Brauchtum

Aus Draht geflochten

HANDWERK. Was einst zur gewöhnlichen Winterarbeit auf den Höfen zählte, beherrscht heute kaum noch jemand: Drahtkörbe flechten. Das alte Handwerk würde aussterben, gäbe es nicht vereinzelte Idealisten.

Es heißt zwar flechten, doch genau genommen wird Draht um Draht gegeneinander verdreht, bis ein grobmaschiges Netz entsteht. Das sieht man, wenn man Alois Kühberger aus Eberschwang bei der Arbeit über die Schulter schaut. Geschickt verbindet der Innviertler Drahtreihe um Drahtreihe. Seine Finger sind flink – und geeicht: Schmerzhafte Blasen durch das Ziehen am Draht bekommt er nicht mehr. „Das habe ich schon hinter mir“, lacht der 67-Jährige, dessen Anfänge im Drahtkorbflechten schon 30 Jahre zurückliegen. „Aber ich hätte damals fast wieder aufgehört, weil mir die Finger so weh getan haben“, erinnert sich Kühberger.

Er hat die alte Handwerkskunst auf einem Markt kennengelernt. Der damalige Aussteller hat seine Chance auf einen „Lehrling“ gleich gewittert und auch ergriffen. Heute ist Alois Kühberger es, der auf Märkten umringt wird, wenn er sich beim Drahtflechten zuschauen lässt. Und auch ihm ist es ein Anliegen, dass dieses Wissen nicht in Vergessenheit gerät und auch in Zukunft noch Drahtkörbe hergestellt werden, selbst wenn diese nicht mehr ihre ursprüngliche Funktion haben. Früher wurden die Körbe – auch als „Drahtzega“ oder „Drahtzöger“ bekannt – vor allem zum Erdäpfelklauben verwendet. „Das war praktisch, weil die Erde gleich durchgefallen ist und man die Erdäpfel im Korb waschen konnte“, sagt Kühberger. Auch Obst oder Nüsse wurden gerne in Drahtkörben gesammelt. Heute werden die Körbe eher zu Dekorationszwecken verwendet oder mit Spezialitäten gefüllt verschenkt. Alois Kühberger hat daher auch verschiedene Größen und Formen in seinem Repertoire. 

Ein Korb, viele Erinnerungen

Seine Kunden findet er auf Märkten und via Mundpropaganda. Am weitesten gereist ist jener Korb, den ihm ein ausgewanderter Landsmann abgekauft hat. „Er hat ihn als Kindheitserinnerung mit nach Australien genommen“, so Kühberger. Erinnerungen würden die Körbe bei vielen wecken, vor allem bei der älteren Generation. „Mir sind dadurch schon viele Lebensgeschichten erzählt worden“, schmunzelt der Innviertler, der früher als Schlosser gearbeitet hat. 

Das Drahtgeflecht für einen Korb herzustellen dauert etwa einen Tag. Davor fertigt er das Rundgestell an, das die Form des späteren Korbes vorgibt. Als Tragegriff dient der Zweig einer Haselnussstrauch. Damit sich dieser in die gewünschte Form biegen lässt, muss er zur richtigen Zeit geschnitten werden. „Am besten im Frühjahr oder im Herbst“, so Kühberger. Noch arbeitet er selbst mit Freude an den Drahtmaschen. Die nächste Generation, die sich – und ihre Finger – an das Handwerk herantasten könnte, wäre mit Schwieger- und Enkelsohn bereits im Haus.

Bildquellen

  • Drahtflechten: Lust aufs Land / Cacha