Landwirtschaft & Handwerk

Überzeugte Türöffnerin

REPORTAGE – Michaela Langer-Weninger ist Bäuerin und künftig die erste Frau an der Spitze einer Landwirtschaftskammer. Worin sie ihre Aufgabe sieht und was die Konsumenten damit zu tun haben, hat sie „Lust aufs Land“ erzählt. 

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igentlich ist es die schönste Aufgabe, die man haben kann“, sagt Michaela Langer-Weninger und lässt den Blick über die idyllische Gegend des Mondseelandes schweifen. Hier in Innerschwand ist sie Bäuerin. Mit Mann und Kindern bewirtschaftet sie einen Hof mit zwölf Milchkühen. Die Selbstständigkeit, den Arbeitsplatz zuhause, das Leben im Kreislauf der Natur: Das schätzt sie so an ihrem Beruf. 

Ihr Blick ist kein verträumter, denn sie weiß, was es heißt, Bäuerin zu sein: 365 Tage im Jahr in der Früh und am Abend in den Stall zu gehen und die Bereitschaft haben, Wiesen und Felder verantwortungsvoll zu bewirtschaften. „Nur weil die Bäuerinnen und Bauern das machen, gibt es diese so bewun­derte Landschaft“, sagt die 40-Jährige. Genau das er­zählt sie auch den Gästen und Bewohnern der Region. „Wenn ich ihnen die Kreislaufwirtschaft erkläre – dass wir gesunden Boden brauchen, um das Vieh zu füttern und gesund zu erhalten und um in Folge von den Tieren Milch zu erhalten, die sie dann konsumieren, gibt es oft ein Aha-Erlebnis“, sagt Langer-Weninger, und ihr Redefluss ist kaum zu stop­pen. Wahrscheinlich ist es gerade diese Begeisterung für ihren Job, die die Bäuerin bei den Gesprächspartnern so sympathisch und überzeugend macht. 

Oberste Bäuerin im Land

„Wir Bäuerinnen und Bauern müssen uns mit unseren Produkten noch viel interessanter machen“, sagt Michaela Langer-Weninger und verschweigt da­bei nicht, dass ihr Berufsstand hier noch Aufholbedarf hat. „Wir wissen, wie man Lebensmittel produziert, wie man mit Tieren umgeht und
wie man sich am Markt bewegt.“ Stärker werden müsse man hingegen beim Dialog mit der Bevölkerung. 

Dieser Brückenschlag zwischen Produzenten und Konsumenten steht auch auf der Aufgabenliste ihrer neuen Funktion. Nächste Woche wird die gebürtige Waldviertlerin zur Präsidentin der Landwirtschaftskammer Oberösterreich gewählt. Als „oberste Bäuerin im Land“ schreibt sie damit ein Stück Ge­schichte. Österreichweit ist sie dann nämlich die erste Frau an der Spitze einer Landwirtschaftskammer. Wobei: Dieser Aspekt ist ihr gar nicht so wich­tig. Auch in ihren bisherigen Funkti­onen – etwa als Landtagsabge­ordnete, als Gemeinderätin, als Stellvertreterin des Bauernbund-Landesobmannes Max Hiegelsberger – ging es ihr nie um die Geschlechterfrage. „Entscheidend für mich war immer, ob ich die Aufgaben bewältigen und einen Beitrag zu einer positiven Entwicklung leisten kann“, beschreibt Langer-Weninger ihren Ansporn. Auch als Funktionärin und Politikerin stellt sie die Kommunikation auf eine hohe Ebene. „Solange wir reden, reißt die Verbindung nicht ab“, ist ihre Überzeugung.  

Der Konsument hat es in der Hand

„Die Gesellschaft erwartet vieles von uns Bäuerin­nen und Bauern“, sagt Langer-Weninger. Das Essen soll nachhaltig produziert werden, die Transportwe­ge müssen kurz sein, den Tieren und der Um­welt soll es gut gehen und die Landschaft soll ge­pflegt werden. „Genau diesen Mehrwert liefern wir bereits“, betont die künftige Bauernchefin und ergänzt: „Nur weiß es der Konsument oft nicht.“ Vie­len Menschen fehlt ein­fach der Bezug zur Landwirtschaft, nur mehr drei Pro­zent der Bevölkerung leben und arbeiten auf einem Bauernhof. „Was die Menschen heute von der Landwirtschaft wissen, spielt sich oft nur mehr im Erlebnisbereich ab. Meist ist es eine Kindheitserinne­rung, als man bei Oma und Opa auf dem Bauernhof zu Be­such war“, so Langer-Weninger. Dadurch habe sich eine Kluft zwischen den Vorstellungen der Gesell­schaft und der Realität der heutigen Landwirtschaft aufgetan. „Wir Bäuerinnen und Bauern machen un­sere Sache gut. Wir produzie­ren unter höchsten Stan­dards, weil wir wollen, dass der Konsument ein gu­tes Produkt bekommt. Das müssen wir den Menschen vermitteln.“ Dann kann der Konsument seine Entscheidung treffen, ob er im Supermarkt zu den qua­litativ hochwertigen heimischen Produkten greift oder zu ausländischen, die mit den österreichischen Stan­dards (oft bei weitem) nicht mithalten können. Beim Essen in der Kantine oder im Gasthaus kann er nach­fragen, woher Fleisch, Eier oder Gemüse stammen und so den österreichischen Lebensmitteleinkauf forcieren. 

Was Bauer sein bedeutet 

Die Zeichen für eine erfolgreiche Symbiose zwischen Bauern und Konsumenten stehen gut. Den Trend, zu regionalen Produkten zu greifen und das Landleben wertzuschätzen, gibt es zweifelsohne. „Wenn die Menschen für diese Themen aufnahmefähig sind, kann man ihnen auch die Hintergründe des Landwirtschaftens erklä­ren“, so Langer-Weninger. 

Dass es zum Beispiel ein breites Spektrum an Wissen braucht – wie Pflanzen wachsen, welchen Umgang ein Tier erfor­dert oder wie Maschinen funktionieren. Oder dass kli­matische Bedingungen eine große Herausforderung sein können, wenn wegen der Dürre zu wenig Futter für das Vieh da ist, durch Frost die Obsternte eines Jahres dahin ist oder der Hagel das Getreide vernich­tet. Dass Artenvielfalt nur durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung aufrechterhalten werden kann, weil sonst Wiesen und Felder zu Wald würden, und der begrenzende Faktor für die Zukunft die Verfügbarkeit von Boden ist – all das müsse man den Menschen erklären. 

„Die Landwirtschaft sichert die Ernährung und die Lebensqualität für die Bevölkerung“, sagt Langer-Weninger nicht ohne Stolz auf ihren Berufsstand. Den Konsumenten dieses Verständnis weiterzugeben, sieht sie als ihre Aufgabe. Als künftige Landwirtschaftskammerpräsidentin genauso wie als Bäuerin. 

Familie und Beruf

Michaela Langer-Weninger ist 40 Jahre, verheiratet mit Leopold und Mutter von Sofia (19), Jakob (17) und Samuel (12). Seit 2002 bewirtschaftet die Familie den „Aichriedlhof“ mit Bio-Heumilcherzeugung. Sie ist bisher Landtagsabgeordnete, Gemeinderätin, Obmann-Stellvertreterin im OÖ Bauernbund. Im Juni 2019 wird sie zur Präsidentin der Landwirtschaftskammer OÖ gewählt. 

Bildquellen

  • Michaela Langer-Weninger: LustaufsLand/Pichler