Natur & Garten

Zarte Blüte, große Kraft

GARTEN. Sie sind schon ein kleines Wunderwerk der Natur, die Frühblüher. Jedes Jahr trotzen sie Schnee, Regen und Kälte und zaubern bunte Farbtupfen in triste Parks und Gärten.

Er ist wieder da – der Frühling. Astronomisch gesehen hat er erst vor kurzem, am 20. März, begonnen. Die Natur ist – aber wie so oft in den vergangenen Jahren – auch heuer früher erwacht. Zarte bunte Blüten, die der Frühblüher, künden die Rückkehr von Wärme und satten grünen Wiesen an. Kahler, teils matschiger Boden weicht einem Blütenmeer in Weiß, Gelb, Rosa und Lila. Möglich macht es ein komplexes Wechselspiel von Umwelt und Pflanze.

Klimawandel
Pflanzen sind empfindliche Messinstrumente der lokalen Atmosphäre. Sie machen den Klimawandel auch für Laien sichtbar. Denn eine Temperaturzunahme von einem Grad Celsius bewirkt,
dass Frühblüher und Bäume um eine Woche früher zu blühen beginnen. 

Kleine, autarke Kraftwerke

Erste wärmende Sonnenstrahlen und die zunehmende Tageslänge bringen Leben in den Boden. Zwiebel, Wurzelknollen und Rhizome – die Speicher-
organe der Frühblüher nehmen nach einer kurzen Winterpause wieder die Arbeit auf. Dabei wandeln die kleinen Kraftwerke eingelagerte Reservestoffe (Stärke) auf Hochtouren zu Energie um. Bereits wenig später stoßen erste Blätter ins Freie, kurz darauf treten auch die Blüten zu Tage. 

Damit die unterirdischen Pflanzenorgane aber überhaupt aktiv werden, braucht es zuvor einen Kältereiz. Denn nur die Kombination aus Kälte und Temperaturanstieg signalisiert Schneeglöckchen, Narzisse und Co. das Ende des Winters. Ähnlich verhält es sich bei den einjährigen Frühblühern. Da auch sie zu den Frostkeimern zählen, müssen die ausgeworfenen und im Boden gequollenen Samen Kälte erfahren. Denn im Samen dominiert zu Anfang das wachstumshemmende Hormon Abscisinsäure. Erst wenn sich die Temperatur für einige Wochen um die Null-Grad-Marke bewegt, verschiebt sich das Gleichgewicht zugunsten des keimfördernden Hormons Gibberellin. In weiterer Folge beginnt der Embryo im Samen zu wachsen, bis er die ebenfalls durch das Hormon weicher werdende Samenhülle durchbricht. 

Einmal über der Erde angelangt, schützen sich die Frühlingsboten auf ähnlich geschickte Art und Weise. Das Schneeglöckchen etwa bildet in Form des Bio-Alkohols Glycerin sein eigenes Frostschutzmittel und verhindert so, dass seine Zellen durch gefrierendes Wasser zerstört werden.  

Weichen stellen im Herbst

Den eigenen Garten mit Frühblühern zu verschönern ist keine Hexerei. „Wichtig ist vor allem eine durchdachte Platzwahl“, sagt Wolfgang Eder, Direktor der Gartenbauschule Ritzlhof. Denn damit die Zwiebelblumen auch im nächsten Jahr austreiben, müsse man sie in Ruhe einziehen lassen. Das könne aber mitunter den Einsatz des Rasenmähers be- oder verhindern. Ist der richtige Platz erst einmal gefunden, geht es ans Pflanzen. Dazu werden im Herbst ausschließlich feste und gesunde Zwiebeln in die Erde gesteckt. Hinsichtlich des Arrangements gilt: Kleine Frühblüher sollten möglichst natürlich, also verstreut, angeordnet werden. Hohe Blumenarten wie Tulpen und Hyazinthen hingegen wirken besser, wenn sie in Verbänden (fünf bis zehn Zwiebeln) eingesetzt werden.  Zudem gilt es darauf zu achten, die Zwiebeln mit der Spitze (Sprossseite) nach oben zu pflanzen. Hinsichtlich der Pflanztiefe hat der Gartenbaudirektor folgenden Tipp parat: „Der Abstand zu Erdoberfläche sollte genauso groß wie die Zwiebel selbst sein.“ 

Nach der Blüte belässt man laut Eder winterharte Frühblüher am besten im Boden. Für alle anderen Sorten gilt:

  • Blätter nicht abschneiden, sondern langsam eintrocknen (einziehen) lassen
  • Zwiebeln ausgraben und säubern
  • zum Trocknen in ein Netz geben und in einem Raum mit wenig Luftfeuchtigkeit aufhängen
  • getrocknete Zwiebeln in einen Karton schlichten und an einem kühlen, trockenen Ort lagern

Nicht nur ein Augenschmaus

„Die ersten Frühlingsblüher erfreuen nicht nur Herz und Seele, sondern sind auch gute Helfer in Grippe- und Erkältungszeiten“, sagt Kräuterpädago­gin Wilbirg Benischek aus St. Florian bei Linz. Das Lungenkraut etwa habe dank seines hohen Kieselsäuregehaltes reinigende Wirkung auf das Lungengewebe. „Auch der Schlüsselblume wird wegen ihres beachtlichen Saponingehaltes schleimlösende Wirkung im Bereich der Stirn- und Nasennebenhöhlen bescheinigt“, berichtet Benischek. Da wild wachsende Schlüsselblumen jedoch geschützt sind, lohnt es sich diese im Garten zu kultivieren. 

Verwendung finden Lungenkraut und Schlüsselblume als hustenlindernde Tees. Aber auch Aufstriche, Smoothies, Salate und Palatschinkenteige lassen sich mit den Frühblühern verfeinern.

Tulpe (Tulipa)
Ihren Gattungsnamen „Tulipa“ sollen die farbenfrohen Zwiebelblumen in ihrer Heimat Türkei erhalten haben. Er bedeutet so viel wie „Turban“. Die in zahlreichen Variationen erhältliche Pflanze mag sonnige Lagen sowie nährstoffreiche und durchlässige Böden. Staunässe gilt es hingegen zu vermeiden. Zwischen September und November können die Tulpenzwiebeln in acht bis zwölf Zentimeter Tiefe gepflanzt werden.

Bärlauch (Allium ursinum)
Feuchte Auenwälder und Bachufer sind die ursprünglichen Refugien des Bärlauchs. Charakteristisch sind ihre grünen lanzettenförmigen Blätter auf den dreikantigen Stielen. Die weißen sternförmigen Blüten verströmen ebenso wie die Blätter einen markanten Knoblauchduft. Im Herbst kann man die Pflanze mittels Zwiebeln oder Samen im Hausgarten pflanzen. Sie brauchen einen schattigen und feuchten Standort.

Narzisse (Narcissus)
Die Osterglocke, wie sie auch genannt wird, hat sechs Blütenblätter und in der Mitte eine trompetenförmige Nebenkrone. Ihre Blüten strahlen meistens in einem sonnigen gelb. Es gibt aber auch weiße und orange Sorten. Sie mögen sonnige bis halbschattige Standorte und können in Beeten, Wiesen und Töpfen gepflanzt werden. Die Monate September und Oktober eignen sich als Pflanzzeitpunkt.

Lungenkraut (Pulmonaria officinalis)
Den zweifärbigen, rosa und blauvioletten Blüten verdankt die Pflanze ihren Beinamen „Hänsel und Gretel“. Von März bis Mai verschönern die circa 30 Zentimeter hohen Pflanzen in einem dichten Blütenteppich Wiesen und Gärten. Der Frühlingsblüher bevorzugt einen Platz unter laubabwerfenden Sträuchern und Bäumen. Der optimale Boden ist lehmig, nährstoffreich und sonnenwarm.

Durch die Blume gesagt
Frühlingsblüher zu verschenken, das kann nicht nur eine nette Aufmerksamkeit sein. Denn durch die Blumensprache (Selam) ist jeder Blüte auch eine Bedeutung zugeordnet. Tulpen etwa gelten als Botschafter von Liebe und Zuneigung. Auch mit Hyazinthen sind Romantiker gut beraten. Sie drücken Freude und Hoffnung an der Liebe aus. Narzissen dagegen symbolisieren Lebendigkeit und Frische. Sie werden aber auch mit unbeliebten Eigenschaften wie Egoismus und Eitelkeit verbunden. Das zarte Buschwindröschen ist Sinnbild von Unschuld und Vertrauen. Gleiches gilt für das Veilchen. Diesem werden aber auch Eigenschaften wie Bescheidenheit und Geduld zugewiesen. Will man hingegen um Bedenkzeit bitten, ist man mit Krokussen gut beraten. 

Bildquellen

  • Garten Tulpen: stock.adobe.com – Alena
  • Garten Bärlauch: stock.adobe.com – Frau Lichtbild
  • Garten Narzissen: stock.adobe.com – onepony
  • Garten Lungenkraut: stock.adobe.com – Pixelmixel
  • Garten Blumenzwiebel: stock.adobe.com – hcast