Lebensmittel & Ernährung

Den Darm gesund halten

ERNÄHRUNG. Billionen von Bakterien besiedeln unseren Darm – und das ist auch gut so, denn deren Vielfalt hält gesund. Vielfältiges Essen hilft dabei, sie auch zu erhalten. 

Über seinen Darm und die Vorgänge darin zu sprechen war nicht immer salonfähig. Dabei ist ein gesunder Darm essenziell für das Wohlbefinden jedes Menschen.

Junges Forschungsgebiet

Das Themenfeld der Darmforschung ist noch ein relativ junges. Der Begriff „Mikrobiom“ steht genau genommen für die Summe aller Mikroorganismen, die den Menschen besiedeln. Er wird aber häufig gleichgesetzt mit der Darmflora, die sich nur auf das Mikrobiom des Darmes bezieht. Wirklich populär geworden ist die Forschung am Darm-Mikrobiom erst in diesem Jahrtausend.

Das Organ ist allein aufgrund seiner Dimensionen schon beeindruckend: Sieben bis neun Meter ist der Darm lang. „Auch seine Oberfläche ist faszinierend, denn die würde ausgebügelt eine Fläche von 200 bis 400 Quadratmetern ausmachen“, erläutert Katrin Fischer, Ernährungswissenschafterin und Leiterin der Plattform „Esserwissen.at“. 

Das Riesenorgan Darm ist von ungefähr 100 Billionen Bakterien, von denen es 1000 bis 1500 verschiedene Arten gibt, besiedelt. Jeder Mensch beherbergt ein individuelles Muster aus etwa 100 bis 200 verschiedenen Bakterienarten. Bakterien sind die kleinsten Lebewesen der Welt, sie brauchen Futter, haben einen eigenen Stoffwechsel und leben in Symbiose untereinander. Sie erfüllen im Darm auch wichtige Aufgaben, vom Spalten des Nahrungsbreis über die Produktion von Vitaminen (zum Beispiel Vitamin K), das Aufrechterhalten des pH-Wertes bis hin zum Ernähren der Darmschleimhaut. 

„Die Darmbakterien lassen sich relativ schnell verändern“, betont die Ernährungsexpertin. Und zwar im positiven genauso wie im negativen Sinn. Erstrebenswert sei eine große Vielfalt. „Je vielfältiger man isst, desto vielfältiger sind auch die Bakterienstämme und desto resistenter ist man gegenüber verschiedenen Einflüssen“, so Fischer. Sie will daher auch den Trend, aus Lifestyle-Gründen auf bestimmte Lebensmittel einfach zu verzichten, nicht gutheißen. 

Gang durch den Darm
Etwa 90 Prozent aller Darmkrebserkrankungen wären durch konsequente Vorsorge vermeidbar. „Darmkrebs ist wie kein anderer Tumor früh zu erkennen und damit heilbar“, sagt Andeas Shamiyeh, Präsident der Krebshilfe Oberösterreich. Die Krebshilfe wird auf der Messe „50 Plus“ am 9. und 10. April 2022 in Ried im Innkreis mit einem knapp acht Meter langen „begehbaren Darm“ vertreten sein und zum Thema Darmkrebs und Vorsorge informieren. 

Gutes Darmfutter: Ballaststoffe

Auf die Frage nach gutem Darmfutter hat Fischer eine klare Antwort: „Ballaststoffe. Sie geben Struktur, ernähren Darmbakterien, binden Gallensäure, verkürzen die Zeit im Dickdarm und wirken auch cholesterinsenkend.“ Denn Ballaststoffe binden im Darm Gallensäure, wodurch diese nicht mehr zur Leber zurück transportiert werden kann. Um neue Gallensäure zu produzieren, verbraucht die Leber Cholesterin. Ballaststoffe stellen das größte Nahrungsreservoir für Bakterien dar. Ein hoher Ballaststoffgehalt in der Kost erhöht die Vielfalt der Mikroorganismen im Darm und fördert deren Aktivität. Es gibt lösliche und unlösliche Ballaststoffe, beide Arten tragen zu einer gesunden Darmflora bei. Gute Quellen für Ballaststoffe sind Gemüse, Obst, Getreide und Getreideprodukte wie Vollkornnudeln und Vollkornbrot sowie Kartoffeln, Nüsse und Samen. „Man kann nicht nur Fleisch mit Gemüse essen, sondern auch Gemüse mit Fleisch“, sagt Fischer, Verfechterin einer ausgewogenen, vielseitigen Ernährungsweise, mit einem Augenzwinkern. 

Auf das „Wie“ achten

Schnell-Essern legt die Expertin eine Änderung dieser Gewohnheit ans Herz: „Wie ich esse, ist für die Darmgesundheit fast wichtiger als das Was“, so Fischer. Langsam essen, viel kauen und nicht zu viel auf einmal sei diesbezüglich die wichtigste Botschaft. Apropos kauen: Das hat nicht nur den Sinn, dass das Essen so weit zerkleinert wird, bis die Nährstoffe vom Darm aufgenommen werden und ins Blut gelangen können, sondern bringt auch Geschmack und Genuss. „Gemüse hat die Eigenschaft, dass sich der Geschmack im Mund erst durch langes Kauen entwickelt und intensiver wird. Das liegt daran, dass jene sekundären Pflanzenstoffe, die für Geruch und Geschmack sorgen, in den Zellen eingeschlossen sind und erst durch das Kauen aufgespalten werden“, erklärt Fischer. 

Nachdem sich auch circa 70 Pro­zent der menschlichen Immunzellen im Darm befinden, ist es allein deswegen schon  wich­tig, diesen nicht durch ständiges Essen zu überfordern. Ein ständig beschäftigtes Verdauungssystem mache müde und koste den Körper Kraft. Besser als ständiges Knabbern sei, sich an die Mahlzeiten in Form von Frühstück, Mittagessen und Abendessen zu halten.

Auch hastiges Essen überfordert den Verdauungstrakt. „Essen ist wichtig und verdient, dass man sich dafür Zeit nimmt und es genießt“, so Fischer. Viel und schnell überfordere den Verdauungstrakt. Wer das beachtet, wird auch mit einem guten Bauchgefühl belohnt werden.

Das leistet die Darmflora

  • Sie produziert organische Säuren (etwa Milchsäure) und senkt so den pH-Wert im Darm. Das beeinflusst die enzymatische Aktivität der Darmflora positiv, die Freisetzung krebserregender Substanzen wird vermindert. 
  • Sie synthetisiert antibiotisch wirkende Substanzen, die das Wachs-
    tum potenziell krankmachender Bakterienarten hemmen. 
  • Sie stimuliert das Immunsystem, insbesondere die Synthese von IgA-Antikörpern und vermindert die Durchlässigkeit der Darmwand für Nahrungsmittelallergene. 
  • Sie hilft bei der Aufspaltung der Nahrung. 

Bildquellen

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