Lebensmittel & Ernährung

Kleine grüne Kraftpakete

ERNÄHRUNG. Sprossen und Grünkraut sind ein wahrer Vitalstoff-Kick. Überdies sind sie schnell und einfach selbst zu ziehen – vorausgesetzt, man beachtet dabei ein paar Regeln. 

Noch gibt es im Garten draußen reiche Ernte, doch der nächste Winter kommt bestimmt. Und dann ist die Freude über frisches Grün gleich noch viel größer. Das Ziehen von Sprossen und Grünkraut aus den Samen von Kräutern, Gemüsen und Getreiden empfiehlt sich aus ernährungsphysiologischer Sicht durchaus das ganze Jahr hindurch, denn die Mini-Pflänzchen sind die reinsten Vitamin- und Mineralstoffbomben. Zudem garan­tieren sie schnelles Gärtnerglück, denn die Anzucht ist denkbar einfach und auf kleinstem Raum möglich. Groß sollte man es lediglich mit der Hygiene halten: Sauberes Arbeiten ist nötig, um unerwünschte Keimbelastungen zu vermeiden.  

Gute Samen, gute Keimsprossen

Welche Samen eignen sich dafür, um daraus kleine grüne Kraftpakete zu ziehen? „Generell sollte nur einwandfreies, unbehandeltes Saatgut verwendet werden, denn nur aus gesunden Samen können auch gesunde Jungpflanzen wachsen“, sagt Romana Schneider-Lenz, Referentin für Ernährung an der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Sie verweist auf Bioläden und Reformhäuser, um spezielle, hoch keimfähige Keimsaaten zu beziehen. Im Grunde seien alle Samen von Nahrungspflanzen geeignet, das heißt von Getreide (zum Beispiel Weizen, Dinkel, Gerste, Hafer, Roggen), Gemüse (wie Radieschen, Brokkoli, Rote Rüben, Erbsen, Rettich), Kräutern und Gewürzen (Fenchel, Senf) oder auch Hülsenfrüchten (wie Linsen, Bohnen). Auch Ölsaaten wie Sonnenblumen, Hanfsamen oder Leinsamen eignen sicht gut. Lediglich Nachtschattengewächse wie Paprika, Tomaten, Eräpfel oder Auberginen sind aufgrund ihres Solaningehalts ungenießbar.

Keimling oder Grünkraut?

Von Sprossen oder Keimlingen spricht man im Allgemeinen, wenn Pflanzen aus der Keimbox beziehungsweise dem Keimglas gemeint sind. Diese Keimsprossen-Sämlinge werden komplett verzehrt – mit gekeimtem Samenkorn, Stängel, Blatt und vorhandenen Wurzeln. Unter Grünkräutern, auch „Microgreens“ genannt, versteht man die grüne Jungpflanze, also Stängel inklusive der bereits gebildeten Blättchen. Grünkraut wird auf einer Unterlage kultiviert. Geerntet und verzehrt werden nur die „oberirdischen“ Teile. Bekanntestes Beispiel: Kresse.  

Keimpflanzen bieten eine breite Palette an unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, von süß bis scharf und von leicht bitter bis würzig-frisch. Das Auge erfreuen sie mit vielfältigen Farbtönen. „Wer Sprossen verzehrt, versorgt sich mit hochwertigem Eiweiß, sekundären Pflanzenstoffen, Enzymen und Vitaminen. Auch sind sie eine sehr gute Mineralstoffquelle“, sagt die Ernährungswissenschafterin Katrin Fischer von der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, die auch für die Plattform www.esserwissen.at verantwortlich ist.   

Bis auf wenige Ausnahmen müssen die meisten Samen zuerst eine Zeit lang eingeweicht werden  – dadurch platzt die harte Samenschale auf. Bei kleine­ren Samen sind das vier bis sechs Stunden, bei grö­ßeren wie zum Beispiel Bohnen bis zu zwölf Stunden. Nach dem Einweichen werden die Samen gründlich mit kaltem Wasser durchgespült. Für die Anzucht gibt es verschiedene Möglichkeiten (siehe unten). 

Hygiene bei der Aufzucht

Wichtig ist, dass die Samen locker verteilt werden, da sie stark an Volumen zunehmen und für ein gesundes Wachstum ausreichend Luft und Platz brauchen. Das tägliche Spülen unter fließendem Wasser ist von großer Bedeutung und sollte mindestens zwei­mal pro Tag erledigt werden. Auch hilft es mit, die Samen vor Verklebungen zu bewahren, da manche von ihnen beim Keimen Schleim bilden. Nach jedem Spülen sollte das Wasser wieder gut abfließen können. Hygiene und sauberes Arbeiten bewahren vor unerwünschten Keimbelastungen und Bakterien, die sich sonst leicht bilden. Sprossen mögen übrigens keine direkte Sonneneinstrahlung, sollten aber dennoch einen hellen Standort bekommen. 

Geerntet werden kann je nach Sprossenart schon nach wenigen Tagen. „Dazwischen einfach immer wieder kosten, wann die Sprossen am besten schmecken. Durch Überkeimung können manche Keimlinge, wie zum Beispiel Bockshornklee, auch bitter werden“, so Fischer. Die meisten Keimsprossen schmecken erntefrisch am besten. Jene aus Hülsenfrüchten wie Bohnen, Linsen oder Erbsen müssen für ein bis zwei Minuten in kochendem Wasser blanchiert werden.

Zu beachten

  • Sprossen neigen dazu, rasch zu „gammeln“: Zu hohe Raumtemperatur (ideal: 18 bis 22 Grad Celsius), Staunässe, minderwertige Samen, zu viele Samen im Gefäß, unregelmäßiges Spülen oder unsaubere Gefäße können die Ursache sein. Keimlinge, die modrig-muffig riechen und vielleicht sogar braun, bläulich oder schwarz verfärbt sind, sollten unbedingt entsorgt werden. 
  • Geruch: Einige Samen (besonders Alfalfa, Radieschen, Rettich) bilden pelzig-flaumige Faserwurzel, die ähnlich wie Schimmel aussehen, aber völlig unbedenklich sind. Geruchstest machen: Schimmel riecht modrig, Faserwurzeln riechen frisch oder sogar scharf. 
  • Richtig aufbewahren: Fertige Sprossen können im Kühlschrank zwei bis maximal drei Tage in gut verschlossenen Behältern aufbewahrt werden. Vor dem Verwenden wieder gründlich spülen.

Achtung

Alfalfa (Luzerne) darf erst nach sieben Tagen
geerntet werden. Grund dafür ist der Phytingehalt der Samen. Das ist ein natürlicher Fraßschutz, der mit fortschreitendem Wachstum abgebaut wird. Danach gelten sie als besonders nährstoffreich. 

Anbaumethoden

  • Keimapparat, Sprossenturm oder Keimbox bestehen meist aus drei Schalen, die am Boden geriffelt oder gelocht sind, damit das Wasser abfließen kann und die Wurzeln sich gut festhalten können. Ein Deckel schützt sie vor direktem Licht.  
  • Professionelle Sprossengläser haben einen gelochten Deckel. Einsteiger können sich solche auch selbst basteln: Entweder den Deckel eines Gurkenglases durchlöchern oder anstatt eines solchen ein Fliegengitter, Gardinenstoff oder einen Nylonstrumpf über das Glas spannen und mittels Gummiring fixieren.
  • Grünkraut wird entweder auf keimfreier Erde (Anzuchterde) oder auf Watte beziehungsweise anderen Materialien, die Wasser aufsaugen, angebaut. Der Anbau auf Erde hat den Vorteil, dass die Pflänzchen zusätzlich Energie aus der Erde aufnehmen und der Geschmack dadurch auch intensiver ist. 
    Zwei bis drei Zentimeter Erde in einem flachen Behältnis genügen. Die Erde sollte nicht austrocknen und keine Staunässe bilden. Geeignet:
    Radieschen, Rucola, Leinsamen, aber auch Getreide. Im Gegensatz zu Sprossen mag Grünkraut direktes Sonnenlicht. 

Bildquellen

  • Alfalfa and radish sprouts on spoon and wholemeal bread roll in background: ratmaner - stock.adobe.com
  • Sprossen: Dmytro - stock.adobe.com