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Auch im Paradies gibt es Regeln

NATUR. Mit dem Frühlingserwachen zieht es die Menschen vermehrt aufs Land. Wälder, Wiesen, Berge und Seen sind beliebte Ausflugsziele. Doch auch in der „freien“ Natur gibt es Gebote.

„Die Schwärmerei für die Natur kommt von der Unbewohnbarkeit der Städte.“ Was der Dramatiker Bertolt Brecht so überspitzt formulierte, fand in der Corona-Pandemie gewissermaßen Bestätigung. Die Straßen der Städte, die normalerweise durch das gesellschaftliche und kulturelle Leben geradezu von Energie und Lebensfreude pulsieren, wurden vielen zu eng und trist. Eine Stadtflucht setzte ein. Die naturnahen Lebensräume um die Ballungszentren wurden reich bevölkert. Und auch weiter abgelegene Naturparadiese wurden zum beliebten Ausflugsziel. 

Freizeitnutzung versus Eigentumsrechte

Die Natur und die ländlichen Regionen wurden zum neuen Sehnsuchtsort der Menschen. Eine Entwicklung nicht frei von Konfliktpotenzial. Denn durch Unwissenheit und (jugendlichen) Leichtsinn wurden vielfach nicht nur die Eigentumsrechte von Land- und Forstwirten beschnitten, sondern auch Nutz- und Wildtiere in ihrem natürlichen Lebensraum gestört. So berichteten Landwirte von winterlichen Driftmanövern auf ihren Äckern. Dass dort bereits Getreide, also Futter- und Lebensmittel angebaut war, kam den waghalsigen Auto- und Motorradfahrern nicht in den Sinn. Im Sommer sorgten unsachgemäß abgestellte Fahrzeuge, etwa auf Wiesen nahe beliebter Wanderziele, vielfach für Behinderungen bei den Erntearbeiten. „Den meisten ist nicht bewusst, dass es, anders als beim Wald, kein allgemeines Betretungsrecht an privaten Grundstücken gibt. Vieles von dem, was da geschieht, wäre als Besitzstörung gerichtlich verfolgbar“, so Wolfgang Raab, Jurist im OÖ Bauernbund. 

Problematisch sind mitunter auch die vierbeinigen Begleiter, besser gesagt deren Hinterlassenschaft. Denn während in der Stadt das Sackerl fürs Gackerl – zumindest bei den meisten – immer dabei ist, fehlt es beim Sparziergang oder der Wanderung am Land. Das Geschäft auf der Wiese wird fälschlicherweise als „natürlich“ und unproblematisch angesehen. 

Ein kleines Häufchen mit schwerwiegenden Folgen

Dass dem nicht so ist, erläutert Michael Dünser vom Institut für Veterinärmedizinische Untersuchungen der AGES: „Hundekot hat in Futterweiden aus veterinärmedizinischer Sicht nichts verloren. Er kann pathogene Keime beinhalten, die bei Rindern, aber auch Schafen und Ziegen Krankheiten verursachen.“ Besonders problematisch sei der Parasit „Neospora caninum“, der im Hundedarm vorkommt und Fehlgeburten auslöst. Ebenso gefährlich für die Nutztiere: achtlos weggeworfener Müll. Auch er kann schwere innere Verletzungen verursachen, die bis zum Tod führen können.

Auch die Jägerschaft erinnert immer wieder an die Einhaltung gewisser Regeln. Aktuell noch eindringlicher als sonst: Denn es ist Schonzeit und der Baby-Boom im Wald hat längst eingesetzt. In seiner Funktion als Oberster Heger richtet Oberösterreichs Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner daher einen eindringlichen Appell an die Freizeitnutzer: „Natürlich sind die weiten Wiesen auf den ersten Blick ein Laufparadies für Hunde. Was dabei gerade jetzt im Frühjahr übersehen wird, ist, dass diese Flächen die Kinderstuben vieler Wildtiere sind.“ Daher: „Bleiben die Hunde nicht von allein auf den Wegen, müssen sie dringend an der Leine geführt werden.“ Gleichzeitig warnt die Jägerschaft davor, Jungtiere, die nicht offensichtlich schwer verletzt sind, zu berühren oder mit nach Hause zu nehmen. Denn entgegen der langläufigen Meinung sind die Jungtiere nicht zurückgelassen worden und bedürfen fremder Hilfe, sondern werden von den Müttern in sicherer Entfernung beobachtet.

Ein paar Regeln erleichtern das harmonische Miteinander

Ob nun im Wald, auf Wanderwegen entlang von Wiesen und Äckern oder auf der Alm: Respekt, Rücksichtnahme und Sensibilität sollten stets mit im Gepäck sein. So kann die Natur auch weiterhin ihren vielfäl­tigen Nutzen erfüllen – also Lebensraum von Wildtieren, Erholungs- und Freizeitraum für den Menschen und Lebensmittel- und Produktionsgrundlage für die Land- und Forstwirtschaft sein. Dazu müssen aber auch einige Gebote, die diese unterschiedlichen Interessen vereinbaren, beherzigt werden. Sie sind vielfach in Gesetzen, vorneweg dem Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) festgeschrieben. Da nicht jeder ein Advokat ist und den Gesetzestext wie seine Westentasche kennt oder ihn in dieser dabeihat, hat Lust aufs Land das Wichtigste in den nebenstehenden Infokästen zusammengefasst.

Wiesen und Äcker

Das Betreten von Wiesen, Weiden und Äckern ist grundsätzlich verboten – es besteht keine Betretungsfreiheit. Die Zustimmung des Grundstückseigentümers ist daher einzuholen. Das gilt im Sommer wie auch im Winter. Folglich ist es auch verboten Loipen zum Langlaufen oder Pisten zum Rodeln ohne Zustimmung des Grundeigentümers anzulegen.  Eine Absperrung der landwirtschaftlichen Flächen ist jederzeit möglich. Dagegen ist im Gebirge und im alpinen Ödland oberhalb der Baumgrenze (Almen) der Fußwanderverkehr frei. 

Gebäude und Höfe

Niemand hat das Recht fremde Gebäude, sei es nun ein Wohnhaus, Stall oder Wirtschaftsgebäude, zu betreten. Führt ein öffentlicher Weg oder ein Wanderweg nahe am Hof vorbei, ist es natürlich erlaubt diesen zu benutzen. Sind Wanderer und Hausbesitzer Hundehalter, trifft sie eine gemeinsame Pflicht. Gemäß § 1320 ABGB sind sie zur Verwahrung und Beaufsichtigung der Tiere verpflichtet. Je nach Landesgesetz und Gemeindeverordnung kann auch eine Leinen- bzw. Maulkorbpflicht für mitgeführte Hunde gelten.

Wege und Straßen

Öffentliche Straßen und Wege dürfen von jedermann benützt werden. Darunter fallen alle dem Verkehr von Menschen und Fahrzeugen ausdrücklich oder stillschweigend gewidmeten Grundflächen. Private Wege können bei Vorliegen eines Wegerechts oder mit Zustimmung des Eigentümers benützt werden. Er kann den Weg aber jederzeit sperren. Forststraßen und Waldwege, die der Allgemeinheit zur Benützung gewidmet sind, müssen vom Wegehalter in einem ordnungsgemäßen Zustand gehalten werden.

Wald

Die Wegefreiheit im Wald normiert § 33 Forstgesetz. Alle Menschen dürfen den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten. Auch das Schifahren, Snowboarden, Langlaufen und Tourengehen ist erlaubt. Ausnahmen bestehen z. B. für Wiederbewaldungsflächen oder jagd-
und forstliches Sperrgebiet. Sie sind mit Hinweistafeln gekennzeichnet.  Radfahren und Reiten ist ohne die Zustimmung des Waldeigentümers verboten. Ausnahmen gelten für ausgeschilderte Rad- und Reitwege. Zustimmungspflichtig ist auch das Zelten. 

Gewässer und Ufer

Öffentliche Gewässer dürfen ohne gesonderte Zustimmung zum Schwimmen, Rudern und für andere Wassersportarten genützt werden. Auch Schotterbänke, die im Flussbett entstanden sind, können betreten und zum Aufenthalt genützt werden. Sofern der Bund Eigentümer des Ufergrundstückes ist, darf auch dieses zu Erholungszwecken genutzt werden. Andernfalls ist die Zustimmung des jeweiligen Eigentümers einzuholen. Aufgepasst: Ist der Fluss oder See Teil eines Naturschutzgebietes oder Nationalparks, können Beschränkungen gelten.

Bildquellen

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