Landwirtschaft & Handwerk

Von Rindern und Ochsen

REPORTAGE. Kenner wissen es: Rindfleisch ist ein vielfältiges Produkt, das richtig zubereitet dem Gaumen schmeichelt. Doch Rind ist nicht gleich Rind. Herkunft, Aufzucht und Verarbeitung machen einen Unterschied.

An Rindfleisch trauen sich nicht alle ran. Schließlich gilt das Fleisch als schwierig in der Handhabung. Wer sich jedoch heranwagt, wird geschmacklich belohnt. Denn neben der hohen Qualität heimischer Ware liegt des Rätsels Lösung in der Fleischreifung und der Zu­bereitungsart. Für das optimale Gaumenerlebnis sollte Rindfleisch circa zehn Tage abhängen. Während dieser Zeit bewirken biochemische Prozesse, dass das Fleisch mürbe wird. Soweit so gut. Dann muss nur noch für jedes Teilstück die richtige Garmethode ge­wählt werden. Welche das ist, weiß der bäuerliche Di­rektvermarkter oder der Fleischhauer des Vertrau­ens. Fragen zahlt sich in jedem Fall aus. Schließlich will man zu Hause nicht vor dem Fleisch stehen, wie die Kuh vorm neuen Tor.

Auch hinsichtlich des Geschmacks und Mundge­fühls gibt es Unterschiede. Diese werden nicht unwe­sentlich von der Rindfleisch-Art bestimmt. Unterschie­den wird zwischen Kalb-, Ochsen, Kalbinnen- und Jungstierfleisch. Als besonders fein gilt Kalbfleisch. Es ist allgemein zarter und rein optisch eine Spur heller als die anderen Rindfleischarten. Verwendung findet es typischerweise als Braten oder auch in Form eines echten Wiener Schnitzels. Die Unterscheidung zwischen den anderen Rindfleischarten fällt schon schwerer. Grundsätzlich gilt Ochsen- und Kalbinnenfleisch als fetter und damit saftiger. Fleisch aus der Stiermast – der Großteil des Rindflei­sches in der Supermarkttheke – dagegen ist sehr fett­arm und findet breite Verwendung in der Küche, gerne auch als Steak.

Apropos Steak. Fälschlicherweise wird das argentinische oder das brasilianische als Delikatesse beworben. Fakt ist jedoch, dieses Fleisch wird häufig in sogenannten Feedlots erzeugt, einer Form der Massentierhaltung, bei der Tierwohl wenig bis gar keine Rolle spielt. Mitunter werden auch Hormonpräparate eingesetzt, um die Tiere in noch kürzerer Zeit zu mäs­ten. Über weites Grasland streifen diese Tiere nicht – das ist eine Mär, die auf keine Kuhhaut passt. In der Gastronomie ist das Fleisch dennoch gern gesehen – des Preises wegen. Denn trotz vieler tausender Kilome­ter Transport ist es noch immer billiger als heimisches Qualitätsfleisch. Einzig in der CO2-Bilanz führt das Rindfleisch aus den Mercosur-Staaten die Bewertung an. Ganze 80 Kilogramm CO2 sind es pro Kilogramm. Zum Vergleich: Heimisches Rindfleisch trägt lediglich einen C02-Rucksack von 14,2 Kilogramm, das ist weniger als ein Fünftel.

Rindfleisch aus Österreich ist daher ein Genuss, den man sich mit gutem Gewissen gönnen darf. Im Sommer auch gerne vom Grill. Stellt sich nur noch die Frage: rare, medium oder well done. Aber das ist und bleibt Geschmacksache.

Mastkälber kommen meist von Milchviehbetrieben, manchmal auch aus der Mutterkuhhaltung. Um als Kalbfleisch deklariert zu werden, darf das Tier nicht älter als sieben Monate sein. Danach ist es ein Jungrind.
Geschlecht und Fütterung haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Fleischqualität. Kalbinnen (weibliche Jungtiere) und Ochsen (kastrierte, männliche Jungtiere) werden meist extensiv, also auf der Weide, gemästet.
Die Mutterkuhhaltung trägt wesentlich zur Rindfleischproduktion bei. Die Kälber bleiben hier für zehn bis zwölf Monate bei der Mutter, trinken bei dieser Milch und fressen auf der Weide mit. Dann werden sie geschlachtet (Jungrind) oder als „Einsteller“ weiterverkauft.
In der Intensivmast sind meist Stiere zu finden. Sie haben die höchsten Tageszunahmen (bis zu 1400 Gramm). Gefüttert wird eine Mischung aus Maissilage, Kraft- und Mineralstofffutter.
Viele Bäuerinnen und Bauern arbeiten bereits mit regionalen Fleischhauern zusammen, um den Tieren unnötig lange Transportwege zu erspa- ren. Auch die Weideschlachtung direkt am Hof ist im Steigen begriffen.
Die Qual der Wahl hat der Konsument im Supermarkt. Viele Teilstücke, vom Nacken bis zur Hüfte, stehen zur Auswahl. Die Herkunft des meist von Maststieren stammenden Fleisches muss am Etikett ausgewiesen sein.
Die Edelteile des Rindes werden gerne kurzgebraten oder auf den Grill gelegt. Hierzu zählen der Tafelspitz, das Beiried (Rumpsteak, Teil des T-Bone und Porterhouse-Steaks), der Rostbraten und das Filet. Je nach Geschmack wird das Fleisch von blutig über rosa bis durch serviert.
Ein Klassiker der österreichischen Küche: Tafelspitz mit Wurzelgemüse und Kren. Jährlich werden hierzulande pro Kopf 11,9 Kilogramm Rind- und Kalbfleisch verzehrt. Dieses liefert hochwertiges Eiweiß, reichlich B-Vitamine, Eisen, Zink und Selen. Zudem ist es vergleichsweise mager.

Bildquellen

  • Rind Mastkalb: BMLRT/Paul Gruber
  • Rind: Harald – Stock.adobe.com
  • Rind Mutterkuhhaltung: Rokfeler – Stock.adobe.com
  • Rindermast: Agrarofoto.com
  • Rind Fleischhauer: ontrastwerkstatt – Stock.adobe.com
  • Rindfleisch Supermarkt: EUGENI_FOTO – Stock.adobe.com
  • Rindfleisch Rare-Well done: New Africa – Stock.adobe.com; repro: lustaufsland
  • Rindfleischsalat: kab-vision – Stock.adobe.com