Kinder & Freizeit

Kleine Leute, große Töne

KINDER. Musik ist Emotion und übt ihre faszinierende Wirkung schon auf Kleinkinder aus. Wer als Kind ein Instrument erlernt, profitiert davon mehrfach.

Musik gilt als die Sprache der Gefühle, sie beeinflusst unsere Stimmung und hilft beim Entspannen.  Dass sich Musikmachen sogar positiv auf die Gehirnentwicklung auswirkt, haben unzählige Studien und Untersuchungen schon ergeben. Die Musik ist ein breites und beliebtes Thema in der Neurowissenschaft. Mithilfe bildgebender Verfahren lässt sich zeigen, dass in Musikergehirnen die Verbindung zwischen linker und rechter Gehirnhälfte deutlicher ausgeprägt ist und welche Areale aktiviert werden. Kinder können besonders von den Vorteilen eines Musikunterrichts profitieren. Durch das aktive Musizieren entstehen neue Nervenverbindungen im Gehirn, die das Lernen erleichtern und das Gedächtnis stärken können. Sie können dann aufmerksamer sein und besser zuhören.

Bonus: Sozialkompetenzen

Ein Instrument zu lernen bedeutet schließlich, unterschiedliche Hirnregionen gleichzeitig zu beanspruchen, denn zum Musikmachen braucht es Hörsinn, Tastsinn, Sehsinn und Feinmotorik. Wer regelmäßig übt, fördert auch seine Selbstdisziplin. Das wiederum tut dem Selbstbewusstsein gut. „Abgesehen von der positiven Wirkung auf die kognitiven Fähigkeiten ist es vor allem auch der soziale Aspekt, den ich als sehr wertvoll erachte“, sagt die Musikpädagogin Nina Böhmdorfer aus Neumarkt im Mühlkreis, „denn Musik ist immer noch analog. Allein im Kinderzimmer, online und mit Kopfhörer auf – das funktioniert nicht. Im Ensemble oder bei der Blasmusik kann nur spielen, wer regelmäßig hingeht und sich in die Gruppe einfügt.“ Kinder würden sich mit Musik auch ein Stück weit selber erziehen. „Sie merken schnell, dass durch konsequentes Üben etwas weitergeht und sich dann Erfolg und Freude einstellen“, so Böhmdorfer. 

Apropos Freude: Diese ist beim Musizieren das Wichtigste. Druck und Zwang können den Spaß am  Musikmachen sehr schnell zunichte machen – und das im schlimmsten Fall für immer. Ideal ist, wenn ein Kind „sein“ Instrument selbst entdeckt und aus eigenem Antrieb erlernen will. „Die Erfahrung zeigt, dass dann der Erfolg auch am größten ist“, weiß die Musikpädagogin.

„Frühstart“ ist nicht notwendig

Nicht jedes Kind muss schon in jungen Jahren in die Tasten greifen oder die Saiten streichen. Das ideale Einstiegsalter in die Welt der Musik gibt es ohnehin nicht, denn auch beim Musizieren gilt: Jedes Kind ist anders. Die Entwicklungsstadien verlaufen nicht bei allen parallel. Eltern sollten daher die individuelle Entwicklung ihres Kindes im Auge haben. Nicht jedes Kind ist ein kleiner Mozart und auch eine durchschnittliche Musikkarriere ist längst nicht verbaut, wenn nicht schon im frühen Kindesalter das Erlernen eines Instruments zum Pflichtprogramm gehört. „Die Tendenz heute ist immer früher und früher“, bemerkt Böhmdorfer. „Für manche mag das gut passen, aber bei anderen bewirken Eltern mit einem zu frühen Start eher das Gegenteil von dem, was sie sich erhoffen“, so die Pädagogin, die selbst dreifache Mutter ist. Gelingt der Start dem Kind nicht wie erwartet, kann das sehr demotivierend sein.   

Was es auf jeden Fall braucht, ist eine Portion Geduld und Durchhaltevermögen. Und vonseiten der Eltern auch ein gewisses Maß an Unterstützung und Motivation zum Dranbleiben. Ist die kindliche Freizeit schon sehr durchgeplant, ist das eine schlechte Voraussetzung für ein zusätzliches „Projekt“. Kinder brauchen auch Zeit zum Kindsein. Ebenso ist der Schuleintritt mit seinen neuen Pflichten nicht der beste Zeitpunkt, um dem Nachwuchs mit einem Musikinstrument noch einen Nachmittagstermin unterzujubeln. „Nicht jedes Kind muss ein Musikinstrument lernen“, gibt die Musikpädagogin Entwarnung für alle Eltern, die nichts falsch machen wollen. Kinder können sich auch auf andere Weise kreativ und künstlerisch ausdrücken, wenn sie Zeit und Raum dafür bekommen. 

Ein erstes Erleben von Musik   

Für ein erstes Erleben von Musik bietet sich die „Musikalische Früherziehung“ an. Dabei stehen die ganzheitliche Förderung sowie eine allgemeine musikalische Bildung des Kindes im Mittelpunkt. Spielerische Elemente prägen die Unterrichtseinheiten. Vornehmliches Ziel ist es, die Neugierde und Freude an Musik zu wecken, zu erhalten und Interessen auszubauen. „Es geht immer um das Erleben in der Gruppe“, sagt Nina Böhm-dorfer, die seit 20 Jahren verschiedene Fächer der Elementaren Musikpädagogik unterrichtet. In der Musikalischen Früherziehung arbeitet sie mit dem sogenannten „Orff-Instrumentarium“: Triangel, Klanghölzer, Rassel, Trommel oder Becken sind Beispiele dafür – allesamt Instrumente, mit denen Kinder einfach losmusizieren können, ohne dass sie vorher bestimmte Techniken oder Griffe erlernen müssen. „Mit diesen Instrumenten gelingen schon Fünfjährigen einfache Liedbegleitungen“, so Böhm-dorfer. Ein Aspekt der Musikalischen Früherziehung ist die Möglichkeit, Instrumente kennen zu lernen. Ein Kind, das so – wie bereits erwähnt – zum auserkorenen Instrument findet, kann den direkten Weg nehmen. Ein Umweg über die Blockflöte ist nicht nötig, auch wenn diese Vorgehensweise früher üblich war. Auch die geschlechtsabhängigen Präferenzen sollten bald der Vergangenheit angehören. „Mädchen tendieren zwar immer noch zu Streich- und Holzblasinstrumenten, während Burschen sich eher als Schlagzeuger und Blechbläser sehen. Diese Fronten weichen aber mehr und mehr auf“, bestätigt die Musikpädagogin.   

In Oberösterreich gibt es seit 15 Jahren das Projekt „Ein Haus voll Musik“. Dabei gehört einmal pro Jahr das Brucknerhaus in Linz drei Tage lang den Schulanfängerinnen und Schulanfängern, die dort bei Mitmachkonzerten in die Welt der Musik eintauchen und verschiedenste Instrumente erleben und ausprobieren können. 

Jedes Instrument in Kindergröße

Seit 2004 haben mehr als 115.000 Kinder aus ganz Oberösterreich das „Haus voll Musik“ besucht. Initiiert hat die Veranstaltung die OÖ. Streichervereinigung, die Musikinstrumente werden vom Musikhaus Danner zur Verfügung gestellt. Letzteres ist Oberösterreichs Marktführer in der Musikinstrumente-Branche und hat heuer sein 30-jähriges Bestehen gefeiert. Als beliebte Einstiegsinstrumente für Kinder nennt Gerald Rammerstorfer, Verkaufsleiter im Musikhaus Danner, die Blockflöte und die Gitarre. „Grundsätzlich gibt es jedes Instrument auch in Kindergrößen, auch Blasinstrumente. Unser Musikhaus hat sich auch darauf spezialisiert, Instrumente individuell anzupassen, etwa auf kleine Spieler. Das ist bei vielen Instrumenten möglich“, sagt Rammerstorfer. Größenmäßig nicht passende Instrumente könnten dazu führen, dass sich das Kind zu sehr plagen muss. „Dann vergeht ihm die Freude am Musizieren. Dabei ist es für Kinder am wichtigsten, Spaß zu haben und auch kleine Erfolge zu erleben“, sagt der Experte. 

Leihen statt kaufen

Für Eltern von Musik-Einsteigern empfiehlt es sich, ein Instrument vorerst nur zu mieten oder sich für eine Mietkauf-Variante zu ent-
scheiden. Gerade bei kostspieligen Instrumenten kann diese Vorgehensweise ratsam sein. Mietkauf-Modelle und Instrumente zum Ausleihen gibt es an Musikschulen und in Fachgeschäften. 

Bildquellen

  • Kind: xavier gallego morel – stock. adobe.com