Eigener Strom vom Balkon
HAUS & WOHNEN. Sich selbst versorgen – das geht auch bei Ökostrom. Ein sonniges Plätzchen, eine Steckdose und ein Solarpaneel reichen aus, um selbst zum Produzenten zu werden.
Steigende Preise, Klimakrise und der Drang zur Unabhängigkeit: Sich selbst zu versorgen liegt im Trend. Was lange kein Thema war, funktioniert nun auch beim Strom. Quasi jeder kann sich seine Mini-Solaranlage aufstellen und so zum viel zitierten „Teil der Energiewende“ werden. Die Solargeräte für die Steckdose werden als „Balkonkraftwerke“ bezeichnet, weil man sie einfach bei sich zuhause installieren kann – idealerweise am Balkon, wie der Namen schon sagt, aber auch an jedem anderen sonnigen Plätzchen kann man die Photovoltaik für sich arbeiten lassen.
Der Begriff Photovoltaik steht für die Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie. Mit Photovoltaik-Anlagen sind daher in der Regel Anlagen gemeint, die auf Dächern installiert sind und einige Kilowatt Leistung erbringen. Ein Teil des erzeugten Stroms wird im eigenen Haushalt verbraucht, der Überschuss wir in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Im Normalfall müsse dafür der Netzzugangsvertrag erweitert werden, heißt es bei der „Netz OÖ“ (Energie AG), schließlich werde damit mehr Strom in das öffentliche Netz eingespeist, als man selbst bezieht.
Balkonkraftwerke, also Kleinstanlagen zum Erzeugen von Sonnenstrom, sind genehmigungsfrei. Sie dürfen hierzulande eine Einspeiseleistung von maximal 800 Watt aufweisen, das sind 0,8 Kilowatt (kW). Zum Vergleich: Eine Photovoltaik-Dachflächenanlage hat in der Regel mindestens die fünffache Leistung, also meist mehr als vier kW.
Ganz neu ist die Idee nicht: Balkonkraftwerke sind schon seit ein paar Jahren erhältlich. „Wirklich in Bewegung gekommen ist die Sache aber erst im Vorjahr“, sagt Wolfgang Denk von der Netz OÖ. Seit das Unternehmen im Herbst 2022 ein einfaches Meldeformular für solche Anlagen auf ihrer Website online gestellt hat, wurden etwas mehr als 2000 Balkonkraftwerke gemeldet. „Pro Woche kommen ungefähr 100 bis 120 Anlagen dazu“, sagt Wolfgang Denk. Es wird darum gebeten, die Kleinanlagen auch zu melden – aus Sicherheitsgründen. „Das ist eine Sache von ein paar Minuten“, verweist Denk auf das Online-Formular.
Sonnenstrom für eigenes Zuhause
Balkonkraftwerke zielen darauf ab, dass kein oder nur sehr wenig Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Vielmehr ist der erzeugte Strom dafür gedacht, direkt im eigenen Haushalt verbraucht zu werden – etwa für Haushaltsgeräte wie den Kühlschrank, Geschirrspüler oder die Waschmaschine.
Durch die begrenzte Leistung dieser Mini-Anlagen entsteht einerseits kein administrativer Aufwand, andererseits wird das Stromnetz nicht beeinflusst. In Österreich gilt für derartige Kleinsterzeugungsanlagen eine Leistungsobergrenze von 800 Watt, in Deutschland dürfen Balkonkraftwerke lediglich 600 Watt Leistung erbringen, Frankreich hingegen erlaubt 3000 Watt. „Das ist von Land zu Land unterschiedlich, die europäische Empfehlung liegt jedoch bei 800 Watt“, weiß Denk.
Die Stromerzeugung selbst wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst: Standort, Winkel der Einstrahlung, Intensität der Sonneneinstrahlung, die Außentemperatur und die Jahreszeit spielen eine Rolle. Photovoltaik-Module nutzen nicht nur das direkte Sonnenlicht, das nur bei klarem Himmel auftritt, sondern auch die diffuse Strahlung bei bewölktem Himmel. Je heller es ist, desto mehr Leistung bringen die Module.
Balkonkraftwerke werden im Handel angeboten, in der Regel als Komplettpakete (Paneele, Wechselrichter und Anschlussleitungen). „Wir empfehlen natürlich, zu einem Elektriker zu gehen und sich auch beraten zu lassen“, sagt Denk. Wohnungsmietern und -eigentümern wird auch empfohlen, sich vor der Investition mit ihrer Hausverwaltung abzustimmen.
Am Balkon, als Zaun, an der Wand
Die Stecker-Solargeräte gibt es nach dem Motto „Platz ist in (oder an) der kleinsten Hütte“ nicht nur für den Balkon, sondern auch zum Auflegen auf dem Boden, als Zaunelement oder zum Anbringen an eine Hauswand. Wer es noch simpler haben will, der kauft sich nur ein Basis-Set mit einem einzelnen Solarmodul und einem Wechselrichter. Das Modul wird nur aufgestellt, ohne fix wo befestigt zu werden, und schon kann es losgehen.
Als „Plug and Play“ bezeichnet wird eine PV-Anlage, die einfach in die Steckdose angesteckt werden kann, ohne dass weitere Vorarbeiten nötig sind. Die gewonnene Energie steht zum Sofortgebrauch im eigenen Haushalt zur Verfügung. Im Gegensatz dazu ist eine sogenannte „Inselanlage“ unabhängig zum öffentlichen Stromnetz. Die gewonnene Energie wird in Strom- oder Batteriespeichersystemen zwischengelagert und kann nach Bedarf genutzt werden.
Größere Anlage im Preisvorteil
Stephan Preishuber, Landesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker, empfiehlt, Balkonkraftwerke vom Elektriker anschließen zu lassen. Generell sei nichts gegen solche Anlagen einzuwenden. „Größere Anlagen haben aber eine viel höhere Lebensdauer, mindestens
30 Jahre. Wenn man das miteinbezieht in die Rechnung, ist man mit einer großen Anlage immer Sieger“, sagt Preishuber. Photovoltaikanlagen seien heuer auch wieder besser verfügbar. „Wer vorhat, sich eine Anlage errichten zu lassen: Jetzt wäre der ideale Zeitpunkt dafür, es gibt eine Förderung und das Material ist auch da“, so Preishuber.
Was zu beachten ist
- Wer in einer Mietwohnung lebt, stimmt die Installation mit seiner Hausverwaltung ab. In einer Eigentumswohung kann das ebenso notwendig sein – und auch, die Miteigentümer zu informieren.
- Der Anschluss einer Kleinstanlage erfordert keinen großen Aufwand. In der Regel ist dieser mit dem vormontierten Stecker ausreichend. Aus Sicherheitsgründen wird aber empfohlen, die Anlage von einem Elektroinstallateur anschließen zu lassen.
- Auf eine CE-Kennzeichnung achten. Damit bestätigt der Hersteller, dass das Produkt den produktspezifisch geltenden europäischen Richtlinien entspricht.
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