Lebensmittel & Ernährung

Süß und gesund geht sich aus

ERNÄHRUNG. Noch ist Fastenzeit, doch die nächste Festtagstorte kommt bestimmt. Diätologin Birgit Kogler weiß, wie man Süßes ohne Reue genießen – und backen – kann.

Dass Herr und Frau Österreicher zu viel Zucker konsumieren, ist bekannt. Nicht umsonst ist der Verzicht auf Süßigkeiten ein viel genannter Vorsatz für die Fastenzeit. Besser wäre jedoch eine dauerhafte Zucker-Reduktion. Das bestätigt auch Diätologin und Ernährungsberaterin Birgit Kogler. Sie liefert mit dem Buch „Süß und gesund!? Birgit backt‘s“ gleich eine ganze Reihe an Rezepten, mit denen das Vorhaben gelingt – und schmeckt. 

Einspar-Potenzial Zucker

Die WHO empfiehlt eine Zuckerzufuhr im Ausmaß von maximal zehn Prozent der zugeführten Tages-Energie. „Das sind etwa 50 Gramm Zucker pro Tag. Aus gesundheitlicher Sicht ideal wäre etwa die Hälfte davon“, sagt Birgit Kogler. Tatsächlich liege der Zuckerkonsum in Ös­terreich bei 91 Gramm pro Tag. Wie viel sich tatsächlich in verschiedenen Lebensmitteln ver­steckt, werde oft unterschätzt: „In einem Glas Apfelsaft sind das sieben Stück Würfelzucker“, sagt die Ernährungsexper­tin. Es steckt zwar auch im Apfel selbst natürlicher Zucker drin, „das Wertvolle an Obst sind aber die mitgelieferten Ballaststoffe“, sagt Kogler. Daher gelte: „Obst lieber essen als trinken.“ 

Was passiert nun im menschlichen Körper, wenn Zucker konsumiert wird? „Der Zucker geht durch die Darmwand ins Blut, das aktiviert die Bauchspeicheldrüse, die Insulin produziert. Dieses sperrt die Zelle auf und schleust den Zucker als Energiespender ein“, sagt Kogler. Daraufhin sinkt der Blutzuckerspiegel wieder ab. Geschieht das zu rasch, reagiert der Körper wieder mit Hungergefühl, weil er auf das Zuckerdefizit im Blut aufmerksam machen will. Isst man nun Lebensmittel mit hohem Zuckeranteil, werden große Insulinmengen ausgeschüttet, die den sprunghaft gestiegenen Blutzuckerspiegel ebenso rasch wieder nach unten bringen.  

Kogler räumt auch mit ein paar Ernährungsmythen auf, wonach Ersatzprodukte wie Agavendicksaft, Ahornsirup oder Kokosblütenzucker gesünder seien als Haushaltszucker. „Der Zuckeranteil ist genauso hoch, der Anteil an Vitaminen und Mineralien verschwindend gering, da sind höchstens Spuren zu finden“, sagt die Expertin. Zudem sei zu beachten, dass derartige Produkte auch „nicht gerade von nebenan“ kommen, sondern aus Ländern wie Mexiko, Thailand oder Indonesien.

„Süßes sollte am besten nach einer Mahlzeit, also als Nachspeise verzehrt werden.“

Birgit Kogler

Also besser ganz auf Zucker verzichten? „Nein“, sagt Kogler entschieden, „wir dürfen Süßes essen und naschen.“ Wichtig sei, wie die erste Mahlzeit des Tages aussehe, und der Hinweis, Süßes am besten als Nachspeise zu verzehren. „Wenn ich nach dem Mittagessen noch etwas Süßes esse, bin ich zum einen schon satt und zum anderen wird der Zucker langsamer verstoffwechselt, weil ich davor schon etwas anderes gegessen habe.“ 

Auch die Behauptung, Kohlenhydrate machen dick, ist für Kogler ein Ernährungsmythos. Sie warnt vor „Low Carb“-Diäten, bei denen die Kohlenhydrataufnahme stark eingeschränkt ist: „Dabei sinkt zuerst nur der Wasseranteil in den Muskelzellen. Ein ständiges Kältegefühl, Müdigkeit und Verdauungsprobleme sind die Folge. Sobald man wieder in das ursprüngliche Ernährungsmuster zurückwechselt, ist auch das alte Gewicht wieder zurück“, sagt Kogler. Das Problem der Kohlenhydrate rühre in Österreich eher daher, dass hauptsächlich stark verarbeitete Kohlenhydrate, zum Beispiel Weißbrot, konsumiert werden. Besser seien solche mit hohem Ballaststoffanteil: Vollkorngetreide, Haferflocken, Kartoffeln, Buchweizen. Auch die Annahme, Dinkel sei besser als Weizen, ist für Kogler ein Irrglaube – im Weizen befinden sich sogar mehr Ballaststoffe. Vitamine und Ballaststoffe sitzen im Getreide in der äußeren Schale, die nur bei Vollkornvarianten mitverzehrt werden. Sie halten länger satt und den Blutzuckerspiegel stabiler. Kogler warnt aber davor zu glauben, man könne Vollkornprodukte an deren Aussehen erkennen. „Die Farbe des Gebäcks oder Körner darauf sagen nichts aus. Es zählt nur die Zutatenliste, bei dieser sollte Vollkorn an erster Stelle stehen“, so die Ernährungsspezialistin. Aber noch einmal zurück zur ersten Mahlzeit des Tages: Wer mit dem Frühstück dafür sorgt, dass der Blutzuckerspiegel am Vormittag konstant bleibt, der bleibt von Heißhunger verschont und empfindet weniger Lust auf Süßes.

Süße Klassiker in optimierter Form

Als leidenschaftliche Bäckerin hat sich die Ernährungsexpertin natürlich längst mit der Frage beschäftigt, wie Kuchen, Torten, Muffins und andere Naschereien süß und zugleich gesund sein können. Sie hat probiert und experimentiert und es letztlich geschafft, mit relativ kleinen Veränderungen viel zu bewirken. „Süß und gesund?! Birgit backt‘s“ heißt das Buch, in dem Birgit Kogler nun ihre Rezepte preisgibt. Es sind vor allem Klassiker der Mehlspeisküche, denen sie jeweils eine gesündere Rezeptvari­ante gegenüberstellt. So lässt sich etwa die Menge an Zucker deutlich reduzieren, indem ein Teil durch Apfelmus ersetzt wird. Bei Mehl greift sie zur Vollkornvariante, Schokolade wird durch Backkakao ersetzt und statt Butter empfiehlt sie raffiniertes Rapsöl. Letztlich gilt für sie aber stets: „Kein Lebensmittel ist ungesund. Entscheidend ist das Gesamtbild unserer Ernährung.“ 

Bildquellen

  • Süß und gesund: Julia Unterweger