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Faire Mode – (wie) geht das?

NACHHALTIGKEIT. Kleidung ökologisch und sozial verträglich – das wünschen sich immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten. Aber wie kommt man von „Fast Fashion“ zu „Fair Fashion“? Lust aufs Land gibt eine Orientierungshilfe. 

Nicht weniger als 547 Millionen Kleidungsstücke hängen in Österreichs Schränken. 72 Millionen davon ungenutzt. Vieles billig gekauft und bald wieder ausgemustert, um Platz für Neues zu schaffen. Große Modeketten bringen immerhin fast im Wochenrythmus neue Billig-Kollektionen in die Läden.

Die weltweite Kleiderproduktion hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt, die Verwendungsdauer ist um ein Drittel gesunken. Die Folgen dieser „Fast Fashion“ sind weitreichend: Bis 2050 könnte die Textilindustrie weltweit für ein Viertel des CO2-Ausstoßes verantwortlich sein. Die verheerenden Arbeitsbedingungen für Textilarbeiter sind die soziale Kehrseite unseres Konsumhungers.

Trotz dieser Zahlen gibt es aber einen Gegentrend: Immer mehr Menschen wollen dieses System nicht weiter unterstützen. Sie reduzieren ihre Bedürfnisse und kaufen weniger – und was sie kaufen, soll ökologisch verträglich und sozial gerecht hergestellt worden sein. Zwar ist der Anteil an nachhaltiger Mode am Gesamtmarkt mit geschätzt unter einem Prozent nach wie vor sehr gering. Jedoch wächst das Angebot laut einer Untersuchung von McKinsey jährlich um das Fünffache. Dass der Nachhaltigkeitsgedanke in der Modebranche zunehmend Einzug hält, bestätigt auch Sabine Tobisch, Fachgruppengeschäftsführerin für Mode- und Bekleidungstechnik in der Wirtschaftskammer OÖ: „Dieser Trend ist jedenfalls spürbar. Kunden fragen viel häufiger nach, wo und wie ihre Kleidungsstücke produziert werden.“ Dadurch ist das Angebot größer – und auch vielfältiger geworden. Die „Ökomode“ der 68-er-Generation ist stylischen Designs gewichen, oder anders gesagt: Man erkennt faire Kleidung nicht mehr an ihrem „Erscheinungsbild“, sondern sie ist massentauglich geworden. Und so paradox es klingen mag: Das ist auch den großen global agierenden Modehäusern zu verdanken. „Diese haben mit ihren Angeb oten an Kleidung aus Bio-Baumwolle einen Markt geschaffen“, sagt Johannes Heiml vom Konsumentenschutz der oö. Arbeiterkammer.

Es wird für Konsumentinnen und Konsumenten also zunehmend einfacher, in ihrer Garderobe auf Nachhaltigkeit zu setzen. Die Möglichkeiten dazu sind unterschiedlich.

Österreich
– Ein Österreicher (Altersgruppe 14 bis 69) besitzt im Durchschnitt 85 Kleidungsstücke (ohne Unterwäsche und Socken).
– Jedes achte Kleidungsstück wird nie, fast nie oder selten getragen. Das sind hochgerechnet für Österreich 72 Millionen Kleidungsstücke, die vollkommen oder nahezu ungenutzt nur für den Kleiderschrank produziert werden. 
– Die Hälfte der Kleidung hat eine Lebensdauer von weniger als drei Jahren

Produziert in Europa

Die Textilproduktion nach Europa (zurück) zu holen, ist das Ziel vieler Start-Ups, die in den vergangenen Jahren in der Modebranche ihr Glück versuchten. Portugal gilt dabei als eines der Produktionsmekkas in Europa. Dort lassen auch die Macher von „Vresh“ produzieren; gearbeitet wird hauptsächlich mit Bio-Baumwolle und Tencel. Ihr Konzept heißt „nachhaltig, schlicht und leistbar“. „In Europa zu produzieren war für uns die Voraussetzung. Die Lieferwege sind kürzer und das Lohnniveau ein anderes“, sagt Co-Founderin Michi Gahleitner. Noch lieber würden sie Kleidung in Österreich produzieren lassen, in größerem Umfang sei das aber einfach nicht möglich. Zu den kleinen Familienbetrieben in Portugal, mit denen das Unternehmen zusammenarbeitet, haben sie direkten Kontakt und zahlen 20 Prozent über dem normalen Lohn.

Global, aber fair

Ein anderes Konzept verfolgt Ingrid Gumpelmaier-Grandl mit ihrer Marke „Fairytale“. Das biofaire Modelabel, mit dem in Österreich an die 100 Geschäfte und Ein anderes Konzept verfolgt Ingrid Gumpelmaier-Grandl mit ihrer Marke „Fairytale“. Das „biofaire“ Modelabel, mit dem in Österreich an die 100 Geschäfte und Weltläden beliefert werden, belässt die Herstellung bewusst in den „typischen armen“ Produktionsländern, im konkreten Fall in Nepal. „Wir wollen die Menschen vor Ort unterstützen und ihnen mit langfristigen Partnerschaften eine gute Lebensgrundlage schaffen“, sagt Gumpelmaier-Grandl. Denn für kleine Manufakturen werde es dort immer schwieriger, gegen große Player bestehen zu können. Es geht als nicht nur um Kleiderproduktion, sondern Entwicklungszusammenarbeit. Das wird zum Beispiel mit dem Bau einer Photovoltaikanlage in den Produktionsstätten ersichtlich oder damit, „dass wir den Näherinnen ein Karenzgeld zahlen oder den Zulieferern lernen, wie man giftfrei färbt“, so Gumpelmaier-Grandl.

Produktion
– Zwischen 2000 und 2016 hat sich die weltweite Kleiderproduktion fast verdoppelt. 
– Rund 8000 Liter Wasser verbraucht die Produktion eines einzigen Paares Jeans. 3500 verschiedene Chemikalien setzt die Textilindustrie ein, um aus Rohmaterialien bunte Kleidung zu machen. 
– Textilarbeiter sind oft unsicheren Produktionsprozessen und gefährlichen Chemikalien ausgesetzt. Zeit- und Kostendruck führen zu schlechten Arbeitsbedingungen mit niedrigen Löhnen und Kinderarbeit.
– Die Verwendungsdauer der Kleidungsstücke hat sich von 2000 bis 2016 um 36 % verringert. 
– Die gesamte Textilindustrie könnte bis 2050 weltweit für ein Viertel des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes verantwortlich sein.

Quellen: Ellen MacArthur Stiftung, Greenpeace, Clean Clothes Kampagne

Neue Rohstoffe im Stoff

Wer nachhaltig Kleidung produziert, setzt auf Bio- statt konventionelle Baumwolle. Ihre Produktion ist weniger wasserintensiv und kommt ohne Pestizide aus. Der Bio-Anbau ist zwar steigend, ihr Anteil liegt aber noch immer unter einem Prozent.

Daneben haben sich in den vergangenen Jahren Fasern aus Holz etabliert. Die oberösterreichische Firma Lenzing produziert eine solche Faser, nämlich Lyocell – unter dem Markennamen „Tencel“. „Daraus produzierte Mode ist biologisch abbaubar. Das Holz stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern“, erlärt Caroline Ledl von der Lenzing AG. Die Fasern werden weltweit geliefert, der Marktanteil ist steigend: Weil von Konsumenten zunehmend auf Nachhaltigkeit gesetzt wird, „aber auch“, so Ledl, „wegen seiner angenehmen Trageeigenschaften.“

Am Ende braucht es für die Konsumenten also immer einen utilitaristischen Nutzen: Sei es der Komfort oder das Design: Passt auch das, wird Nachhaltigkeit tragbar.

Fasern

Kleidung ist ein Produkt aus einer riesigen Menge an Fasern. Zu zwei Dritteln werden Kunstfasern verwendet, die aus Erdöl, also einem fossilen
(nicht erneuerbaren) Energieträger, hergestellt werden. 

  •  Kunstfasern (ca. 65 %): Polyester, Polyamid, Nylon, Elasthan, …
  •  Pflanzenbasierte Fasern (ca. 26 %): v.a. Baumwolle; weiters Wolle, Leinen, Ramie, Sisal
  •  Holzbasierte Zellulosefasern (ca. 6 %): Viskose, Modal, Lyocell, Tencel (Markenname) 

Labels

Die Bekleidungsindustrie ist äußerst komplex. Deshalb gibt es bisher kein Label, das die gesamte Lieferkette so beurteilt, dass eine sozial- und umweltverträgliche Kleiderproduktion garantiert werden kann. Man sollte also nicht nur Labels vertrauen (von denen es sehr viele gibt), sie können aber eine Orientierungshilfe sein. 

Quellen: Arbeiterkammer, Utopia.de, Clean Clothes Kampagne

GOTS

Der Global Organic Textile Standard (GOTS) ist ein weltweit angewendeter Standard für die Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern. Es ist das am häufigsten vergebene Zertifikat und steht für strenge ökologische Kriterien vom Rohstoff bis zum Endprodukt. Dabei unterliegen z. B. Zusätze strengen Anforderungen, Betriebe müssen Umweltschutzprogramme vorweisen. Ebenso werden in Basisansprüchen soziale Kriterien vorgegeben. 

Fair Wear Foundation

Die Fair Wear Foundation (FWF) ist ein Zusammenschluss aus Stakeholdern, darunter Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und NGOs. Ziel ist die Umsetzung fairer Arbeitsbedingungen. Die FWF hat den bislang umfassendsten Ansatz zur Verbesserung der sozialen Bedingungen in Nähfabriken. Für den Konsumenten ist das Siegel nicht leicht zu erkennen, weil es nicht in der Kleidung angebracht ist. Man muss sich informieren, ob das jeweilige Unternehmen bzw. die Marke Mitglied ist.

Fairtrade Cotton

Fairtrade Cotton ist ein Sozialsiegel. Es garantiert im fertigen Kleidungsstück 100 % fair gehandelte Baumwolle. Die Baumwollbauern erhalten einen fairen Mindestpreis.
In der Lieferkette werden grundlegende Arbeitsstandards kontrolliert. Fairtrade Cotton fördert die ökologische Landwirtschaft, wenngleich es kein Biosiegel ist. 

Fair einkaufen

Shops in Oberösterreich (Auswahl) 

Online-Shops Österreich (Ö) und Deutschland (D) (Auswahl)

Mehr Infos zu Shops: www.wefair.at | Fair Fashion Guide AK OÖ

Bildquellen

  • Kleidung: SFIO CRACHO - stock.adobe.com