hergestellt wurden.

Bildquellen

  • Apfelsaft: mahey - stock.adobe.com