Welches Fleisch ist in der Wurst?
Ein Regionalitäts-Test zeigt: In sechs von zehn Produkten wird heimisches Fleisch verwendet, aber bei mehr als einem Viertel der Produkte ist die Herkunft unklar.
Im hektischen Alltag, sei es in der Küche oder in den Arbeitspausen, steht bei der Zubereitung von Mahlzeiten oft der Wunsch nach Schnelligkeit im Vordergrund. Immer mehr Konsumenten greifen daher im Lebensmitteleinzelhandel zu fertig abgepackten Produkten, so auch bei Wurstwaren. Bequemlichkeit und Zeitersparnis spielen dabei eine entscheidende Rolle, was dazu führt, dass verpackte Produkte zunehmend frische Ware verdrängen. Die Auswahl an Wurstsorten im Kühlregal ist dabei vielfältig ebenso die Herkunft der Rohstoffe.
Ein Regionalitäts-Test des Vereins „Wirtschaften am Land“ brachte nun überraschende Ergebnisse zutage, was die Herkunft des Fleisches in den verarbeiteten Fleischerzeugnissen betrifft: Untersucht wurde das Angebot von 220 verschiedenen Wurstaufschnitten in den vier größten Supermärkten.
Bei 63 Prozent (%) der Produkte wird nachweislich Fleisch aus Österreich verwendet, bei 27 % ist die Herkunft unklar. Bei rund vier von zehn verpackten Wurstaufschnitten kann der Konsument nicht erkennen, woher die Hauptzutaten stammen. Der Anteil an Bio-Produkten ist mit vier Prozent sehr gering. „Die Ergebnisse haben uns ehrlich gesagt positiv überrascht. Obwohl das Fleisch in verarbeiteten Wurstwaren leicht austauschbar ist, greift der Konsument gerne zu Produkten mit österreichischem Qualitätsfleisch. Aber nichtsdestotrotz: Wie die Ergebnisse zeigen, gibt es noch Luft nach oben“, erklärt Robert Pichler, Obmann des Vereins Wirtschaften am Land.
Bei Eigenmarken Herkunft kaum gekennzeichnet
Bei Eigenmarken ist die Herkunft bei 24 % der Produkte nicht gekennzeichnet. Die strategische Positionierung von Eigenmarken habe zur Folge, dass sich die Handelsketten von den Markenherstellern und deren Markenartikeln unabhängig machen und damit eine noch stärkere Verhandlungs-, Markt- aber auch Produktmacht an sich reißen können. Die Rohstoffe bzw. Lieferanten von Eigenmarken können von heute auf morgen gewechselt und ins Ausland verlagert werden, wodurch mit kostengünstigeren, ausländischen Urprodukten und mit teils geringeren gesetzlichen Arbeits- und Qualitätsanforderungen produziert werden kann. Dies könne dazu führen, dass die Vielfalt in den Regalen abnimmt und geringere Qualitäten zu höheren Preisen angeboten werden. Dies hätte nicht nur negative Auswirkungen auf die heimische Produktion, sondern letztlich vor allem auch auf die Konsumenten.
Diskonter bei österreichischer Herkunft besser, Bio Nebensache
Ein Vergleich zwischen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und Diskontern zeigt doch kleine Unterschiede: Im LEH stammen durchschnittlich 57 % des Fleisches in Wurstwaren nachweislich aus Österreich, bei Diskontern sind es 69 %. Besonders positiv sticht ein Diskonter hervor, bei dem über 80 % der Produkte nachweislich österreichisches Fleisch enthalten. Den geringsten nachweisbaren Österreichanteil hat ein Lebensmitteleinzelhändler mit nur 54 %. Was den Bio-Anteil im Sortiment betrifft, so sind Bio-Wurstaufschnitte eine Seltenheit in den Regalen. „Trotz zuletzt positiver Nachrichten, dass der Bio-Markt wieder anspringt und auch bei Fleisch- und Wurstwaren ein Wachstum zu verzeichnen ist, spielen Bio-Wurstaufschnitte mit lediglich vier Prozent im Handel derzeit eine untergeordnete Rolle“, so Pichler.
Nur jeder dritte heimische Aufschnitt trägt AMA-Gütesiegel
Nur jedes dritte Produkt mit nachweislich österreichischem Fleisch trägt das AMA-Gütesiegel: Für Markus Lukas, Obmann des Vereins Nachhaltige Tierhaltung Österreich (NTÖ), ist dieser geringe Anteil entmutigend: „Beim AMA-Gütesiegel arbeiten alle gemeinsam entlang der Wertschöpfungskette an stetigen Verbesserungen. Trotz dieser Bemühungen sind wir auch damit konfrontiert, dass der Druck des Handels auf unser Gütesiegel hoch ist. Aber dass bei österreichischer Ware nur jeder dritte Wurstaufschnitt das AMA-Gütesiegel trägt, ist schon erstaunlich. In Zeiten ökonomischer und ökologischer Herausforderungen bleibt das AMA-Gütesiegel ein verlässlicher Partner für Konsumenten auf der Suche nach qualitativ hochwertigen Lebensmitteln. Es bietet Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette, die in dieser Form kein anderes Gütesiegel bieten kann“, so Lukas.
EU-Kommission gefordert, Transparenzziele umzusetzen
Auch wenn es bei dieser Überprüfung nur um das kleine Segment der Aufschnitt-Packungen in den Supermarktregalen ging, zeigt der Regionalitäts-Test auch hier, dass die EU-Kommission ihren genannten Zielen in Sachen der Transparenz und Nachhaltigkeit noch nachkommen muss. „Lebensmittel werden in ganz Europa gehandelt. Daher sehe ich es als Aufgabe der Kommission an, die versprochene Transparenz der Herkunft bei diesen Produktgruppen klar auf europäischer Ebene einheitlich zu regeln“, stellt Pichler klar.
Er spielt den Ball in Richtung des neuen Agrarkommissars Christophe Hansen: „Die Umsetzung einer einheitlichen Herkunftskennzeichnung, wie sie im Zuge der Farm-to-Fork-Strategie versprochen wurde, ist hierfür ein wesentlicher Eckpfeiler.“
Stärkeres Bekenntnis des Handels zum AMA-Gütesiegel gefordert
Der NTÖ-Obmann fordert auch ein stärkeres Bekenntnis des Handels zum AMA-Gütesiegel, das für kontrollierte Landwirtschaft und Transparenz steht: „Es muss im Verkaufsprogramm bleiben und ausgebaut werden, um die Transparenz wie auch die Qualitätsproduktion zu fördern. Nur so kann die heimische Produktion konkurrenzfähig bleiben.“
- Fakt 1: Bei 6 von 10 Wurstaufschnitten wurde nachweislich österreichisches Fleisch verwendet.
- Fakt 2: Der Österreich-Anteil bei Wurstaufschnitten ist im Lebensmitteleinzelhandel geringer als beim Diskonter.
- Fakt 3: Nur jeder dritte Wurstaufschnitt mit Herkunft Österreich trägt das AMA-Gütesiegel.
- Fakt 4: Mit rot-weiß-roten Banderolen am Produkt werden bewusste Konsumententäuschungen vorgenommen.
- Fakt 5: Genusstauglichkeitskennzeichen sagen nichts über die Herkunft des Fleisches aus.
- Fakt 6: 34 % aller überprüften Wurstaufschnitte werden als Eigenmarken verkauft.
Bildquellen
- 02-14 Wurstausfschnitt neu: LustaufsLand