Genau geschaut

Kühe sind keine „Klimakiller“

GENAU GESCHAUT. Wiederkäuer werden in der öffentlichen Debatte oftmals als Hauptversursacher klimaschädlicher Gase verurteilt.
Zu Unrecht, wie ein Faktencheck von Lust aufs Land zeigt.

Die wissenschaftliche Debatte über den Klimawandel und die dafür verantwortlichen Einflussfaktoren ist schon seit Jahren im Gange. Ob Industrie, Verkehr oder Landwirtschaft: Sie alle produzieren klimaschädliche Gase, sogenannte Treibhausgase. 

Hauptverursacher ist mit einem Anteil von 90 Prozent (%) die Verbrennung von Öl, Gas und Kohle. Die Landwirtschaft hat aktuell einen Anteil von circa zehn Prozent an den gesamten Treibhausgas-Emissionen in Österreich. Seit 1990 sind die agra­rischen Treibhausgas-Emissionen um 14 % zurückgegangen. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum sind sie beim Verkehr um 75 % gestiegen. 47 % der Treibhausgas-Emissionen in der Landwirtschaft entstehen in Form von Methan durch die Vergärung von Futtermitteln in Rindermägen. Diese Methanemissionen sind seit 1990 um 15 % gesunken, da sich der Rinderbestand um ein Viertel verringert hat. 

Trotzdem müssen Kühe in der gesellschaftlichen, politischen und medialen Debatte rund um den Kli­mawandel oftmals als Sündenbock herhalten. Lust aufs Land hat wieder einmal genau geschaut und sich auf Spurensuche bei den Wiederkäuern begeben. 

Falschmeldung der FAO

Ein Mitgrund, warum Kühen in der Diskussion oftmals der schwarze Peter zugeschoben wird, dürfte auch einer nicht korrekten Aussendung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aus dem Jahr 2006 geschuldet sein. Die Studie kam zu dem irrtümlichen Schluss, dass die Viehwirtschaft weltweit für 18 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich sei. Dies wurde zwar später von der FAO wieder revidiert und für den Bereich der Kühe mit vier Prozent ausgewiesen, die Falschmeldung war zu diesem Zeitpunkt aber bereits von diversen Medien veröffentlicht worden.

Fakt ist: Rinder sowie andere Wiederkäuer stoßen bei der Verdauung von faserreichem Futter im Pansen Methan aus und tragen somit 4,9 % zu den gesamten TreibhausgasEmissionen in Österreich bei – nicht mehr und nicht weniger. Es gibt sogar Berichte, in denen behauptet wird, dass Kühe klimaschädlicher seien als Autos. Dazu ein Vergleich: Der natürliche Lebensraum der Kuh ist das Grünland, also ländlicher Raum, in dem überwiegend Gras wächst. Dieses Grünland ist nicht nur Teil des Lebensraums, sondern auch ein CO2-Speicher. Das bedeutet, dass CO2 aufgenommen wird und somit nicht in der Atmosphäre bleibt. Der „Lebensraum“ des Autos sind hingegen Straßen, sprich versiegelte Böden, die kein CO2 aufnehmen und auch keinen Nutzen für die Produktion von Lebensmitteln haben.

Wissenswertes über Methan
Methan (CH4) ist der Hauptbestandteil des Erdgases. Es ist geruch- und farblos und dürfte rund 25-mal so klimaschädlich sein wie CO2. Etwa 60 Prozent des jährlich ausgestoßenen Methans stammen von menschlichen Aktivitäten. Weltweit steigt der Methanausstoß. Lediglich in Europa ist er leicht gesunken. Methan wird in der Atmosphäre etwa zehnmal so rasch abgebaut wie CO2. Eine Verringerung würde demnach schnell Ergebnisse bringen. Denn Methan ist aktuell für rund ein Drittel der globalen Erwärmung verantwortlich.

Aus Gras wird Fleisch und Milch

Der Mensch kann kein Gras essen bzw. verwerten – Wiederkäuer dagegen schon. Sie erzeugen daraus die wertvollen Lebensmittel Fleisch und Milch. Damit sind Rinder, Schafe und Ziegen für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft von entscheidender Bedeutung und leisten damit auch einen wertvollen Beitrag zur Ernährungssicherung. 71 % der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche sind Grünland – in Österreich liegt der Grünlandanteil bei 47 %. Ein großer Teil davon kann aufgrund der klimatischen Bedingungen, der Höhenlage oder der Hangneigung auch nur als Grünland genutzt werden. Ein Umbrechen des Grünlandes zu Ackerland würde zudem den im Humus gebundenen Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid freisetzen.

Da Wiederkäuer die Möglichkeit besitzen, hochwertiges Eiweiß aus für Menschen nicht essbarer Biomasse zu produzieren, können sie ein Drittel des täglichen Eiweißbedarfs der Menschen herstellen, ohne in Konkurrenz mit dem Menschen zu treten. Deshalb würde man bei rein pflanzlicher Ernährung der Bevölke­rung mehr Ackerfläche benötigen als bei einer Landwirtschaft mit Tierhaltung, um die erforderliche Eiweißmenge für die menschliche Ernährung zu gewinnen. Große Teile der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind nur für die Herstellung tierischer Lebensmittel geeignet. Würde die Tierhaltung aufgegeben oder reduziert werden, würden viele Regionen massiv verwalden und Lebensqualität verloren gehen. „Der Erhalt einer attraktiven Kulturlandschaft in unseren Grünland- und Bergregionen als Wohn- und Erholungsraum sowie als Wirtschaftsraum für den Tourismus hängt unmittelbar davon ab, ob in diesen Regionen auch künftig Rinder, Schafe und Ziegen gehalten werden“, betont Bauernbund-Landesobfrau und Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger.

„Wir brauchen die Rinder, denn Grünland ist nur über den Wiederkäuermagen zu veredeln. So bleibt das von uns allen geschätzte Landschaftsbild auch künftig erhalten.“

Michaela Langer-Weninger, Agrarlandesräting und Bauernbund-Landesobfrau

Eine Studie des Joint Research Centre Österreich hat den heimischen Bäuerinnen und Bauern zudem kürzlich ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt: Laut dieser verursacht die österreichische Landwirtschaft bei der Milch- und Fleischproduktion EU-weit die niedrigsten Treibhausgas-Emissionen (siehe Grafik).

Während ein Rind im EU-Durchschnitt bei der Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch 22 Kilogramm CO2 ausstößt, verursacht ein österreichisches Rind nur 14,2 Kilogramm CO2 je Kilo Rindfleisch. Ein brasilianisches Rind verursacht mit 80 Kilogramm sogar 5,6-mal so viel CO2 wie ein heimisches Rind.

Ein ähnlich großer Unterschied zeigt sich bei der Milchproduktion: Während eine Milchkuh im EU-Durchschnitt bei der Produktion von einem Kilogramm Milch 1,4 Kilogramm Treibhausgas ausstößt, verursacht eine österreichische Milchkuh nur ein Kilogramm Treibhausgas je Kilogramm Milch. Eine europäische Durchschnittskuh verursacht damit um 40 % mehr Treibhausgase als eine heimische Kuh. 

Regionaler Einkauf ist Klimaschutz

Unbestritten ist, dass die Landwirtschaft als produzierender Sektor bei der Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln naturbedingt Emissionen verursacht. Sie ist aber zugleich in der Lage, große Mengen an Kohlenstoff in Böden und Biomasse zu speichern. Alleine schon deswegen, weil die Landwirtschaft unter freiem Himmel produziert, ist sie vom Klimawandel hauptbetroffen. Weitere Temperaturanstiege sowie die Zunahme von Naturkatastrophen und Extremwetterereignissen wirken sich negativ auf die landwirtschaftliche Produktion aus. Folgen davon sind Ernteausfälle durch Dürren, Waldbrände sowie Überschwemmungen und Hagelschäden aufgrund von schweren Unwettern und Niederschlagsereignissen. Nicht zuletzt deswegen liegt eine klimafreundliche und nachhaltige Bewirtschaftung  im ureigensten Interesse der heimischen Bäuerinnen und Bauern. 

„Jeder von uns kann mithelfen, den Klimawandel zu bremsen. Mit dem Kauf von regionalen Milch- und Fleischprodukten wird das Klima geschützt und gleichzeitig ein wertvoller Beitrag zum Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft geleistet“, so Agrarlandesrätin und Bauernbund-Landesobfrau Langer-Weninger. 

Hauptursachen für Methan
Der Methangehalt in der Atmosphäre ist um etwa 2,5-mal höher als in vorindustrieller Zeit und steigt weiter. Hauptursachen für den Anstieg: Verbrennung fossiler Treibstoffe, Auftauen des Permafrostbodens, undichte Pipelines, Bohrlöcher durch Fracking, Mülldeponien.

Bildquellen

  • Kühe: Animaflora PicsStock - adobestock.com