Vom Garten ins Glas
ERNÄHRUNG. Wer die jetzige Vielfalt an heimischem Gemüse und Obst in den Winter hinüberretten will, sollte nun zur Tat schreiten: Einkochen und einlegen ist angesagt, besonders im Trend liegt das Fermentieren.
Der Herbst bringt reiche Ernte im Obst- und Gemüsegarten. Haltbarmachen lautet nun die Devise, um die Vielfalt in die nächsten Monate hinüberzuretten. Lebensmittel zu konservieren ist zwar längst nicht mehr überlebenswichtig und angesichts aufgehobener Jahreszeiten im Einkaufsregal auch nicht notwendig. Saisonales aus dem eigenen Garten, direkt vom Bauernhof oder frisch aus der Region selbst haltbar zu machen zeugt jedoch von nachhaltigem Denken und auch einem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur. Nicht zuletzt schmeckt es einfach gut, bringt Vielfalt auf den Tisch und man weiß, was drin ist und was nicht.
Romana Schneider-Lenz vom Referat für Ernährung an der Landwirtschaftskammer Oberösterreich rät Einsteigern, sich einmal an pikanten Chutneys zu versuchen. „Dabei sind Erfolgserlebnisse garantiert“, so die Expertin. Für die süß-sauren, pikanten oder auch scharfen Würzmarmeladen, deren Ursprünge in der indischen Küche liegen, wird je nach persönlichem Geschmack Obst mit Gemüse kombiniert und mit Essig, Zucker und Gewürzen ergänzt. „Man kann dabei kreativ sein und Reste oder Übermengen gut verwerten. Chutneys sind hervorragende Begleiter zu Fleisch, Fisch, Käse oder Gemüse- und Reisgerichten. So ein hausgemachtes Chutney bringt Pepp und Würze in jede Grillparty und ist auch ein nettes Mitbringsel im Glas“, so Schneider-Lenz. Wer mag, kann es sich auch einfach aufs Brot streichen oder Soßen damit aufpeppen. Eingekocht wie Marmeladen halten Chutneys problemlos ein Jahr.
Als Grundrezept für Experimentierfreudige nennt die Expertin folgendes:
„Das Spannende am Chutney ist, dass man sich nicht streng an vorgegebene Rezepte halten muss, sondern mit ein wenig Gespür und Übung je nach Geschmacksvorliebe seine eigenen Vorräte kreieren kann“, sagt Schneider-Lenz. Die Beigabe von Zwiebeln und Äpfeln sei bei fast jedem Chutney eine gute Wahl: Goldgelb angeröstete Zwiebel sind tolle Geschmacksverstärker und Äpfel sorgen aufgrund ihres Pektingehalts für eine mollige Konsistenz.
Fermentieren: Gesund und trendig
Zuletzt wieder sehr trendig geworden ist das Fermentieren, eine an sich uralte Methode der Konservierung. Für Andrea Bierwolf aus Wartberg ob der Aist ist Fermentieren mehr als nur etwas haltbar zu machen. „Fermentieren ist gesunder Genuss, der nachhaltig ist und unabhängig macht“, sagt die Ernährungstrainerin, die sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt und durch ihre Workshops und ihr Buch (siehe Buchtipp) schon viele Interessierte auf den Geschmack gebracht hat.
Buchtipp
Gutes Essen braucht Liebe, Zeit – und gute Mikroben, das sagt Andrea Bierwolf. Sie vereint im Buch „Fermentista“ theoretisches Wissen über die Fermentation mit einfachen Anleitungen, praktischen Erfahrungen und hilfreiche Tipps für den Fermentier-Erfolg daheim.
Das Buch aus dem Verlag Freya hat 304 Seiten und ist unter ISBN 978-3-99025-508-7 zum Preis von 24,90 Euro im Buchhandel erhältlich.
Buchtipp
Die Methoden zur Haltbarmachung von Gemüse, Kräutern und Pilzen sind vielfältig. Im neu aufgelegten Buch „Haltbar machen“ erläutern Marianne Obermair und Romana Schneider-Lenz diese und zeigen Beispiele anhand von mehr als 150 Rezepten.
Das Buch aus dem Verlag Leopold Stocker hat 192 Seiten und ist unter ISBN 978-3-7020-1927-3 im Buchhandel zum Preis von 19,90 Euro erhältlich.
Beim Fermentieren gehe es um Mikroorganismen, um das Arbeiten mit „guten Bakterien“. „Besser gesagt, man lässt diese arbeiten, denn man muss nur das richtige Milieu dafür schaffen, damit sich die erwünschten Bakterien gegenüber den nicht erwünschten durchsetzen können“, so die Expertin. Im Fall von Gemüse sind Milchsäurebakterien die Guten, die sich gegenüber Schimmel behaupten sollen.
Milchsäurebakterien bauen unter Ausschluss von Sauerstoff die Kohlenhydrate des Gemüses ab und produzieren daraus Säuren. Die sogenannte Milchsäuregärung ist eine Art der Fermentation, die bekanntesten Produkte, die so entstehen, sind etwa Sauerkraut, Joghurt und Salzgurken. „Fermentieren ist die einzige Art des Haltbarmachens, bei der die Vitamine mehr werden. Mineralstoffe werden besser verfügbar gemacht, Giftstoffe abgebaut. Dazu kommen noch Bakterien, die auch probiotisch wirken. Damit tun wir auch dem Körper etwas Gutes“, betont die Expertin. Es seien teils ungewohnte Geschmäcker, die dem Gaumen geboten werden. „Aber wenn man einmal merkt, wie gut fermentierte Lebensmittel dem Körper tun, kriegt man richtig Gusto drauf“, sagt Bierwolf. Fermentier-Kurse und Workshops seien für Einsteiger empfehlenswert. „Viele müssen erst wieder lernen, auf die eigenen Instinkte und den eigenen Geschmack zu vertrauen. Das haben wir teilweise verlernt, jeder schaut nur noch auf das Mindesthaltbarkeitsdatum“, sagt Bierwolf. Mit etwas Übung und Gespür lassen sich dann aber schnell auch in der eigenen Küche Erfolge feiern.
Nicht dekorieren, sondern lagern
Für die Haltbarkeit der selbst eingemachten Schätze sind die Lagerbedingungen wesentlich. Licht und zu warme Temperaturen schaden und können sowohl die Konsistenz als auch das optische Erscheinungsbild verändern. Das dekorative Aufstellen der Gläser in der Küche sollte also unterlassen werden. Kühl, dunkel und trocken ist meist die beste Kombination. Es empfiehlt sich, alles gut zu beschriften und regelmäßig zu kontrollieren. Neue Vorräte gehören nach hinten im Regal, ältere Ware zuerst verbraucht. Generell sollte man nicht mehr einmachen, als man bis zur nächsten Saison braucht, denn der nächste Sommer kommt bestimmt.
Workshops
Andrea Bierwolf bietet laufend Workshops zum Thema Gemüse fermentieren an. Informationen und Termine unter www.fermentista.at. Auch das Ländliche Fortbildungsinstitut (LFI) hat Kurse zum Thema Haltbarmachen und Gemüse fermentieren im Programm. Info: www.ooe.lfi.at
Experimentieren
Wer gerne experimentiert, kann aus Kürbis, Zucchini oder Karotten, kombiniert mit Früchten, schmackhafte Marmeladen zaubern. Verfeinert werden diese mit Gewürzen wie zum Beispiel Ingwer, Zimt, Nelken, Pfeffer oder Curry. Für neue Geschmackserlebnisse sorgt zum Beispiel auch Lebkuchengewürz.
Haltbar machen
Zum Haltbarmachen gibt es abseits vom Tiefkühlen viele Methoden. Öl, Essig, Alkohol, Salz und Zucker wirken konservierend. Auch die Milchsäuregärung und das Sterilisieren sowie Trocknen/Dörren erhalten Lebensmittel lange genießbar. Info: www.esserwissen.at/nachhaltig-essen/haltbar-machen
Selber machen
Gemüse fermentieren ist einfach, natürlich und praktisch in jedem Haushalt möglich. Die Grundlagen werden in dieser Broschüre der Landwirtschaftskammer OÖ erklärt, die zum Preis von fünf Euro plus Versandkosten bestellt werden kann: E-Mail an Kundenservice@lk-ooe.at oder Tel. 050/69 02-10 00.
Bildquellen
- Haltbarmachen-Workshops: REDPIXEL - stock.adobe.com
- Haltbarmachen-Marmelade: elena_hramowa - - stock.adobe.com
- Haltbarmachen-Einlegen: zettar - stock.adobe.com
- Haltbarmachen-LFI Gemüse fermentieren Kopie: LK OÖ
- Haltbarmachen: ADOBESTOCK.COM - ASAB974