Genau geschaut

Gefälschter Honig im Regal

AUFGEDECKT. Eine EU-Studie zeigt, dass Fake-Honig immer mehr den Markt überschwemmt. Zu kaufen gibt es mittlerweile auch veganen „Honig“,
der nicht nur viele Zusätze enthält, sondern auch teurer als das Original ist.

Laut einem Bericht der EU-Kommission entspricht beinahe die Hälfte des in die EU importieren Honigs nicht den Bestimmungen der europäischen Honig-Richt-
linie. So das erschreckende Ergebnis einer Analyse der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS). 

Von 320 gezogenen Honigproben war fast die Hälfte (46 %) „verdächtig, nicht den EU-Honig-Richtlinien zu entsprechen“, ärgert sich Reinhard Hetzenauer, Obmann von Biene Österreich, über sogenannten „gepanschten“ Honig, insbesondere weil der Fake-Honig im Supermarktregal neben heimischer Qualitätsware steht: „Solche Fälschungen sind illegal. Aber wer nur auf den Preis achtet und im Handel sechs Euro fürs Kilo zahlt, hat schnell gefälschte Ware im Einkaufskorb.“ Dass es gefälschten Honig gibt, wisse man schon länger, die Studienergebnisse würden das Ausmaß der illegalen Fälschungen nun aber verdeutlichen.

Die 33.000 Erwerbs- und Hobbyimker füllen pro Jahr in Österreich circa 4000 Tonnen Honig ab. Weil die Konsumenten aber mehr verbrauchen, werde noch einmal so viel importiert, ein Großteil davon von minderer Qualität aus „EU- und Nicht-EU-Ländern“.

Solche „Herkunftsbezeichnungen“ auf der Rückseite sollten Konsumenten stutzig machen.

Verdächtige Herkunft: „globalisierter Betrug“

Einige Länder seien offensichtlich internationale Drehscheiben für Honigfälschungen (siehe Grafik). So stammt beispielsweise keine einzige der zehn analysierten britischen Honigproben aus einem Bienenstock und 93 % der türkischen und 74 % der chinesischen Proben zeigten in der Analyse verdächtige Abstammung. Experten gehen davon aus, dass 20 % des gesamten in der EU konsumierten Honigs verfälscht sind. 

Die Betrüger panschen in Ländern wie China oder der Türkei ein bisschen echten Honig mit billigem Sirup aus Maisstärke, Zuckerrohr, Reis oder Weizen und verkaufen ihn in Fässern an Großhändler. Eine schnelle Google-Recherche zeigt, dass über die chinesische Online-Plattform „Alibaba“ ein Kilogramm „brauner Reissirup für Honig“ für nur einen Dollar angeboten wird und liefert dafür gleich mehr als 400 Anbieter auf einen Klick. Über mehrere Zwischenstationen landet das süße Gemisch in der Europäischen Union und wird in Plastik- oder Glasverpackungen für den Einzelhandel abgefüllt. In Imkerkreisen wird daher auch von „globalisiertem Betrug“ gesprochen.

EU-weit strengere Kontrollen gefordert

Weil diese verfälschte Billigware den Preis drückt und die Existenzgrundlage der heimischen Imker ge­fährdet, fordert Hetzenauer „vehement strengere Kon­trollen von Honigproben aus EU- und Nicht-EU-Ländern und nicht wie bisher nur an den Standorten heimischer Imker“. Unterstützung dafür erhalten die heimischen Imker von der Landwirtschaftskammer. „Die betrügerischen Importgeschäfte mit süßen Mixturen stoßen uns sauer auf. Es müssen für Importe dieselben Qualitätsstandards gelten wie für heimische landwirtschaftliche Produkte. Auf Etiketten sollte ausgewiesen werden, wie viel Honig anteilsmäßig aus welchem Land im Glas steckt. Das muss bei der Überarbeitung der EU-Honig-Richtlinie sichergestellt werden. Denn die Landwirtschaft ist auch auf die Bestäubungsleistungen der Bienen und somit Imker angewiesen“, so Präsident Josef Moosbrugger.

Vom Bienenstock bis ins Glas müsse auf jedem Eti­kett auf dem Glas verfolgbar sein, woher der Honig stammt. Es dürfe nicht sein, dass jene auf ihren Pro­dukten sit­zen bleiben, die sich an die Bestimmungen halten und Qualitätshonig erzeugen. So sieht es auch Wolfgang Pointecker, Präsident des Erwerbsimkerbun­des: „Echter Honig ist das Ergebnis der Arbeit fleißi­ger Bienen und Imker. Ein solch wertvolles Naturpro­dukt kann nicht durch industriell-synthetisch her-
gestellten, aromatisierten Zuckersirup ersetzt werden.“ Denn im Honig stecken viele wichtige Anti­oxidantien, unter anderem Phenole, Enzyme und Pflan­zenstoffe wie Flavonoide sowie organische Säuren.

Veganer „Honig“ im Test: Keine richtige Alternative

Wer sich vegan ernährt oder aus anderen Gründen auf echten Bienenhonig verzichten möchte, findet mittlerweile auch einige „Alternativen“ am Markt. „Sieht aus wie Honig, ist aber keiner“, so oder so ähnlich werben die Hersteller für ihre Ersatzprodukte. Die deutsche Verbraucherzentrale hat kürzlich acht dieser Produkte unter die Lupe genommen und überprüft, was in den pflanzlichen Varianten drinnen steckt und worauf beim Kauf zu achten ist. Bewertet wurden die Zusammensetzung, die Kennzeichnung und der Preis.

Honig ist ein natursüßer Stoff, der von Honigbie­nen erzeugt wird. Die Bezeichnung „Honig“ ist daher laut Gesetz nur diesen Produkten vorbehalten. Die pflanzlichen Produkte weisen, vor allem optisch, eine große Ähnlichkeit zu Honig auf. Sie werden offiziell als Sirup, Brotaufstriche oder Dessertsoßen verkauft. Diese Bezeichnungen verstecken sich bei der Mehrheit der Produkte aber auf der Verpackungsrückseite. Auf der Vorderseite hingegen werben fast alle Alternativprodukte prominent mit Fantasienamen wie „Ohnig“, „Honix“, „Hvoney“ oder „Wonig“. Diese weichen nur minimal von der geschützten Bezeichnung „Honig“ ab und zudem werden diese Wortspie­lereien teilweise durch Zusätze wie „Honigalternative“, „Honiggeschmack“ oder „Schmeckt wie Honig, ist kein Honig“ ergänzt. Auf der Hälfte der Produkte ist sogar ein Honiglöffel abgebildet. Zwei Produkte werben mit Blüten, was den Eindruck vermitteln könnte, es handle sich um ein Produkt aus Blü­ten. Ein Alternativprodukt gibt zusätzlich auf dem Deckel „bee friendly“ – übersetzt „bienenfreundlich“ an. All das könne zu Verwechslungen mit echtem Honig führen und für Konsumenten verwirrend sein.

Die künstlichen Imitate mit den fantasievollen Namen: Kritisiert wird die Aufmachung dieser Produkte, welche zur Verwechslung mit echtem Honig führen können.

Zweimal nur Wasser mit Zusatzstoffen

Die Hälfte der Honigalternativen basiert hauptsächlich auf Sirup aus Reis oder Tapioka. „Zwei Produkte enthalten aber tatsächlich nur mit Zusatzstoffen versetztes und aromatisiertes Wasser – und das für einen stolzen Preis“, stellt Nora Dittrich fest, die als Referentin für Ernährung bei der Verbrau­cherzentrale den Marktcheck betreut hat. Die zwei Bio-Produkte enthalten hauptsächlich Rohrzucker und kleinere Mengen an Saft- und Pflanzenextrakten. 

Zum Vergleich: Echter Honig, der als natursüßer Stoff von Honigbienen erzeugt wird, besteht aus verschiedenen Zuckerarten, vor allem aus Fruktose und Glukose. Er darf maximal 20 % Wasser und keine anderen Stoffe als Honig enthalten. 

In den meisten Alternativprodukten stecke eine ganze Palette an Zusatzstoffen und Aromen, neben Süßungs- und Verdickungsmitteln auch Farbstoffe, Säuerungsmittel, Konservierungsstoffe und ein Stabilisator. Die Spitzenreiter enthalten jeweils acht Zusatzstoffe (zwei davon übrigens nicht korrekt und eindeutig gekennzeichnet) und (Honig-)Aroma. Nur die zwei Bio-Produkte auf Rohrzuckerbasis kommen ganz ohne Zusatzstoffe und Aromen aus. Trotzdem liefere keines der überprüften Produkte einen relevanten Beitrag zur Versorgung mit essenziellen Nährstoffen. Fünf der acht Honigalternativen enthalten Süßungsmittel und somit weniger Zucker als Honig. Das wird auf den Produkten auch entsprechend oft mit nährwertbezogenen Angaben wie „zuckerarm“ oder „zuckerfrei“ beworben. 

Kritik am Preis

Die Ersatzprodukte nutzen den Trend zu veganen Lebensmitteln, sind aber aus Sicht der Verbraucherzentrale völlig überteuert: Durchschnittlich zahlen Konsumenten für sie circa 21 Euro pro Kilogramm. Im Vergleich dazu kostet ein Kilo echter Bienenhonig im Schnitt 15 Euro. „Wenn man die Arbeit von Honigbienen und Imkern dazu ins Verhältnis setzt, ist der Preis für den veganen Honig-Ersatz kaum zu rechtfertigen, zumal diese Produkte kaum kostspielige Zutaten enthalten“, kritisiert die Konsumentenschützerin. Ein bisschen Tonkabohne hier und etwas Löwenzahnextrakt dort – das könne nach Einschätzung der Verbraucherzentrale kein ausreichendes Argument für einen solch stolzen Preis sein.

Weiters solle man sich von den Fantasiebezeichnungen nicht verunsichern lassen. Ein Blick auf die Zutatenliste auf der Rückseite der Verpackung könne Klarheit darüber verschaffen, um welche Art Produkt es sich tatsächlich handelt. Um die Verwechslungsgefahr zu reduzieren, sollte die Bezeichnung aber klar, verständlich und präzise auf der Vorderseite des Produkts zu finden sein und keine fantasievollen Produktnamen und Wortspiele, die nur minimal von der geschützten Bezeichnung „Honig“ abweichen, verwendet werden dürfen.

„Wer Honig konsumieren möchte, soll dies auch be­wusst tun können und nicht dadurch getäuscht wer­den, dass es sich bei veganen Alternativen um gleich­wertige Produkte handelt, die mit Bildern von Blüten oder echtem Honig unrealistische Eindrücke vermitteln.“

Imkerbund-Präsident Hetzenauer

Bildquellen

  • Honig Herkunft: Biene Österreich;
  • Honig Alternativen: Verbraucherzentrale NRW
  • Honig: Africa Studio - stock.adobe.com