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Sicher wandern auf der Alm

FREIZEIT. Durch mehr Eigenverantwortung und Verhaltensregeln mit Hausverstand soll ein gutes Miteinander zwischen Landwirtschaft und Tourismus gewährleistet werden.

Das „Kuh-Urteil“ gegen einen Tiroler Landwirt nach dem tödlichen Unglücksfall auf einer Alm sorgt nach wie vor für große Aufregung. Der verurteilte Bauer wurde erstinstanzlich zu einer Schadenersatzzahlung von 490.000 Euro verpflichtet. Die Almbauern seien dadurch jetzt stark verunsichert: „Viele überlegen, ob sie heuer ihre Tiere überhaupt auftreiben sollen“, berichtet Johann Feßl, Obmann des oberösterreichischen Almwirtschaftsvereins. Die Politik will die Risiken für Almbauern vermindern und damit die Zukunft der Almwirtschaft absichern. „Die Almbewirtschafter erbringen großartige Leistungen für die Allgemeinheit und produzieren hoch wertige Lebensmittel. Das sollen sie auch weiterhin mit einem Gefühl der Sicherheit tun können“, stellt Agrarlandesrat und Bauernbund-Landesobmann Max Hiegelsberger unmissverständlich klar. 

Aktive Bewirtschaftung notwendig

Da die Weide- und Wandersaison demnächst wieder beginnt, braucht es jedenfalls rasch Lösungen. Die österreichische Bundesregierung hat im März einen „Aktionsplan für sichere Almen“ präsentiert, da es sehr viele Unsicherheiten gäbe, was erlaubt und was verboten ist. Abhilfe soll ein Maßnahmenpaket schaffen, welches vier Aspekte beinhaltet: Verhaltenskodex für Wanderer, Ratgeber für Almbauern, Präzisierung der Tierhalterhaftung im Gesetz sowie die Vereinheitlichung von Versicherungslösungen. Im Fokus dabei soll ein gutes Miteinander zwischen Landwirtschaft und Tourismus stehen. Die Almen sollen jedenfalls weiterhin für den Tourismus offen bleiben. Gerade dafür brauche es aber die aktive Bewirtschaftung, denn seit 1930 ist die Hälfte der Almen in Oberösterreich verloren gegangen. Diese Gebiete sind zugewachsen. „Die langfristige Nutzung und Offenhaltung unserer schönen Almgebiete funktioniert nur über die Weidetierhaltung. Die Forderung dabei alles einzuzäunen, ist in der Realität aufgrund natürlicher Gegebenheiten aber unmöglich“, erklärt Feßl.

Die Almen sind ein immer beliebter werdendes Erholungsgebiet. Die Schönheit der heimischen Berg- und Hügellandschaft lädt viele Touristen und Freizeitnutzer zum Wandern und Entspannen in idyllischen Almgebieten ein. „Das freut uns prinzipiell, denn das sind auch unsere Kunden. Aber es kann nicht sein, dass wir Almbauern unsere Flächen unentgeltlich zur Verfügung stellen und dann auch noch die Schuldigen sind, wenn etwas passiert“, so Feßl, der die geplanten Maßnahmen der Politik begrüßt. Damit das Zusammenspiel zukünftig besser funktioniert, brauche es laut Hie­gelsberger auch mehr Eigenverantwortung: „Beim Nutzungsverhalten geht es auch um den Hausverstand. Wer in eine Weidefläche eintritt, macht das freiwillig und bewusst und muss wissen, dass dort mit Tieren zu rechnen ist.“

So verhält man sich richtig

Mit steigender Frequenz von Wanderern erhöhe sich auch die Gefahr von Konfrontationen mit Weidetieren. Dies mache das Befolgen klarer Regeln auf den Almen umso notwendiger. „Kühe sind grundsätzlich gutmütig, sonst könnte man sie auch nicht als Nutztiere halten“, erklärt Feßl, der selbst eine Alm bewirtschaftet. Vorsicht sei jedoch bei Mutterkuhherden geboten: „Die Kühe haben ihre Kälber von Geburt an um sich und verteidigen diese sowie jede Mutter ihr Junges. Das ist ein natürlicher Schutzinstinkt.“ Er rät daher Wanderwege nicht zu verlassen und Abstand zu Weidetieren zu halten. „Einfach ruhig und unauffällig in Distanz an den Tieren vorbeigehen und dabei keine ruckartigen Bewegungen oder unnötigen Lärm machen“, so Feßl. Die Kälber sollte man – auch wenn sie noch so süß aussehen – keinesfalls streicheln oder gar füttern. Denn eine Alm sei kein Streichelzoo.

„In über 99 Prozent der Fälle ist ein mitgeführter Hund der Auslöser für Zwischenfälle.“

Max Hiegelsberger Agrarlandesrat

Ein besonders großes Gefahrenpotenzial für einen Zusammenstoß von Wanderern und Weidetieren entstehe laut Hiegelsberger, wenn Hunde auf den Almen mitgeführt werden. „Der Hund als Nachfahre des Wolfes löst den Beschützer-Urinstinkt bei den Muttertieren aus. In über 99 Prozent der Fälle ist ein mitgeführter Hund der Auslöser für Zwischenfälle mit Weidetieren“, erklärt der Agrarlandesrat. Deshalb lässt das Land Oberösterreich prüfen, ob und in welcher Form ein Hundeverbot auf Almen rechtlich möglich und sinnvoll ist. Bei einer Facebook-Umfrage von Lust aufs Land haben sich kürzlich 71 Prozent der Teilnehmer für ein solches Verbot ausgesprochen. Hundebesitzer sollten ihre Vierbeiner auf der Alm aber jedenfalls nicht frei laufen lassen, sondern an der Leine führen. Weidetiere sollten in weitem Abstand umgangen werden, auch wenn damit ein Umweg verbunden sei. Sollte sich trotzdem eine Konfrontation anbahnen, gilt als oberstes Gebot den Hund abzuleinen. „Der Hund wird flüchten und damit die Aufmerksamkeit auf sich ziehen“, erklärt Almbauer Feßl.

Wissenswert

Im oberösterreichischen Almkataster sind 640 Almen eingetragen. 443 davon werden noch aktiv bewirtschaftet. Im vergangenen Jahr wurden knapp 4800 Rinder aufgetrieben. Das sind 0,9 Prozent aller Rinder im Bundesland.

Bildquellen

  • verhaltensregeln: Bildrechte beim Autor
  • Almwandern: VRD - STOCK.ADOBE.COM