Brauchtum

Post für das Christkindl

BRAUCHTUM. Steyr, die drittgrößte Stadt Oberösterreichs, beherbergt den Wallfahrtsort Christkindl. Im Advent herrscht dort Hochbetrieb – alles dreht sich um Weihnachten.  

Christkind oder Weihnachtsmann? Diese Diskussion gibt es rund um Steyr nicht. Dort ist das Christkind quasi daheim – zumindest hat es dort eine eigene Anschrift: Das Postamt Christkindl im gleichnamigen Stadtteil, das mittlerweile bei Kindern aus der ganzen Welt als Adresse für Weihnachtswünsche bekannt ist.

Der Wallfahrtsort Christkindl mit seiner barocken Kirche ist seit jeher das Zentrum des Weihnachtsgeschehens und mit dem Postamt Christkindl weltweit berühmt geworden. Der himmlische Name veranlasste die Österreichische Post im Jahr 1950, dort ein sogenanntes „Weihnachtspostamt“ einzurichten. Mittlerweile sind es alljährlich mehr als eineinhalb Millionen Briefsendungen, die dort mit Weihnachtsmarke und Christkindl-Poststempel versehen werden.  

Kein SMS, kein WhatsApp

Wer das Christkind erreichen will, der muss auch im digitalen Zeitalter zum Althergebrachten greifen: Stift und Briefpapier oder Postkarte sind gefragt, wenn es über das Postamt Christkindl gehen soll. Briefen von Kindern sollte am besten ein frankiertes und adressiertes Rückkuvert beigelegt sein. Auf eine Antwort vom Christkind darf auf jeden Fall gehofft werden. „Acht- bis zehntausend Briefe oder Karten, die Kinder an das Christkind schreiben, bekommen wir jedes Jahr“, sagt Martina Prinz, Leiterin des Postamts Christkindl. Natürlich gehe es bei den jungen Briefschreibern vielfach um materielle Wünsche. Da wird gezeichnet, geschrieben oder aus Prospekten oder Katalogen ausgeschnittten und aufgeklebt. „In den vergangenen zwei Jahren hat sich das geändert. Da ist es sehr viel um Corona gegangen. In den Briefen ist klar ersichtlich gewesen, wieviele Gedanken sie sich dazu gemacht haben. Die Kinder haben sich gewünscht, dass Corona wieder aufhört, dass sie wieder in die Schule gehen können oder dass sie ihre Großeltern wieder treffen können“, erzählt Prinz. Nicht nur heimische Kinder kennen die Adresse des Christkinds: Post kommt ebenso aus Europa und Übersee. „Heuer war schon ein Brief aus Taiwan dabei“, so Prinz. 

Briefe an:

Postamt Christkindl
Christkindlweg 6
4411 Christkindl  

Geheilt im „Wald unterm Himmel“

Die Geschichte der Wallfahrtskirche mit dem offiziellen Namen „Zum göttlichen Christuskind“, örtlich auch „Zum Christkindl unterm Himmel“ genannt, reicht bis an das Ende des 17. Jahrhunderts zurück. Der Überlieferung nach war es im Jahr 1695, als der Steyrer Stadtkapellmeister und Betreuer der Feuerwache, Ferdinand Sertl, regelmäßig aus der Stadt heraus kam, weil er dort eine kleine Wachsfigur des Christkindes in die Höhlung einer Fichte gestellt hatte und davor stets um Heilung seiner Epilepsie betete. Als er von seiner Krankheit erlöst wurde, kamen so viele Wallfahrer, dass auf der dortigen Anhöhe – einst „Wald underm Himmel“ genannt, schließlich der Bau einer Kirche in Auftrag gegeben wurde. Der Kirchenbau wurde im Jahr 1702 begonnen und der Name „Christkindl unterm Himmel“ war geboren. Heute noch befindet sich dort in einem Schrein am Hochaltar das zehn Zentimeter große Wachs-Christuskind. 

Christkind zum Angreifen

Das personifizierte Steyrer Christkindl wurde hingegen erst im Jahr 2007 ins Leben gerufen. Fünf junge Damen schlüpfen in der Weihnachtszeit abwechselnd in das Kostüm und werden so zu den Repräsentantinnen der Christkindlstadt. So liest das Christkind etwa jeden Adventsonntag um 15 Uhr am Christkindlmarkt Promenade den jüngsten Gästen Märchen vor. 

Neben Weihnachtspostamt und Wallfahrtskirche lockt das „1. Österreichische Weihnachtsmuseum“ in die drittgrößte Stadt Oberösterreichs. Dort findet sich eine Sammlung an historischem Christbaumschmuck aus den Jahren 1830 bis 1945, insgesamt 14.000 Stück, gefertigt aus Glas, Por­zellan, Metall, Pappe oder Papier. Dazu 200 Puppen und Puppenhäuser. Eine Erlebnisbahn führt im Haus in Schienengondeln über drei Etagen bis hinauf in die „Engelwerkstatt“ im Dachgeschoß. Im alten Pfarrhof gibt es Krippenraritäten zu besichtigen, etwa die „Mechanische Krippe“ mit 300 Figuren, die sich bewegen, oder die „Pöttmesser Krippe“, eine der größten orientalischen Landschaftskrippen der Welt. 

Mit dem „Steyrer Kripperl“ verfügt die Christkindlstadt auch über eines der letzten noch bespielten Stabpuppen-Theater im deutschen Sprachraum. Der Adventmarkt in der Altstadt, der Christkindlmarkt entlang der Promenadenallee und der Schloss-Lamberg-Advent runden das vorweihnachtliche Angebot ab, das durch einen Pendelverkehr mit einem Oldtimerbus in den Stadtteil Christkindl und mit der Steyrtal Museumsbahn zum Adventkalenderdorf Steinbach an der Steyr abgerundet wird. 

Öffnungszeiten
Das Postamt Christkindl öffnet seine Pforten in der Zeit von 25. November bis 23. Dezember 2022 täglich: Montag bis Donnerstag jeweils von 10 bis 16 Uhr, an Samstagen, Sonn- und Feiertagen jeweils von 10 bis 17 Uhr. Am 24. und 31. Dezember wird von 9 bis 12 Uhr geöffnet, am 25. und 26. Dezember sowie am 1. Jänner ist geschlossen. Zwischen 27. Dezember und 6. Jänner wird noch von 10 bis 14 Uhr geöffnet.  

Bildquellen

  • Christkindl: Der Botagraph, Ursula Gsöllpointner/Österreichische Post AG