Stehend rudern
BRAUCHTUM – Holzzillen sind stabil, flexibel in ihrer Ausführung und vor allem wesentlich für die Wasserrettung. Zillenbauer gibt es allerdings nur wenige. Ihre Handwerksarbeit ist gefragt.
Aufrecht stehend rudern oder gegenwärts schieben – viel Training braucht es, um eine Zille sicher fortbewegen zu können. Die Zille ist ein flachbodiges Wasserfahrzeug, das bis heute vor allem im österreichischen und deutschen Donauraum anzutreffen ist. Das Holzboot ist scheinbar unbekannt, doch der Wissen über seine Nutzung kann in Zeiten eines Hochwassers immens bedeutend sein. Zählte man einst zwischen Passau und Aschach an der Donau 13 Zillenbauer, gibt es österreichweit heute nur mehr zwei ihrer Zunft. Beide sind angesiedelt in Niederranna, einem ehemaligen Fischerdorf unweit der Schlögener Schlinge.
Einer dieser Zillenbauer ist Christian Königsdorfer. Der 32-Jährige führt die Tradition des elterlichen Betriebes fort, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1820 zurückreichen. Die Zille wurde in Orten wie Niederranna bis zum Bau der Donaubrücke 1980 als alltägliches Fortbewegungsmittel benutzt. Heute geben Angler, Freizeitkapitäne oder Feuerwehren eine Zille in Auftrag. „Die Zille sorgt durch ihre einfache Form für hohe Stabilität am Wasser und kippt weniger leicht um“, sagt der Zillenbauer. Darum ist sie äußerst beliebt unter Fischern. Der Naturwerkstoff Holz anstatt Kunststoff spricht viele an. Auch der Preis ist gegenüber Motorbooten günstig. Einzigartig wird jedes Boot durch die Flexibilität an Breite, Länge und Höhe bei der Herstellung. So kann eine kleine Zille mit um die vier Meter Länge bereits ab 1500 Euro erworben werden. Um die 25 Stunden arbeitet Christian Königsdorfer mit seinem kleinen Team daran. Doch wenn es sich um eine große Zille mit bis zu acht, oder gar eine Sonderanfertigung mit 15 Metern Länge handelt, inklusive Sonderausstattung wie Motor, Beleuchtung, Tische und Stühle, sind hundert und mehr Arbeitsstunden einzurechnen.
Einsatz bei Hochwasser
Doch vor allem besticht die Zille durch ihren niedrigen Tiefgang mit nur zehn bis 20 Zentimetern. Und genau aus diesem Grund ist dieses Holzboot für den Einsatz bei Hochwasser unerlässlich. In Oberösterreich forcieren die Feuerwehren seit 1962 die Wasserdienstgrundausbildung, um für den Einsatzfall gerüstet zu sein. „Grundsätzlich wird die Zille zu zweit gefahren, doch im Ernstfall muss dies auch allein möglich sein“, erklärt Günter Unterholzer, Landes-Bewerbsleiter für Wasserwehrleistungsbewerbe. „Wir brauchen gut ausgebildete Zillenfahrer, auch außerhalb der Hochwassergebiete“, so Unterholzer. Das hätten die vergangenen beiden Hochwasser 2002 und 2013 gezeigt: Die Feuerwehren seien bereits an ihre Reserven gestoßen. Dass das Zillenfahren noch immer Relevanz hat, zeigt auch der Bundes-Wasserwehrleistungsbewerb, der heuer erstmals in Oberösterreich stattfindet. 480 Zillenbesatzer messen sich am 14. September 2019 in Ach/Salzach im Steuern einer Zille.
Handwerk von Anfang bis Ende
Dem Zillenbauer Königsdorfer gefällt an seiner Arbeit „der Bau von Anfang bis Ende“. Gut gepflegt hält sich die Zille um die zehn Jahre. Boden und Wände werden aus Holzplatten zugeschnitten und geschäftet (verlängert). Spanden werden als Querverstärkung gefertigt, und dafür die schräge Verbindung zwischen Wand und Boden ausgehobelt. Schließlich wird alles zusammengesetzt und verleimt. Im Gegensatz zu einem Fass werden bei einer Zille die Holzplatten aus Fichte oder Lärche nicht gedämpft, sondern eingespannt und so in Form gebogen. Abschließend folgt noch eine Dünnschichtlasur. „So kommt etwas Gescheites heraus“, sagt Königsdorfer. Wer mehr über die Zille erfahren möchte: Im Hotel und Seminarkultur an der Donau in Waldkirchen am Wesen gibt es ein kleines Zillenmuseum.
Bildquellen
- Historische Zillenfahrt: Zillenbau Königsdorfer
- Abdichten: Zillenbau Königsdorfer
- Bewerb: FF Wesenufer
- Zillenbau: Veronika Enzinger-Heinzl
- Zillenbau: Veronika Enzinger-Heinzl
- Zillenbau: Veronika Enzinger-Heinzl
- Zillenbau: Veronika Enzinger-Heinzl