Früh übt sich Regionalität
Neues Schuljahr, neue Erfahrungen: Oberösterreichs Seminarbäuerinnen machen Landwirtschaft greifbar und bringen Regionalität ins Klassenzimmer.
Wenn die Blätter bunt werden und die Tage kürzer, beginnt für Kinder und Jugendliche ein weiteres Schuljahr. Mit ihm kommen nicht nur frische Bücher und Hefte, sondern auch Eindrücke und Erfahrungen, die den Alltag prägen. Genau hier setzen die oberösterreichischen Seminarbäuerinnen an: Mit ihrem vielfältigen Workshop-Angebot holen sie Lebensmittelbildung direkt in Kindergärten und Schulen praxisnah, spannend und mit viel Bezug zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen.
Lernen mit allen Sinnen für ein tiefes regionales Verständnis
Das Angebot reicht von altersgerechten Workshops ab dem Kindergartenalter bis hin zu jungen Erwachsenen. Ergänzt wird es seit Kurzem durch „Kochen macht Schule“ ein speziell auf den Hauswirtschafts- beziehungsweise Kochunterricht abgestimmtes Format, initiiert vom Land Oberösterreich in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer und dem Ländlichen Fortbildungsinstitut (LFI). Statt reiner Theorie stehen praktische Erfahrungen im Vordergrund: Kinder und Jugendliche kochen gemeinsam mit den Seminarbäuerinnen und lernen so, bewusst mit Lebensmitteln umzugehen, Freude am Kochen zu entwickeln und die Bedeutung von Regionalität und Saisonalität zu verstehen.
Die Themen, die dabei abgedeckt werden, sind abwechslungsreich: vom Brotbacken über schnelle Gerichte bis hin zur Herstellung von Milchprodukten, fermentierten Lebensmitteln oder kreativen Ideen zur Resteverwertung im Sinne der Nachhaltigkeit – jedes Projekt wird individuell geplant und auf die jeweilige Gruppe beziehungsweise Klasse abgestimmt.
„Die Zahl der Kinder mit Bezug zur Landwirtschaft sinkt seit Jahrzehnten. Umso wichtiger ist es die Wissbegierde über Ernährung, Regionalität und Landwirtschaft zu stärken.“
Michaela Langer-Weninger
Bäuerinnen als Vermittler für die heimische Landwirtschaft
Ob frisches Brot aus dem Ofen, selbstgerührte Butter oder knackiges Gemüse direkt vom Feld – solche Erfahrungen prägen stärker als jedes Lehrbuch. Die circa 45 Seminarbäuerinnen aus allen Regionen des Landes bringen dabei nicht nur Leidenschaft, sondern auch fundiertes Fachwissen mit: Sie sind erfahrene Landwirtinnen mit zusätzlicher Qualifikation in Ernährungs- und Lebensmittelkunde. Durch ihre Ausbildung zur Seminarbäuerin über einen Zertifikatslehrgang am LFI vermitteln sie Inhalte anschaulich, motivieren die Teilnehmenden zum Mitmachen, erklären komplexe Zusammenhänge altersgerecht und gestalten einen lebendigen, praxisorientierten Unterricht. Regelmäßige Fort- und Weiterbildungen sorgen dafür, dass sie stets auf dem neuesten Stand der ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse bleiben. „Es macht mir große Freude, in Klassenzimmern und Schulküchen unterwegs zu sein. Dort kann ich direkt mit den jungen Menschen arbeiten und ihnen spielerisch das Wissen rund um regionale Lebensmittel und unsere Landwirtschaft vermitteln“, berichtet die ausgebildete Seminarbäuerin Magdalena Mehringer aus Alberndorf.
Kontakt zwischen Konsumenten von morgen und Landwirtschaft
Wenn Kinder neugierig den Stall betreten, Kühe zum ersten Mal aus nächster Nähe sehen oder selbst Hand beim Kochen mit regionalen Zutaten anlegen dürfen, entsteht etwas Wertvolles: ein unmittelbarer Bezug zur Landwirtschaft. Solche Erfahrungen prägen, wecken Interesse und schaffen Verständnis für die Menschen, die Lebensmittel produzieren. Eine Verbindung zwischen Landwirtschaft und Bevölkerung zu schaffen, scheint heute wichtiger denn je. „Die Zahl der Kinder mit direktem Bezug zur Landwirtschaft sinkt seit Jahrzehnten. Bäuerinnen und Bauern machen nur noch drei Prozent der Bevölkerung aus, versorgen aber über viele Lebensmittelgruppen zu 100 Prozent mit heimischer Qualität. Umso wichtiger ist es, den Dialog zu suchen, die Informationsbasis zu stärken und die Wissbegierde über gesunde Ernährung, Regionalität und Landwirtschaft“, betont Agrar- und Ernährungslandesrätin Michaela Langer-Weninger. Und wer könnte diesen Dialog besser führen als die Vertreter bäuerlicher Familien? Mit Initiativen wie den Genusscamps in den Sommerferien, dem erfolgreichen Programm „Schule am Bauernhof“ oder dem neuen Projekt „Kochen macht Schule“ werden lebendige Lernräume geschaffen und Türen in die Welt der Landwirtschaft geöffnet. Denn moderne Landwirtschaft bedeutet auch, Konsumenten mitzunehmen und ihnen Einblicke in die Herkunft und den Wert der Lebensmittel zu geben.
Bewusstsein stärken durch förderbare Programme
Das Projektangebot der Seminarbäuerinnen – von Workshops in Schulen und Kindergärten bis zum Programm „Schule am Bauernhof“ zählt zu den agrarpädagogischen Maßnahmen und wird vom Landwirtschaftsministerium (BMLUK) im Rahmen der Ländlichen Entwicklung gefördert. Ziel ist die Bewusstseinsbildung zu landwirtschaftlichen Themen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Alle drei Programme sind zu 100 Prozent förderbar lediglich die Unterrichtsmaterialien wie Lebensmittel müssen von den Schülern selbst getragen werden.
Mit der Plattform www.esserwissen.at bietet die Landwirtschaftskammer Oberösterreich einen digitalen Lernraum, in dem Ernährungswissen lebendig, praxisnah und regional vermittelt wird. Gerade zum Schulstart im Herbst können Kinder, Jugendliche und Lehrkräfte dort wertvolle Inhalte entdecken, die Ernährungskompetenz stärken und den Alltag bereichern.
Angebot auf einen Blick
Das Angebot der Seminarbäuerinnen
ist vielfältig und erlebnisreich:
■ Zielgruppe: Kinder und Jugendliche von 4 bis 21 Jahren
■ Inhalte: Praxisnahe Workshops rund um heimische Lebensmittel und Landwirtschaft z. B. Milch-, Gemüse-, Ei- oder Burgerworkshops sowie die Geschmacksschule
■ Format: Die Seminarbäuerinnen kommen direkt in den Kindergarten oder die Schule und gestalten interaktive Lernräume
■ Ziele: Herkunft, Qualität und Verarbeitung von Lebensmitteln kennenlernen, Alltagskompetenzen stärken und Bewusstsein für nachhaltige Ernährung entwickeln
■ Mehr Infos und Buchung: ooe.lfi.at/schule

In der kommenden Ausgabe der Lust aufs Land möchten wir über alternative Kinderbetreuung berichten.
Haben Sie eigene Erfahrungen, spannende Projekte oder kreative Lösungen? Dann melden Sie sich bei uns!
Themenbeispiele: Kinderbetreuung in kleinen Dorfgemeinschaften, selbst organisierte Gruppen oder Nachbarschaftshilfe, Natur- oder Bauernhofprojekte für Kinder, innovative Betreuungsmodelle fernab klassischer Einrichtungen.
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