Schulden mit nur einem Klick
Immer mehr Jugendliche geben Geld aus, das sie nicht haben. Lust aufs Land ist der Frage nachgegangen, warum und was dagegen unternommen wird.
Spontan auf TikTok ein Trendprodukt für den anstehenden Sommerurlaub entdeckt, per App bestellt, mit einem Klick gekauft und gezahlt wird dann „irgendwann“. Was verlockend klingt, endet für viele junge Menschen in einer finanziellen Sackgasse. Die Zahl der unter 30-Jährigen, die sich in Oberösterreich an Schuldnerberatungsstellen wenden, steigt. Laut einer Hochrechnung für 2024 machen sie circa ein Viertel aller Neuzugänge in den Beratungseinrichtungen aus das sind mehr als 850 junge Menschen. In Anbetracht zunehmender Firmeninsolvenzen wird in den kommenden Jahren eine verstärkte Nachfrage für Schuldnerberatungen erwartet.
Der Einfluss der Online-Welt
Zahlungsanbieter wie Klarna oder Apple Pay machen das Einkaufen extrem niederschwellig und ermöglichen in vielen Fällen sogar Ratenzahlung. Beliebte Online-Händler wie Temu oder Shein locken mit einer Vielzahl günstiger Produkte aus aller Welt und in den sozialen Medien boomen Einkaufs-Challenges, bei denen Jugendliche ihre gesammelten Einkäufe in Videos präsentieren.
Darüber hinaus setzen Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Instagram stark auf Zielgruppenanalysen. „Die heutige Konsumwelt ist bestens durchorganisiert“, so Thomas Berghuber, Geschäftsführer der Schuldnerberatung Oberösterreich, die so wie die Schuldnerhilfe Oberösterreich zu den
zwei staatlich anerkannten Schuldnerberatungsstellen im Bundesland zählt. Mithilfe ausgeklügelter Algorithmen der Social-Media-Dienste lassen sich bestimmte Personengruppen gezielt ansprechen passende Angebote werden individuell abgestimmt und direkt ausgespielt. „Der Sommer ist Ferienzeit viele Menschen verbringen vielleicht noch mehr Zeit online und geraten so leichter in Versuchung, das eine oder andere Produkt zu kaufen“, betont Berghuber. Zusätzlich sei man in der Urlaubszeit eher geneigt, es sich gut gehen zu lassen und gebe dadurch oft unüberlegt mehr Geld aus. „Man sollte seine Einnahmen und Ausgaben aber immer streng im Blick behalten“, rät Berghuber.
„Wir wollen nicht, dass unsere Jugendlichen die Klienten von morgen
in der Schuldnerberatung werden.“
Landesrat Shristian Dörfel
Schwere Folgen für die Zukunft
Insbesondere Zinskosten, die etwa bei Ratenzahlungen anfallen, würden häufig unterschätzt: „Die Zinskostenspirale kann eine ganz gefährliche Dynamik entwickeln. Wenn dann ,das ganz normale Leben‘ dazwischenkommt und man plötzlich mit zusätzlichen Ausgaben wie einer unerwarteten Autoreparatur konfrontiert wird, das nötige Geld aber fehlt, weil laufende Raten zu bedienen sind, wird die tatsächliche Belastung erst richtig spürbar“, so Berghuber. Ein weiteres Problem sei zudem die fehlende seriöse Kreditprüfung vieler Anbieter. Die Folge seien offene Rechnungen, Mahngebühren und im schlimmsten Fall Inkassoverfahren. Eine hohe Verschuldung bereits im Jugendalter könne erhebliche Folgen für die weitere Lebensgestaltung haben. Spätere Träume könnten unerreichbar werden, warnt auch Johannes Kletzl, Geschäftsführer der Schuldnerhilfe Oberösterreich: „Eine Verschuldung in jungen Jahren führt zu schlechter Bonität, die Betroffene lange begleitet. Dies steht zukünftigen Projekten wie zum Beispiel Wohnraumschaffung oder dem Abschluss von Verträgen im Weg.“

Studie zeigt: Jugendliche wünschen sich an Schulen mehr Bildung in Sachen Finanzen
Die Ö3-Jugendstudie 2025 zeigt, dass sich Jugendliche (befragt wurden 16- bis 25-Jährige) Finanzbildung als Schulfach wünschen. So antworteten sie auf die Frage „Wenn ich Bildungsminister:in wäre, würde ich als Schulfach einführen…“ folgendermaßen:
Bildung als Schlüssel
Das Thema Finanzbildung sei daher gekommen, um zu bleiben. Dabei gehe es nicht darum, sich mit überaus komplizierten Inhalten auseinanderzusetzen, sondern vielmehr darum, sich grundlegendes Wissen anzueignen, um vernünftig planen zu können und die eigenen Einnahmen und Ausgaben im Blick zu behalten. „Wir wollen nicht, dass unsere Jugendlichen durch digitale Lockangebote die Klienten von morgen in der Schuldnerberatung werden“, so Sozial- und Jugendlandesrat Christian Dörfel. Ein wichtiges Instrument der Prävention sei etwa der oberösterreichische Finanzführerschein – dieser zähle hierzulande in vielen Schulen zu einem Fixpunkt im Schuljahr. Seit 2008 gibt es das erfolgreiche Konzept bereits, die Nachfrage dafür steige von Jahr zu Jahr. Weiters bündle man gemeinsam mit den beiden Vereinen, die im Auftrag des Landes die Schuldnerberatung abwickeln, sowie dem Jugend-Service die Kräfte, um auf die Gefahren schneller Verschuldung aufmerksam zu machen und jungen Menschen im Land das nötige Rüstzeug in Sachen Finanzbildung mitzugeben. Ein Bündel an Maßnahmen darunter Schulworkshops mit erfahrenen Trainern, ein dafür eigens entwickeltes Finanzspiel, Beratungsangebote, Kampagnen und vieles mehr sei dazu ausgearbeitet worden. Dabei setze man vor allem auf praxisrelevante Angebote. In interaktiven Workshops an Schulen soll so etwa der richtige Umgang mit Geld vermittelt werden. Unabhängige Experten geben dazu vielerlei Tipps und altersgerechte Informationen. So soll Jugendlichen auf realistische Weise vermittelt werden, wie sich Finanzentscheidungen auswirken – von Miete und Gehalt bis hin zu unerwarteten Einnahmen und Ausgaben.
Nähere Infos zu den Workshops unter: www.jugendservice.at/fuer-schulen/workshops/finanzfit
Finanzspiel für Jugendliche

Mit „Money, my Money“ werden Jugendliche spielerisch bei der Entwicklung von Finanzkompetenzen unterstützt. Vereine, Jugendzentren und Schulen können das Brettspiel „Money, my Money” kostenlos beim Jugend-Service ausleihen.
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