Mut zur Lücke
Angesichts der Klimakrise ist die Rückgewinnung versiegelter Flächen dringend erforderlich. Hierfür gibt es zahlreiche Maßnahmen, die auch gefördert werden.
Jeden Tag werden in Österreich derzeit fast zwölf Hektar Boden verbraucht. Das entspricht umgerechnet der Fläche von 17 Fußballfeldern. „Wir müssen jedenfalls eines bedenken: Der Boden ist unsere einzige Ressource, mit der Lebensmittel produziert werden können“, betont Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung.Denn durch das Zubetonieren wertvoller agrarischer Flächen werde auch die Versorgungssicherheit im Land gefährdet.
Die Versiegelung von Bodenflächen durch Baumaßnahmen hat aber noch zahlreiche andere weitreichende ökologische Konsequenzen. Sie führt zu einem Verlust der natürlichen Bodenfunktionen, wie der Regulierung des Wasserkreislaufs und der Bereitstellung von Lebensräumen für Flora und Fauna. „Versiegelte, verdichtete und vegetationsarme Flächen verstärken die Klimakrise“, betont Sibylla Zech, Professorin am Institut für Raumplanung der TU Wien. Auch wenn sich die Neuinanspruchnahme von Flächen zuletzt leicht verringert habe, ist der Bodenverbrauch hierzulande im internationalen Vergleich weiter hoch.
Rückgewinnung von Flächen
Daher brauche es neben der Verminderung künftiger Versiegelung zugleich die Rückgewinnung bereits versiegelter Flächen. Die sogenannte Entsiegelung ermöglicht es dem Regenwasser, wieder in den Boden einzudringen, was die Grundwasserneubildung fördert und das Risiko von Hochwasserereignissen reduziert. Zudem trägt sie zur Verbesserung des Kleinklimas bei, indem sie die Verdunstung erhöht und die Luftfeuchtigkeit reguliert. Dies wiederum kann zur Abkühlung von (urbanen) Hitzeinseln beitragen und die Lebensbedingungen in dicht besiedelten Gebieten verbessern.
Vielzahl an Maßnahmen
Es gibt eine Vielzahl von Methoden, um Flächen zu entsiegeln und gleichzeitig ihre Nutzbarkeit zu erhalten. Eines jedoch vorweg: Die optimale Form der Entsiegelung die vollständige Beseitigung jeder Befestigung und Umwandlung in Garten- und Grünflächen ist in vielen Fällen leider nicht mehr möglich.
Trotzdem: „Unnötig versiegelte Flächen, etwa ungenutzte Wege, steinerne Vorgärten, Zufahrten und Abstellplätze können Eigentümer einfach selbst entsiegeln und attraktiv gestalten“, erklärt Zech. Wasserdurchlässige Beläge wie Schotterrasen, Porenpflaster oder Rasengitter- oder Betonsteine sind praktikable Alternativen zu herkömmlichen Versiegelungsmaterialien. Diese ermöglichen nicht nur die Versickerung von Niederschlägen, sondern bieten auch eine stabile Oberfläche für Wege, Parkplätze und andere Nutzflächen. Vor der Planung sollte man jedenfalls immer überlegen, wofür die Fläche genutzt wird, denn es ist nicht jede wasserdurchlässige Alternative überall möglich.
Eine weitere effektive Maßnahme zur Entsiegelung, insbesondere im städtischen Bereich, sind Dachbegrünungen. Sie können erhebliche Mengen an Regenwasser speichern und dieses verzögert an die Umgebung abgeben.
Eine weitere natürliche Methode, um den Wasserkreislauf zu unterstützen, ist die Anlage von Mulden, in denen Regenwasser gesammelt und versickert werden kann. Diese können als gestalterische Elemente in Gärten und Parks integriert werden und bieten zusätzlichen Lebensraum für Pflanzen und Kleintiere.
Jeder Quadratmeter zählt
Die Auswahl von durchlässigen Materialien für Gartenwege, die Reduzierung von Pflasterflächen zugunsten von Grünflächen oder die Anlage von Regenwassergärten sind nur einige Beispiele, wie Entsiegelungsmaßnahmen umgesetzt werden können. Die Rückgewinnung versiegelter Flächen ist aber nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine Frage des Bewusstseins und des Willens, Veränderungen herbeizuführen. Es erfordert die Zusammenarbeit von Politik, Unternehmen und Bürgern, um gemeinsam an der Schaffung grüner und nachhaltiger Lebensräume zu arbeiten. Jeder Quadratmeter entsiegelter Fläche zählt und trägt zur Verbesserung der ökologischen Bedingungen bei. Daher braucht es hier Mut zur Lücke weniger grau, mehr grün.
Bildquellen
- Bildschirmfoto-2024-03-22-um-11.26.32: Land OÖ (Fotomontage)
- Latticed concrete paving slab. Element for the improvement of parks and back yards: Land OÖ (Fotomontage)