Lebensmittel & Ernährung

Bauern fordern mehr Fairness

ERNÄHRUNG. In ganz Europa sind Landwirte mit ihren Traktoren aufgefahren – so auch in Österreich. Nicht wenige von ihnen sehen sich und ihren Familienbetrieb in der Existenz bedroht.

In den letzten Monaten sind die Bauern europaweit auf die Straße gegangen. Sie wollen mehr Wertschätzung und zudem auf ihre schwierige Einkommenssituation aufmerksam machen. Am Aschermittwoch war es auch in Österreich so weit. Organisiert vom Bauernbund, fuhren im ganzen Land Traktoren vor Spar-Filialen auf. 

Proteste als „Signal gegen die unsägliche Preispolitik“

Alleine in Oberösterreich beteiligten sich mehr als 1300 Bäuerinnen und Bauern an der Protestaktion. Grund dafür war, dass ein Entgegenkommen bei Preisverhandlungen im Milchsektor seitens Spar Österreich lange ausgeblieben ist. „Die Proteste waren ein Signal gegen die unsägliche Preispolitik. Da die Gespräche nichts gebracht haben, mussten wir zu entsprechenden Maßnahmen greifen, um die Menschen aufzuklären“, betonte Bauernbund-Landesobmann Max Hiegelsberger. Die Proteste der Bauern haben schlussendlich gefruchtet – Spar hat sich darauf hin bei den Verhandlungen bewegt.

Forderungskatalog

Stoppt die chronische Aktionitis
Stoppt die „chronische Aktionitis“ bei hochwertigen Lebensmitteln. Rabattschlachten bei Lebensmitteln gehen auf Kosten von Bauernfamilien. Es gibt keinen Rabatt auf Umwelt-, Klima- und Tierschutz!

Österreichbonus für österreichische Qualität
Mehr Wertschätzung für Österreichs Vorreiterrolle beim Umwelt- und Tierschutz durch eine faire Preisgestaltung. Österreichs Bäuerinnen und Bauern sind die ersten Betroffenen und gleichzeitig Teil der Lösung zur Bekämpfung des Klimawandels. Österreichische Standards zu Weltmarktpreisen sind nicht möglich. Der Bauernbund fordert einen „Österreichbonus“ für in Österreich produzierte Lebensmittel!

Keine Spielchen mit dem rot-weiß-roten Fähnchen
Aus für das unsägliche Spielchen mit dem rot-weiß-roten Fähnchen auf Lebensmitteln aus dem Ausland. Es braucht eine praxistaugliche Umsetzung der Primärzutatendurch­führungsverordnung in Österreich. Es darf nur Österreich draufstehen, wo Österreich drinnen ist – alles andere ist Konsumententäuschung!

Bauern in Sorge wegen massiver Marktmacht des Handels

Die Bäuerinnen und Bauern haben große Sorge im Hinblick auf die ständig steigenden Produktionsstandards und die angespannten Erzeugerpreise. Zudem sehen sie sich mit einer massiven Marktmacht des Handels konfrontiert. In Österreich sind knapp 90 Prozent des gesamten Lebensmittelhandels in der Hand von nur drei Unternehmen. Die bäuerliche Interessensvertretung kritisiert, dass sich die Handelskonzerne mit ihrem Einkaufsverhalten gegen die heimischen Bauernfamilien und somit gegen die nachhaltigste Form der Landwirtschaft stellen würden. Die Forderungen des Bauernbundes (Details siehe oben) richten sich daher an alle Handelsriesen im Lebensmittelbereich und beinhalten einen Stopp der „überbordenden Aktionitis“ auf Kosten der Verarbeiter und Produzenten, einen Regionalbonus auf heimische Lebensmittel, faire Preise für landwirtschaftliche Produkte und ein Ende der Konsumententäuschung mit dem rot-weiß-roten Fähnchen. 

Dem Bauernbund gehe es nicht um eine Verteuerung von Lebensmitteln, sondern um eine gerechte Aufteilung der Margen entlang der Wertschöpfungskette. „Seit Jahren ist es ein unsäglicher Kampf zwischen Groß und Klein. Die knapp 150.000 bäuerlichen Betriebe stehen wenigen Handelsriesen gegenüber. Die Erzeugerpreise stagnieren oder sinken, während die Handelsriesen jährlich mehrere hundert Millionen Euro Gewinn verzeichnen. Dieses Ungleichgewicht ist für die Bauern ruinös“, so Hiegelsberger.

Höchste Qualität ist nicht zu niedrigsten Preisen möglich 

Lediglich 9,7 Prozent des Haushaltseinkommens werden in Österreich durchschnittlich noch für Lebensmittel ausgegeben. Dieser Wert liegt deutlich unter dem EU-Schnitt mit 12,1 Prozent. „Die heimischen Bäuerinnen und Bauern produzieren zu
höchsten Produktionsstandards, müssen aber in den Regalen des Lebensmittelhandels mit internationalen Billigangeboten konkurrieren. Das ist auf Dauer wirtschaftlich nicht bewältigbar und gefährdet so unsere bäuerlichen Familienbetriebe“, betont die oberösterreichische Landwirtschaftskammer-Präsidentin Michaela Langer-Weninger. 

Hoher Selbstversorgungsgrad bei vielen Lebensmitteln – noch!

Je mehr bäuerliche Betriebe ihre Produktion aufgeben und damit die Stall- und Hoftore für immer schließen, desto schwieriger werde es auch die Selbstversorgung mit Lebensmitteln (siehe Grafik rechts oben) aufrechtzuerhalten. In den meisten Bereichen deckt die Produktion der heimischen Bäuerinnen und Bauern die Nachfrage in Österreich komplett ab. Laut aktuellen Daten der Statistik Austria liegt der Wert bei Milch bei 164 Prozent (%), Rindfleisch bei 141 % und Schweinefleisch bei 102 %. Das bedeutet, dass hierzulande mehr produziert als konsumiert wird. Ebenfalls hohe Selbstversorgungsgrade wurden bei Käse (98 %), Getreide (95 %) und Eiern (87 %) erhoben. Bei Geflügel (72 %) und Butter (72 %) fällt der Wert schon deutlich geringer aus. Das hat zur Folge, dass Österreich hier von Importen abhängig ist.

Gerade in unsicheren Zeiten wie der aktuellen Krise wird deutlich, dass die Versorgung der Gesellschaft mit heimischen Lebensmitteln von großer Bedeutung ist. Umso wichtiger ist es aber, dass die Konsumenten auch außerhalb von Krisenzeiten
zu heimischen Produkten greifen. So kann gewährleistet werden, dass die landwirtschaftliche Pro­duktion im Land bleibt und die österreichischen Bäuerinnen und Bauern eine Zukunft haben.

Bildquellen

  • Bäuerin und Bauer: adobestock.com - Dusan Kostic